«Unser System der Berufslehre bietet einzigartige Chancen»

Infoveranstaltung im Kasinosaal in Affoltern unter dem Titel «Berufslehre = Talentschmiede der Zukunft»

Silvia Jäggi mit Sahil Oza auf der Bühne des Kasinosaals. (Bild Marcus Weiss)

«Das duale Bildungssystem der Schweiz ist einzigartig in seiner Durchlässigkeit. Man erhält eine praxisnahe Ausbildung, die einem späteren Universitätsabschluss in keiner Weise im Wege steht.» Diese Worte, mit denen der Präsident des Lehrstellenforums Knonauer Amt, Fritz Rohner, die Veranstaltung am Dienstagabend eröffnete, nahmen bereits die Kernbotschaft aller nachfolgenden Vorträge vorweg. Es ging darum, den zahlreich erschienenen Jugendlichen aufzuzeigen, dass man mit einem Entscheid für eine Berufslehre in unserem Land eigentlich nichts falsch machen kann, vorausgesetzt natürlich, dass Talent und Freude für den gewählten Beruf vorhanden sind.

Das Markenzeichen des überaus bewährten Systems, das dem Schweizer Berufsnachwuchs regelmässig Spitzenplätze bei internationalen Berufsmeisterschaften beschert, sei die ausgeprägte Praxisnähe sowie die Aufteilung der Wissensvermittlung auf die drei Säulen Lehrbetrieb, Schule und überbetriebliche Kurse. «Dreissig Prozent der dafür infrage kommenden Unternehmen bilden Lehrlinge aus, dadurch haben wir auch eine der tiefsten Arbeitslosenquoten bei Jugendlichen», erklärte Fritz Rohner der Zuhörerschaft. Diese starke Verankerung der Berufslehre sorge zudem für Nachwuchs bei Fachkräften, ein Aspekt, der für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes von grosser Bedeutung ist.

«Die Berufswahl ist aber keine endgültige Entscheidung»

Silvia Jäggi, die Leiterin von explorify.ch, einer Informations- und Vernetzungsplattform zu Bildungsthemen für junge Menschen, schickte ihrem Referat im Kasinosaal folgende Botschaft voraus: «Es ist so wichtig, dass man Träume hat. Ob jemand nun Koch oder Astronaut werden möchte, jeder Weg ist lang und steinig, aber es lohnt sich, ihn zu gehen.» Die Pubertät sei die wohl schwierigste Phase im Leben der meisten Menschen, so die Mutter zweier erwachsener Kinder, die ihre Berufserfahrung unter anderem als Direktionsassistentin beim Bundesamt für Kultur und bei der Bundespolizei gesammelt hat. Wenn man genau in diesem heiklen Alter auch noch unter 250 Berufen die richtige Wahl treffen müsse, verliere man schnell mal den Überblick.

Als Beispiel für die Herausforderungen bei der Berufswahl stellte die Referentin einen ihrer Söhne vor, der ihr dafür die Erlaubnis gegeben hatte und gleich noch seine Unterlagen zur Verfügung stellte, mitsamt einem intimen Einblick in seine Schulzeugnisse. Als ihm sein Lehrer in der zweiten Oberstufe eine Ausbildung im Detailhandel vorgeschlagen hatte, sei der Mutter klar gewesen, dass er dort nicht alle seine Fähigkeiten einbringen könne, dennoch habe sie ihren Sohn im Bewerbungsprozess unterstützt. Seine Lehre bei einem Fachhändler für Sportartikel und Outdoorbedarf sei dann auch die Basis für eine anschliessende Berufsmatura geworden, die ihr Sohn mit der Bestnote 6 in Mathematik abgeschlossen habe.

