Stockwerkeigentum: Hoher Sanierungsbedarf

Kurz nach der UBS präsentiert die ZKB eine weitere Immobilienstudie

Wohnquartier in Stallikon: Stockwerkeigentum ist keine Erfindung der Neuzeit, wurde in der Schweiz aber erst 1965 im Zivilgesetzbuch verankert. (Bild Daniel Vaia)

Wohnquartier in Stallikon: Stockwerkeigentum ist keine Erfindung der Neuzeit, wurde in der Schweiz aber erst 1965 im Zivilgesetzbuch verankert. (Bild Daniel Vaia)

Starke Preissteigerungen bei Eigentumswohnungen zwischen 2019 und 2024 im Kanton Zürich: Rund um den See stiegen die Preise für mittleres Stockwerkeigentum um bis zu 400000 Franken und mehr (violette Farben), in den übrigen Gemeinden um bis zu 300000 Franken (blaue Farben). (Grafik ZKB)

Starke Preissteigerungen bei Eigentumswohnungen zwischen 2019 und 2024 im Kanton Zürich: Rund um den See stiegen die Preise für mittleres Stockwerkeigentum um bis zu 400000 Franken und mehr (violette Farben), in den übrigen Gemeinden um bis zu 300000 Franken (blaue Farben). (Grafik ZKB)

Im Bezirk Affoltern sind in letzter Zeit überdurchschnittlich viele neue Eigentumswohnungen gebaut worden. Gemäss Analysen der Zürcher Kantonalbank (ZKB) ist zuletzt in 20 Prozent der Neubauten Stockwerkeigentum (Stwe) entstanden. Nur der Bezirk Andelfingen weist einen ähnlich hohen Wert auf, der Kantonsdurchschnitt liegt bei 13 Prozent.

Die tiefen Hypothekarzinsen und die zentrumsnahe Lage zählen zu den Haupttreibern für die vielen neuen Eigentumswohnungen im Säuliamt. Und möglicherweise auch die Aussicht, dass die Preise in nächster Zukunft weiter steigen dürften. Zwischen 2019 und 2024 jedenfalls gab es zum Teil markante Preissteigerungen. In dieser Zeit sind die mittleren Preise für Stwe beispielsweise in der Stadt Zürich, in Thalwil oder Herrliberg um rund 450000 Franken gestiegen. Die grösste absolute Preissteigerung eruierte die ZKB in Erlenbach. Hier kostete das mittlere Stwe letztes Jahr über 650000 Franken mehr als noch 2019. Im Bezirk Affoltern kletterten die Preise für Eigentumswohnungen in derselben Zeitspanne um bis zu 300000 Franken.

Im Durchschnitt 1,3 Millionen Franken

Auch wenn Eigentumswohnungen in der Regel günstiger sind als Einfamilienhäuser, erschwinglich sind sie längst nicht für alle, insbesondere in urbanen Lagen. «Mittlerweile kostet ein Stwe im Kanton Zürich im Durchschnitt 1,3 Millionen Franken», so die Bank. Dem See entlang von Rüschlikon bis Meilen, rechts und links der Stadt Zürich, bezahle man für ein dort übliches Stockwerkeigentum über 1,9 Millionen. In der Stadt Zürich seien es 1,7 Millionen. Die etwas tieferen Preise in der Stadt seien den «kleineren und älteren städtischen Eigentumswohnungen geschuldet».

Grundsätzlich sei die Preisschere zwischen ländlichen und urbanen Gebieten «mittlerweile enorm». So könnte man sich für den Preis eines durchschnittlichen Stwe in der teuersten Gemeinde Erlenbach fast vier Stwe in der günstigsten Gemeinde Fischenthal leisten. Aus Sicht der ZKB bietet Stwe für Eigenheimsuchende aber noch immer eine günstige Alternative. Unter 1 Million Franken finde man noch zahlreiche Objekte in den Bezirken Bülach, Hinwil, Uster und Winterthur.

