Unverhofft kommt oft

Wie ein Baumstamm dem Hausemer Kari Burkard zur Sechseläuten-Teilnahme verhalf

Pitsch Schmid (rechts) kutschierte Kari Burkard standesgemäss mit seinem Morris-Oldtimer 
nach Schwamendingen. (Bild Marion Huber)

Pitsch Schmid (rechts) kutschierte Kari Burkard standesgemäss mit seinem Morris-Oldtimer nach Schwamendingen. (Bild Marion Huber)

Der diesjährige Sechseläuten-Böögg hat überlebt. Er soll im Appenzell verbrannt werden. (Bild Martin Platter)

Der diesjährige Sechseläuten-Böögg hat überlebt. Er soll im Appenzell verbrannt werden. (Bild Martin Platter)

In diesen neuen Alterswohnhäusern hinter dem «Löwen» in Hausen sollen dereinst die Türen aus dem «Bloch» 
angeschlagen werden. (Visualisierung zvg)

In diesen neuen Alterswohnhäusern hinter dem «Löwen» in Hausen sollen dereinst die Türen aus dem «Bloch» angeschlagen werden. (Visualisierung zvg)

Die Böögg-Skulptur der IG Bloch steht derzeit in Unterrifferswil. 
         
         
            
               (Bild Kari Burkard)

Die Böögg-Skulptur der IG Bloch steht derzeit in Unterrifferswil. (Bild Kari Burkard)

Dass Kari Burkard eine Affinität zu Baumstämmen hat, ist im Oberamt hinlänglich bekannt. Nicht umsonst hat der Hausemer Landwirt als «Holzschnitzelkönig» eine gewisse Berühmtheit auch ausserhalb des Säuliamts erlangt. Sein Bezug zu Baumstämmen hat ihm nun sogar die Teilnahme am Umzug des Zürcher Sechseläutens ermöglicht. Dabei handelt es sich natürlich nicht um irgendeinen Baumstamm, der als Türöffner gedient hat. Für die Alterswohnungen, die Burkard in Hausen auf seinem Grundstück plant, wollte er einen ganz speziellen Baumstamm ersteigern, um sein Bauprojekt symbolisch zu veredeln. Das Objekt seiner Begierde: ein «Bloch»; Herkunft: Kanton Appenzell Ausserrhoden, genauer Urnäsch, das Epizentrum des alten Brauchtums des Bäumeversteigerns. Früher haben sich Waldbesitzer mit einer geschenkten Tanne (genannt Bloch) bei ihren Holzern für die geleistete Arbeit bedankt. Die Schenkung war einst in vielen Regionen Europas verbreitet und wurde von Umzügen und Feierlichkeiten begleitet. In der Schweiz wird der Brauch heute nur noch im Appenzeller Hinterland kultiviert. Am Blochtag wird ein Baumstamm in einem Umzug durch das Appenzellerland gezogen und am Abend «vergannt» (versteigert).

Dem Glück auf die Sprünge helfen

Also machte sich Burkard zusammen mit seiner Frau am 12. Februar in der Früh auf den Weg in die Ostschweiz, um das Bloch zu ersteigern. Um Punkt 17 Uhr kam der Baumstamm in Urnäsch unter der Leitung des Försters unter den Hammer. Der Hausemer war vorgewarnt worden, dass noch andere Zürcher ein Auge auf den begehrten Baumstamm geworfen haben, da Appenzell heuer als Gastkanton am Zürcher Sechseläuten eingeladen war. Beim Austreten während des Mittagessens im gleichen Landgasthaus traf Burkard dann «zufällig» auf Lukas Meier, seines Zeichens Zürcher Bööggbauer und Mitglied der Zunft Schwamendingen. Die beiden Männer verstanden sich auf Anhieb und schmiedeten einen Nichtangriffspakt für die Gant, indem sie per Handschlag die «IG Bloch» gründeten und ein maximales Preislimit vereinbarten, um den Preis nicht gegenseitig ins Unermessliche hochzutreiben. Für 4650 Franken ging das Bloch schliesslich an die IG, was gemäss Burkard rund dem doppelten des sonst üblichen Ertrags entspricht.

Aus einem Teil des Stammes schnitzte der Emmentaler Motorsägen-Künstler Toni Flückiger ein Abbild des Bööggs, das den Wagen der Schwamendinger Zunft am Sechseläuten-Umzug schmückte. Die Holzskulptur steht ­derzeit in Unterrifferswil und soll bald als Andenken nach Urnäsch zurück­geschickt werden. Mit dem grossen Rest des Stammes will Burkard Türen herstellen lassen. Türen, die in den geplanten Alterswohnungen auf seinem Grundstück hinter dem Restaurant Löwen in Hausen angeschlagen werden. «Jede Tür soll den Namen einer Zürcher Zunft tragen», so die Vision von Kari Burkard, der sich zum Ziel gesetzt hat, auf seinem Land «im Graben» bezahlbare Alterswohnungen zu bauen. Die neuen Häuser sollen auf einer gut dimensionierten Tiefgarage stehen, die mithilft, das Parkplatzproblem im Zentrum von Hausen zu lindern.

«Ein unvergessliches Erlebnis – auch ohne Bööggverbränne»

Kari Burkard war sichtlich beeindruckt von seiner ersten Sechseläuten-Teilnahme am vergangenen Montag. Auf Einladung der Zunft Schwamendingen liess er sich festlich gekleidet morgens um acht von seinem Freund Pitsch Schmid stilgerecht in einem Morris-Oldtimer nach Schwamendingen kutschieren. Dort wurde er vom Zunftmeister mit Dreizack-Hut und dem Umhang der Zunft Schwamendingen eingekleidet. Zusammen mit den weiteren Zünftern gings im Tram nach Zürich ins Hotel Glockenhof, wo der offizielle Festakt mit Reden, Vorführungen und Essen stattfand.

Feier bis in den Morgen

Um 16 Uhr startete der Sechseläuten-Umzug durch die City bis zum Bellevue. Burkard sagt: «Ich war beeindruckt, wie sich die Leute von den Festlichkeiten begeistern liessen. So habe ich Zürich noch nie gesehen. Ein einmaliges Erlebnis.» Wegen der starken Windböen wurde erstmals seit 100 Jahren auf die Verbrennung des Bööggs auf dem Sechseläutenplatz verzichtet. Das soll nun in nächster Zeit im Gastkanton Appenzell Ausserrhoden nachgeholt werden. Burkard nahm es gelassen. Nach dem Umzug ging das Sechseläuten mit dem Nachtessen und den gegenseitigen Besuchen der Zünfter bis in die frühen Morgenstunden weiter. (map)

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