Es ist wichtig, mit Rückschlägen umgehen zu können

Als weiteres Beispiel für einen nicht alltäglichen Werdegang war Sahil Oza zu Gast, er wurde als guter Kollege des Sohnes der Vorrednerin vorgestellt. Oza schilderte seinen nicht immer ein­fachen, aber überaus erfolgreichen ­Ausbildungsweg, den er aus eigenem Antrieb ging und der ihn von der Realschule über eine Lehre als Landschaftsgärtner bis hin zum ETH-Abschluss (Master of Science in Umweltnaturwissenschaften) brachte. «Ich profitierte davon, dass niemand damit gerechnet hat, dass ich an die ETH gehe. Deshalb verspürte ich auch keinen Druck», resümierte Sahil Oza. Dass es entscheidend ist, etwas selber zu wollen und nicht nur auf äusseren Druck hin zu machen, wurde in einer kurzen Filmsequenz überdeutlich. Es kam darin eine Studentin zu Wort, die aufgrund eigener Erfahrungen betonte, dass eine zu ambitionierte Erwartungshaltung der Familie für junge Menschen auch schädlich sein kann.

Ihre aus dem Ausland stammenden Eltern hatten sehr viel in ihrem Leben aufgegeben, um ihrem Nachwuchs die Chance auf eine gute Ausbildung in der Schweiz zu ermöglichen. «Sie setzten grossen Druck auf und brachten mir bei, wenn man sich hinsetzt und hart an etwas arbeitet, dann schafft man es auch», so die junge Frau. «Dies ist aber nicht so, irgendwann im Leben wird der Punkt kommen, wo dir etwas nicht gelingt, das war auch bei mir der Fall. Wenn dir deine Eltern nicht beigebracht haben, auch mit solchen Situationen umzugehen, dann wird es sehr schwer», lautete die Schlussfolgerung der Studentin, die trotz der üblichen Rückschläge erfolgreich geworden ist.

Die Generation Z ist gesucht auf dem Arbeitsmarkt

Das Thema der unterschiedlichen Generationen und ihr Verhältnis zum Arbeitsmarkt wurden von Gastreferent Yannick Blättler abgehandelt. Im Zentrum stand dabei die sogenannte Generation Z, also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen. «Wohlstand ist für diese Generation normal, das nervt ältere Generationen oft ein bisschen», erklärte der Gründer und CEO von Neovisio AG. «Ihr dürft zuversichtlich sein und müsst nicht davon ausgehen, dass quasi das ganze Leben kaputt ist, wenn ihr einmal eine falsche Entscheidung trefft», beruhigte Blättler hinsichtlich der unzähligen Wahlmöglichkeiten bei der Ausbildung. «Die ­Firmen brauchen euch, die Branchen brauchen euch, es herrscht zurzeit ein enormer Bedarf an jungen Leuten, besonders etwa in Pflegeberufen. Diese Situation wird noch einen Moment lang anhalten, und ihr könnt sie für euch nutzen.» Dies sei ein Privileg, denn in Deutschland oder Italien sehe da die Welt ein wenig anders aus. Wenn man einmal eine Lehre begonnen habe, sei es wichtig, nicht laut oder arrogant aufzutreten, aber dennoch viele Fragen zu stellen. «Feedback holen und sich nicht scheuen, mit höhergestellten Personen im Unternehmen zu sprechen, das bringt einen weiter.»

Mit Blick auf die sozialen Netzwerke meinte der Firmengründer, die Technologie sei gut und spannend, aber jede und jeder brauche auch mal Ruhe, deshalb sei der richtige Umgang damit essenziell. «Lasst euch nicht zu stark beirren, schaut zu euch und schaltet das Ding auch mal ab», so sein Ratschlag. Die auf der Leinwand eingeblendeten, teilweise erschreckenden Zahlen zur psychischen Gesundheit der Schweizer Jugend unterstrichen die Bedeutung seiner Ausführungen. Einen weiteren Einblick in erfolgreiche Berufskarrieren, bei denen eine Berufslehre am Anfang stand, bot eine Podiumsdiskussion am Ende der Veranstaltung.