«Betonhonig»: Der Schrecken der Imker

Im diesjährigen Honigjahr hielt der Melezitosehonig die Imkerin Manuela Gasser aus Knonau richtig auf Trab

Manuela Gasser aus Knonau vor einem Teil ihrer bunten Bienenmagazine. (Bild Sandra Isabél Claus)

Manuela Gasser aus Knonau vor einem Teil ihrer bunten Bienenmagazine. (Bild Sandra Isabél Claus)

Flüssiges Gold: So sollte es sein. (Bild zvg)

Flüssiges Gold: So sollte es sein. (Bild zvg)

Im Frühling, wenn die Weiden- und Obstblüte einsetzt, macht die explodierende Vegetation den Bienen die Arbeit leicht. Bei trockenem, windstillem Wetter und Temperaturen ab zirka zwölf Grad sammeln sie Nektar von all den blühenden Bäumen, Sträuchern und Blumen, vermischen ihn mit Pollen zu einem leckeren, kristallisierenden Blütenhonig. Für ein Kilogramm Honig unternehmen sie rund 100000 Sammelflüge und besuchen um die zwei Millionen Blüten.

In der zweiten Hälfte der Honig­saison, in den Monaten Juni, Juli und August, finden sie vergleichsweise wenig Blüten. Das kommt ihnen wenig gelegen, denn die Bienenvölker sind in den letzten Wochen immens gewachsen und sie brauchen eine Menge Nahrung. So fliegen sie in den Wald und treffen bei verschiedenen Bäumen auf ihre Freunde, die Rindenläuse. Diese kleinen Tierchen scheiden den sogenannten Honigtau aus. Mit ihren Rüsseln saugen die Bienen die süssen Honigtropfen auf. Schwer beladen landen sie schliesslich im Bienenstock und vermischen den noch vorhandenen Blütenstaub mit ihrer frischen Ernte. Daraus ergibt sich der beliebte, schmackhafte Waldhonig.

Eine Menge Zusatzarbeit

Falls aber, wie in diesem warmen und nassen Jahr, die Rindenläuse der Fichten und Lärchen, die sogenannten Fichtenquirlschildläuse, überhandnehmen, dann tragen die Bienen übermässig viel Dreifachzucker (Melezitose) ein. Übersteigt der Anteil der Melezitose zehn Prozent, kristallisiert der Honig bereits in der Wabe. Er wird zementartig hart und sandig. Ebenso geschehen in der Imkerei am Wattbach in Knonau. Seit 17 Jahren betreibt die ehemalige Pflegefachfrau Manuela Gasser diese zusammen mit ihrem Mann und ganz viel Passion. Nach der Imkerausbildung haben sie mit drei Völkern gestartet. Zwischenzeitlich zählt ihre Imkerei mit 90 Völkern zu den grössten im Knonauer Amt. Schweizweit gibt es ungefähr 16500 Imkerinnen und Imker und knapp 183000 Bienenvölker. Im Sommer umfasst ein Bienenvolk bis zu 40000 Tieren.

Wenn ein Bienenvolk im Sommer mehr als drei Kilo pro Tag Honig sammelt, kann dies auf eine Melezitosetracht hinweisen. Manuela Gasser meint zu diesem glücklicherweise seltenen Phänomen: «Der Melezitosehonig ist der Schrecken der Imker. Seit wir imkern, hat es uns, abgesehen von diesem Jahr, aber erst einmal erwischt.» Wenn es künftig öfters solch warme und feuchte Sommermonate geben sollte, könne dies natürlich häufiger auftreten, was zu grosser Mehrarbeit führen würde. Denn die Verarbeitung von Melezitosehonig erfordert besondere Techniken und bedeutet für die Imkerin eine Menge Zusatzarbeit. Durch die Festigkeit des Honigs in den Waben ist es unmöglich, diesen zu schleudern. Doch wie kann dieser trotzdem gewonnen werden? Eine Möglichkeit besteht darin, die Arbeit an die Bienen zu delegieren. Sie tragen den Honig vom Honigraum in den Brutraum. Durch die erneute Bearbeitung wird er wohl flüssiger, verursacht aber als Winterfutter bei den Tierchen Durchfall, was die Population empfindlich schwächen kann. Für die Bienen bedeutet diese Methode eine Menge Zusatzarbeit, ohne Nutzen. Hat es schon zu viel Honig im Brutraum und will der Imker diesen nicht verlieren, ist das Kaltpressen eine Option. Dabei werden die Waben zerschnitten und die Ernte gepresst. Dies ist zeit- und material­aufwendig, weil die Waben danach unbrauchbar sind. Das Wachs wird eingeschmolzen und die Bienen müssen im Frühling, wenn sie vom Winter kräftemässig noch reduziert sind, die Wabe von Grund auf neu bauen.

Das Ausschmelzen des Honigs mit Wärme ist eine weitere Variante. Dabei gehen die Honigwaben ebenfalls verloren. Mit der Erwärmung werden zudem wichtige Enzyme und Nährstoffe zerstört, wodurch dieser Honig nur noch als Backhonig oder zum Eigengebrauch verwendet werden darf. Der mühsam gewonnene Melezitosehonig hingegen zeichnet sich aus durch einen unverwechselbaren Geschmack und ist für Liebhaber eine Delikatesse.

Nachfrage nach Honig ist hoch

Trotz der Herausforderung Melezitosehonig: Die Bienen waren auch dieses Jahr überaus fleissig. Die Gesamthonigernte pro Bienenvolk beträgt heuer 16,1 Kilogramm, ein Kilogramm weniger als im Vorjahr. Interessant zu wissen ist, dass die Imkerinnen und Imker von 100 Kilogramm Honig, die ein Volk jährlich produziert, bloss 10 bis 15 Kilo Kilogramm ernten. Im Schnitt isst jede Schweizerin und jeder Schweizer 1,3 Kilogramm Honig pro Jahr. Schweizer Imkereien decken rund einen Drittel dieses Verbrauchs. Die Nachfrage nach inländischem Honig ist hoch. Und dies, obwohl der Schweizer Honig gemeinhin als eher teuer gilt. Wollten die Imkerinnen und Imker jedoch alle ihre Aufwände gedeckt sehen, müsste der Preis pro Kilo Honig bedeutend höher liegen.

Ohne Imkerinnen und Imker wären die Bienen nicht überlebensfähig. Wegen der für sie lebensgefährlichen Parasiten, der klitzekleinen Varroamilben, sind sie und ihr Stock auf die fach­männische Pflege angewiesen. Weiteres Ungemach droht den Bienen weiter von der Asiatischen Hornisse, für dessen Larven sie als Futter dienen. Der Schädling breitet sich in Europa und auch der Schweiz rasch aus. Auch im Süden ­lauert Gefahr. Da soll sich der Kleine Beuten­käfer, ein gefürchteter Bienen­schädling, vermehren. Die Imkerinnen und Imker müssen also weiter auf der Hut bleiben.

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