Geliebte Dinge dürfen weiterleben
Lieblingsstücke weiterwandern lassen oder restaurieren
Heute haben die meisten Menschen zu viele Dinge. Platz schaffen ist angesagt. Man will sich von Stücken, die man nicht mehr braucht oder die nicht mehr passend sind, trennen. Es fällt nicht immer leicht, beispielsweise gut erhaltene Kleidungsstücke wegzuwerfen. Seraina Sommer bringt es auf den Punkt: «Ich will Kleidern ein zweites Leben schenken.» Seit fünf Jahren organisiert sie Kleiderbörsen, zuerst im privaten Kreis in der elterlichen Scheune, dann öffentlich – was eine Lawine an Kleidungsspenden auslöste. Heute organisiert sie Kleiderbörsen in Zusammenarbeit mit der Alten Brennerei in Mettmenstetten, die nach denselben Werten betreffend Umweltfreundlichkeit und Nachhaltigkeit geführt wird.
Dingen zweites Leben geben statt wegzuwerfen ist auch die Devise von Tobias Roth, der als Polsterer geliebten alten Möbeln zum Weiterleben verhilft.
Kleiderbörsen
Im Knonauer Amt gibt es in mehreren Gemeinden im Herbst und im Frühling Kleiderbörsen, vor allem mit Kinder- und mit Damenkleidern – beispielsweise organisiert von Familienclubs, Frauenvereinen oder Privatpersonen. Wikipedia definiert eine Börse so. «Eine Börse ist ein nach bestimmten Regeln organisierter Markt für standardisierte Handelsobjekte.» Wie dieser Markt allerdings organisiert wird, ist unterschiedlich. Man kann zum Beispiel Ware bringen mit Preisangaben. Wird die Ware verkauft, bekommt man den Erlös minus einen Anteil, den die Organisierenden bekommen.
Seraina Sommer organisiert ihre Kleiderfrauenbörsen unkompliziert, auf Vertrauensbasis. «Ich will nicht alles mit Kosten verbinden», meint die Umwelt- und sozial engagierte junge Frau. «Man bringt Kleider und liest sich was aus den aufliegenden Stücken aus. Es ist ein Tauschvorgang, der nicht kontrolliert wird. Was übrig bleibt, bringe ich der Stiftung Pfarrer Sieber.»
Neu Männerkleidertausch
Männerkleiderbörsen sind selten. Warum eigentlich? Seraina Sommer wagt diesen Herbst, am 29. November, in der Alten Brennerei eine Kleiderbörse für Männer durchzuführen – und hofft, dass viele Männer lustvoll neue alte Kleider finden. Der Konfirmationsanzug passt Mann nicht mehr, Mann betreibt einen Sport nicht mehr, hat aber noch die passende Kleidung im Schrank, Mann muss manchmal eine Krawatte tragen – und Mann möchte nicht immer mit dem gleichen Schlips auffallen. Es ist Zeit, dass die Männer ihre Kleiderbörsen erobern.
Frauen sehen Kleiderbörsen oft auch als Ort, wo man sich trifft und plaudert. Männer können dies auch – in Mettmenstetten bei Burger und Bier. Dies ist ein guter Grund für Frauen, ihre Partner zur Börse zu begleiten. Sie haben – börsenerprobt – vielleicht ein gutes Auge, was ihrem Liebsten stehen könnte.
Seraina Sommer hat den Veranstaltungsort nicht nur wegen dem Kulinarischen gut ausgewählt. Die Alte Brennerei wird nach ihren Werten betreffend Umwelt, Nachhaltigkeit und sozialem Engagement geführt. Die Events fördern das Zusammenleben in der Gemeinde und im Bezirk, unterstützen beispielsweise mit Pop-up Märkten regionales Schaffen, wirken unkompliziert gegen Einsamkeit und machen Spass.
Neues Leben für den Lieblingssessel
Die Grossmutter sass im Ohrensessel, strickte, und die Katze lag eingerollt auf ihrem Schoss. Ein solcher Sessel ist mehr als ein Möbelstück, das man mit einem Ikea-Modell ersetzen will. Es ist eine Erinnerung, verbunden mit Gefühlen, mit Werten, vielleicht mit Verlorenem, das man sich gern zurückholen möchte. Aber der Bezug ist verbraucht und das Polster durchgesessen.
Solchen Stücken verhilft Tobias Roth im Haus seiner Grossmutter an der Engelgasse 2 zu neuem Leben. Er ist mit Leib und Seele Handwerker.
In seinen Werkstatträumen findet man einen Kompressor und eine Nähmaschine, ansonsten arbeitet er mit traditionellen Polsterer-Werkzeugen, wie es Tapezierer seit Generationen tun: Polsterhammer, Geissfuss, französischer Seitenschneider, Haarzieher, Polsterzange, Stoffschere und Polsternadeln. Einzig das Tackern ist eine Erfindung des letzten Jahrhunderts, das die Arbeit erleichtert. In der Werkstatt von Tobias Roth wird mit traditionellem Material gearbeitet, beispielsweise Rosshaar, Jute und Kokosfasern. Aber auch Schaumstoffrollen warten in einer Ecke auf die Verarbeitung.
Handwerker mit viel Herzblut
Tobias Roth erklärt gern, wie er sein Handwerk ausführt. Denn eigentlich weiss man wenig vom Innenleben eines traditionell hergestellten Sitzmöbels. Was ins Auge sticht, ist der Stoff, mit dem ein Sofa, ein Sessel oder ein Stuhl bezogen ist. Bei der Polsterei Roth kann man den gewünschten Stoff selbst mitbringen oder sich nach dem Durchsehen zahlreicher Musterbücher für die Lieblingsfarbe, für einen Muster- oder Uni Stoff entscheiden. Stoffe, die beispielsweise dem Biedermeier entsprechen, sind eher teurer als moderne.
Tobias Roth erstellt eine verbindliche Offerte und berät ehrlich, wenn sich das Beziehen eines Möbelstückes nicht mehr lohnt. Er hat einen Kundenkreis von Privatpersonen, vor allem aus der näheren Umgebung. Zwei Mal konnte der 37-jährige Handwerker in einem Hotel Polstermöbel neu beziehen. Meistens bringen Kunden ihre Möbel selbst nach Rifferswil. Der Polsterer holt kleinere Stücke aber auch mit seinem Auto ab, liefert sie wieder aus und freut sich mit seiner Kundschaft am zu neuem Leben erweckten Möbelstück.
Infos zu Kleiderbörsen findet man in den Veranstaltungskalendern der Gemeinden. Frauenkleiderbörse: 25. Oktober, 18 bis 21 Uhr, mit Bistro, Männerkleiderbörse: 29. November, 18 bis 21 Uhr, mit Burger und Bier. Alle Events in der Alten Brennerei: www.alte-brennerei.ch:Mehr Infos zur Polsterei Roth in Rifferswil auf: