Lehrstellen: Jeder vierte Ausbildungsplatz ist noch frei

Säuliämtler Schulabgängerinnen und -abgänger haben bei der Suche nach der passenden Lehrstelle eine grosse Auswahl. Für Ausbildungsbetriebe ist es derweil schwieriger geworden, geeigneten Nachwuchs zu finden.

In diesen Tagen werden im Säuliamt wieder zahlreiche Jugendliche ihre Lehre beginnen. So auch im Restaurant Central in Affoltern. Dort startet am nächsten Montag eine junge Frau ihre Ausbildung zur Restaurationsfachfrau. «Die Suche nach der passenden Lernenden war unkompliziert», erklärte Inhaberin Els Imhof auf Anfrage. Die freie Stelle sei auch dieses Jahr rasch besetzt gewesen. Seit zehn Jahren bildet sie in ihrem Betrieb Lernende aus. Im Sommer 2017 blieb zum ersten Mal eine Lehrstelle frei, damals habe sie jedoch aus organisatorischen Gründen niemanden gesucht, erklärt sie. An Interesse fehle es nicht, in den letzten Monaten habe sie in ihrem Betrieb zahlreiche Jugendliche zum Schnuppern begrüssen dürfen.

Nicht in allen Säuliämtler Gastrobetrieben verläuft die Suche nach passenden Auszubildenden derart einfach. Im Restaurant Reussbrücke in Ottenbach blieben dieses Jahr zwei von vier Lehrstellen unbesetzt, wie Inhaber Klaus Imhof gegenüber dem «Anzeiger» bestätigte. Aus seiner Sicht wurde es in den letzten Jahren schwieriger, die Ausbildungsplätze zu vergeben. Die Bildungsstatistik des Kantons Zürich bestätigt diesen Eindruck: Per Ende Juli waren im Bezirk Affoltern von den 19 angebotenen Lehrstellen im Gastrobereich deren 9 noch unbesetzt. Dass das Gastgewerbe für junge Berufsleute an Attraktivität verloren habe, kann Christine Viljehr, Leiterin des Berufsinformationszentrums BIZ Urdorf, so nicht bestätigen. «Erfahrungsgemäss herrscht jedoch im Küchenbereich ein grosses Angebot an Ausbildungsplätzen, sodass einzelne Stellen unbesetzt bleiben», erklärt sie.

Bezirk Affoltern: kantonsweit höchste Quote an freien Lehrstellen

Diese Tendenzen zeigen sich nicht nur im Gastgewerbe. Per Ende Juli waren von den 288 angebotenen Ausbildungsplätzen im Bezirk Affoltern noch 77 zu haben, was rund 26 Prozent und damit der kantonsweit höchsten Quote entspricht. Nur der Bezirk Andelfingen kommt mit 25 Prozent auf eine ähnlich hohe Zahl. Am tiefsten ist die Quote in Hinwil. Von 732 Stellen konnten 674 besetzt werden. 58 Ausbildungsplätze sind noch zu haben, was knapp 8 Prozent entspricht.

Die Quote des Bezirks Affoltern erscheine auf den ersten Blick hoch, so Christine Viljehr. Jedoch müsse auch das Spektrum an Berufen berücksichtigt werden. Eine breitere Auswahl führe immer auch dazu, dass ein umso grösserer Teil des Angebots nicht den persönlichen Vorstellungen entspreche, relativiert sie. Erfreulicherweise sei es jedoch so, dass heute viele Betriebe bereit seien, Lernende auszubilden. Dadurch habe sich die Anzahl der Lehrstellen in den vergangenen Jahren vergrössert. «Die Lehrabgängerinnen und -abgänger finden derzeit ein sehr umfangreiches Lehrstellenangebot vor», so Viljehr.

Mangel an guten Sek-A-Schülern bei Ernst Schweizer AG

Die meisten offenen Stellen sind im Säuliamt im Bereich Maschinenbau und Metallverarbeitung zu finden. Von 29 Ausbildungsplätzen waren 13 per Ende Juli noch frei. Die Ernst Schweizer AG in Hedingen vergibt mit jährlich bis zu fünfzehn Lehrstellen den grössten Anteil auf diesem Gebiet.

Man habe für das beginnende Lehrjahr sämtliche Stellen besetzen können, so Xavier Nietlisbach, Leiter Berufsbildung und Präsident des Lehrstellenforums Bezirk Affoltern. Allerdings brauche der Such- und Auswahlprozess mehr Geduld: «Früher waren die Lehrstellen spätestens im Februar besetzt, dieses Jahr haben wir die letzten beiden Ausbildungsplätze kurz vor den Sommerferien vergeben.» Schwierig gestalte sich die Auswahl vor allem in Berufen, für welche gute Noten auf Sek-A-Niveau nötig seien. «Besonders bei den Konstrukteuren und den Metallbaukonstrukteuren wird die Auswahl an passenden Lernenden immer kleiner. Und auch KV-Stellen mit Berufsmaturität sind schwieriger zu besetzen», erklärt Nietlisbach. Er vermutet, dass gute Schülerinnen und Schüler heute öfter den gymnasialen Weg einschlagen und anspruchsvoller geworden seien in ihrer Berufswahl. «Möglicherweise entscheiden sich heute mehr Jugendliche für ein 10. Schuljahr, wenn es mit der gewünschten Lehrstelle nicht auf Anhieb klappt.»

Steigende Schülerzahlen in den nächsten Jahren

Christine Viljehr kann diesen Trend nicht bestätigen. Die Quote an Schülerinnen und Schülern in Berufsvorbereitungsjahren sei eher rückläufig, und auch die Gymi-Quote liege konstant bei 20 Prozent, erklärt sie. «Gerade der Beruf als Fachfrau und Fachmann Gesundheit wurde in den letzten Jahren beliebter. Und auch Stellen auf dem Gebiet der Informationstechnologie haben durch die Digitalisierung nochmals an Attraktivität gewonnen», so Viljehr. Sie hofft, dass die Anzahl der Lehrstellen im Bezirk Affoltern trotz des aktuellen Überangebots konstant bleibt. «Für die nächsten Jahre werden wieder steigende Schülerzahlen prognostiziert, dann dürfte sich die Situation auch für die Betriebe wieder verbessern.»

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