Grundsätzlich betrage der Anteil von Stwe im Preissegment von weniger als einer Million Franken immerhin ein Drittel aller Stwe-Einheiten im Kanton. Das Angebot sei gleichzeitig fünf Mal höher im Vergleich zu Einfamilienhäusern in der gleichen Preiskategorie. Für die ZKB «ein kleiner Lichtblick für alle Eigenheimsuchenden».

Unterkapitalisierte Erneuerungsfonds

Wer sich eine Eigentumswohnung kaufen will, vor allem eine ältere, ist allerdings gut beraten, sich vorgängig über die anstehenden Sanierungsarbeiten zu informieren. Und darüber, wie viel Geld die Eigentümergemeinschaft für diese Arbeiten in der Vergangenheit auf die hohe Kante gelegt hat. Denn die bis in die 1980er-Jahre erstellten Eigentumswohnungen «treiben unweigerlich der ersten umfassenden Sanierung entgegen», schreibt die ZKB.

Das Problem: Viele Erneuerungsfonds von Gebäuden, die 30 Jahre oder älter sind, sind weit weniger gut dotiert, als vom Schweizer Stockwerkeigentümerverband (SSTV) empfohlen. Der Verband empfiehlt, pro Jahr 0,4 Prozent des Gebäudeversicherungswerts einzuzahlen, bis ein Niveau von 6 Prozent erreicht ist. Das angestrebte Niveau im Erneuerungsfonds entspricht umgerechnet 225 Franken pro Quadratmeter Wohnfläche – wobei sanierungsbedürftige und erst recht stark sanierungsbedürftige Gebäude ein grösseres Polster benötigen. Bei vielen Erneuerungsfondskonti, die bei der ZKB angelegt wurden, liegen die entsprechenden Werte für sanierungsbedürftige und stark sanierungsbedürftige aber bei nur 174 bzw. 171 Franken. Sie sind somit unterkapitalisiert.

Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Research ZKB: «Viele Stockwerkeigentümer sind sich der Konsequenzen von fehlenden Mitteln im Erneuerungsfonds nicht bewusst. Dies birgt nicht zu unterschätzende Risiken und ist der Nährboden für mögliche Konflikte.» Eine der Erklärungen für die zu dünn ausgestatteten Erneuerungsfonds ist, dass die Fonds untrennbar im Stockwerkeigentum gebunden sind. Mit anderen Worten: Verkauft jemand seine Eigentumswohnung, bekommt er seine bisher getätigten Einzahlungen in den Fonds nicht zurückerstattet. Dies dämpft die Bereitschaft, höhere Beiträge zu leisten.

18 Prozent sind sanierungsbedürftig

Gemäss einer Auswertung der ZKB sind im Kanton Zürich 18 Prozent der über 30-jährigen Gebäude mit Stwe sanierungsbedürftig, 3 Prozent sogar stark sanierungsbedürftig. Die übrigen Gebäude werden als «recht unterhalten» eingestuft (drei Viertel) oder sogar als saniert (3 Prozent). Die Einschätzung stützt das Immobilien-Research der Bank auf die Bewertungen der letzten fünf Jahre von Stockwerkeigentumswohnungen in Kanton Zürich. Dabei wurde der Gebäudezustand von 6800 Gebäuden mit über 42000 Wohnungen analysiert.

Stockwerkeigentum wird 60

Angesichts des anstehenden Sanierungsbedarfs spricht die ZKB von einer «bevorstehenden Bewährungsprobe» für das Modell Stockwerkeigentum. Das Stwe wurde 1965 im Zivilgesetzbuch verankert und wird somit dieses Jahr 60. Formen von Stockwerkeigentum gibt es allerdings schon seit über 4000 Jahren. Erlaubt war es bis Anfang des 20. Jahrhunderts im Kanton Tessin sowie in den Westschweizer Kantonen Freiburg, Genf, Neuenburg, Waadt und Wallis. 1912 wurde es mit dem Inkrafttreten des Zivilgesetzbuchs aber schweizweit abgeschafft. Man wollte damit unter anderem Streitigkeiten innerhalb von Eigentümergemeinschaften verhindern.

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