Ausstellung und Film zum Obfelder Bildhauer Dieter Brönnimann
Rolf Brönnimann gedenkt seines Zwillingsbruders mit einem Film und einer Ausstellung
Man kannte Dieter Brönnimann in Obfelden und freute sich, wenn er mit seinem Piaggio durchs Dorf fuhr und fröhlich lachend grüsste. Er erkrankte mit 50 Jahren an frontotemporaler Demenz und starb 2018, zehn Jahre später.
Ab 1983 hatte Dieter Brönnimann seine Werkstatt in Obfelden. Man sah ihn dort vor allem Steine wie Marmor, Dolomit, Travertin oder Basalt bearbeiten, deren weiche Beschaffenheit leichte Formenmodellierung und spontanes Arbeiten erlaubte. «Die Emotionalität der Sache erträgt keine Planung, keine Skizze, kein Modell. Die Entstehung der Menschenbilder sind zu Beginn schemenhafte Fragmente, die sich während der Arbeit in selbstständige Wesen verwandeln. Ihr Ausdruck entspricht nicht zwingend meinen Emotionen. Während ihrer Entstehung beginnen sie sich zu verändern und führen mich dann endlich zum fertigen Stück», wird der Bildhauer auf der Website der Galeristin Elfi Bohrer zitiert. Dieter Brönnimann stellte seit 1985 regelmässig seine Werke aus, auch in den USA, wo er zeitweise als Künstler lebte und arbeitete.
Ausstellung und animierter Film
Die Ausstellung in Dietikon, organisiert von Filmemacher Rolf Brönnimann und dem Verein Trickfilm Dietikon, zeigt neben Dieters Skulpturen den Animationsfilm «Dieter» des Filmemachers Rolf Brönnimann über seinen Zwillingsbruder Dieter.
«Schon lange kann Dieter, der kranke Bildhauer, nicht mehr richtig arbeiten, einfache Dinge misslingen ihm. Seine Gedanken tragen ihn immer wieder weg aus seiner Werkstatt in eine andere, fantastische Welt, in geheimnisvolle Landschaften. Er versucht, seine flüchtigen Erinnerungen einzufangen, bis ans Ende seiner Reise und Zeit, wo er sich verliert und auflöst», schreibt Rolf Brönnimann. In der Ausstellung werden Skulpturen aus verschiedenen Schaffensphasen und farbenfrohe Bilder gezeigt, die Dieter als Demenzkranker malte. Die Skulpturen und Bilder nehmen im Film von Filmemacher Rolf Brönnimann eine zentrale Rolle ein.
Kreative Zwillingsbrüder
Dieter und Rolf Brönnimann genossen eine künstlerische Grundbildung und haben sich im In- und Ausland weitergebildet. Beide wählten Kunst als Berufswelt und hatten zeitlebens eine starke Bindung, die Rolf Brönnimann berührend beschreibt: «Die Verbindung, die Zwillinge miteinander haben, kann ich mit nichts vergleichen. Als mein Zwillingsbruder war Dieter – und wird immer sein – mein einzigartiger Seelenverwandter. Die Produktion meines Films war für mich eine sehr schöne und intensive Reise mit Dieter – als ob wir zusammen den Film gemacht hätten.» Der Film «Dieter» ist ein Demenzfilm. Die äusseren Auswirkungen einer Demenzerkrankung, die entstehenden Behinderungen und Probleme in der realen Welt sind bereits in vielen Filmen dargestellt worden.
«Meine Absicht ist eine andere: Es werden nicht die täglichen Dinge gezeigt, die mein Zwillingsbruder nicht mehr meistern konnte. Vielmehr zeige ich die Geschichte seiner Demenz als seine ‹innere› Reise, meine ganz persönliche Sicht. Mit seinen von ihm als Bildhauer geschaffenen Skulpturen und letzten, schon in der Demenz gemalten Bildern stelle ich die Welt dar, in die ihn diese Reise führte. Dieters Geschichte erzählt mit seinen Skulpturen und Bildern – kombiniert mit meinem Blick und meiner Animation – einen in seiner Art eigenen Erzählansatz und zeigt so das Thema Demenz von einer neuen, unbekannten Seite.»
Vor zwölf Jahren fand in der Galerie Märtplatz bereits eine Ausstellung mit Exponaten von 1986 bis 2012 statt. Damals waren alle ausgestellten Skulpturen schnell verkauft. In das Ausstellungsbuch schrieben zwei Besucher: «Hinter allem steckt eine schöne Fröhlichkeit. Auch!» Und: «Diese Betonköpfe – zart und zerbrechlich – und voller Kraft gefallen mir sehr.» Der Film von Rolf Brönnimann zeigt die Persönlichkeit seines Bruders beeindruckend auf: die Fröhlichkeit und die gleichzeitige Tiefe, Vielschichtigkeit. Leichtigkeit vermittelnde Steine, die an sich schwer sind.
Dieter Brönnimann formulierte 2012: «Das Schauen spielt eine grosse Rolle, wobei die Grenzen zwischen dem sinnlichen Akt des Schauens und der inneren Schau fast identisch sind. Genauso wie die Grenze zwischen dem Schauenden und dem Geschauten fliessend sind und oft sogar verschwinden.»
Diese Wirkung haben die Werke auch heute, sechs Jahre nach seinem Tod. Sich darauf einzulassen und anschliessend in den Film seines Bruders einzutauchen, bedeutet ein bewegendes Erlebnis.
Ausstellung zum Film «Dieter», Verein Trickfilm Dietikon, Kulturhaus Gleis 21, Buchsackerstrasse 21, 8953 Dietikon, 24. Oktober bis 6. November.Die Ausstellung wird zudem von 24. Januar bis 2. Februar 2025 in der Galerie am Märtplatz in Affoltern gezeigt. Informationen:
www.dieter-film.ch und www.gleis21.ch