«Simpel» – für die beste Armee der Welt
Simpel-Firmenbesitzer Philip Douglas taxiert den 6,8-Millionen-Franken-Armee-Auftrag als «Meilenstein» für sein Kleinunternehmen, das sich mit wartungsarmen Versandvelos schweizweit einen Namen gemacht hat. Für den Zuschlag zählte aber noch mehr.
«Ich musste den Nachweis erbringen, dass Simpel nicht nur ein exakt den armasuisse-Vorgaben entsprechendes Fahrrad auf die Räder stellen kann, sondern auch in der Lage ist, die dezentrale Wartung für die kommenden zehn Jahre sicherzustellen», zitiert Philip Douglas aus dem Anforderungsprofil der armasuisse, die den Auftrag letzten Herbst öffentlich ausgeschrieben hatte. Geholfen habe ihm dabei die Erfahrung, die er in den letzten Jahren bei der Beratung und Belieferung der öffentlichen Hand mit Verleihfahrrädern und Verkehrskonzepten sammeln konnte. «Publibike» ist in der Schweiz der wohl prominenteste Kunde, für den Douglas das Konzept und die Fahrradspezifikationen erarbeitet hatte; ein Bike-Sharing-Angebot von PostAuto, SBB und Rent-a-Bike, das die Angebote des öffentlichen Verkehrs durch Leihfahrräder in allen grossen Schweizer Städten ergänzt.
Kein Heimatschutz mehr
Für die Schweizer Armee musste Douglas ein ebenso robustes Bike entwerfen. Das «Ordonnanzfahrrad 05», das seit über 100 Jahren genutzt wird, entspreche nicht mehr den geforderten Sicherheitsstandards und sei aufgrund seiner technischen Ausführung (mit Stempelbremse am Vorderrad und Wulstbereifung) im Unterhalt nicht mehr tragbar. Das «Fahrrad 93» sei eine Spezialkonstruktion für die aufgelöste Radfahrertruppe gewesen. Aus diesem Grund könne bei der Instandhaltung kaum auf handelsübliche Komponenten zurückgegriffen werden, begründete die armasuisse ihre Neuorientierung. Und schlug in ihrer öffentlichen Ausschreibung einen neuen Weg ein: Erstmals wird ausdrücklich verlangt, dass es sich beim «Fahrrad12» im Wesentlichen um den Zusammenbau von eingekauften, dem aktuellen Stand der Technik entsprechende, handelsübliche Komponenten handeln muss, die von der armasuisse bis ins Detail vorgeschrieben werden. Das heisst: Erstmals in der Schweizer Militärgeschichte darf auch der Fahrradrahmen und das Gepäckträgersystem, die bisher stets von der Westschweizer Firma Condor stammten, aus dem Ausland bezogen werden.
Umfangreiche Anforderungen
Wie die Ausschreibung verrät, müssen die neuen Ordonnanzräder folgenden Anforderungen genügen: eine Einheitsrahmengrösse für 1,60 bis 1,90 Meter grosse Angehörige der Armee (AdA), eine Nutzlast (Person und Gepäck) von 120 Kilo tragen, wobei der Frontgepäckträger 10 kg, der Heckgepäckträger 20 kg aushalten muss. Die Nutzungsdauer wird mit mindestens zehn Jahren beziffert bei einer durchschnittlichen Beanspruchung von 500 km pro Jahr.
Im Klartext heisst das: Das Velo muss allen AdAs, ausgerüstet mit Grundtrageinheit, persönlicher Waffe und Marschgepäck als wirtschaftliches und umweltfreundliches Fortbewegungsmittel im Nahbereich dienen können. «Bereits heute ist das Gros der noch im Einsatz stehenden Fahrräder 05 und 93 in den Schulen der Grundausbildungs- und Fortbildungsdienste der Armee zugeteilt. Dort werden sie als umweltfreundliche und billige Transportmittel zwischen Kaserne und Ausbildungs- bzw. Schiessplätzen gefahren», ergänzt Thomas Hammerich, im Heeresstab zuständig für Planung und Fachbereiche.
Wie das Fahrrad von Simpel im Detail aussieht, darüber schweigt sich Douglas noch aus, bis die Einsprachefrist gegen den Zuschlag am 9. Mai ausläuft. Mit Blick auf sein bisheriges Sortiment, die Ausschreibungsvorgaben und einem ersten Foto kann aber davon ausgegangen werden, dass das «Ordonnanzfahrrad12» neu einen Alurahmen hat und mit Shimano-Nabenschaltung, Scheibenbremsen und Nabendynamo ausgestattet sein wird. Sollte sich die Zusammenarbeit bewähren, winkt Simpel 2013 eine weitere Lieferung von 1300 Ordonnanzfahrrädern.