Das Wasser suchte sich den Weg
Eine Reuss, die ihr Bett temporär erweitert hat, überflutete Felder, Äcker, Strassen und Keller, ein evakuierter Campingplatz in Ottenbach – Überschwemmungen auch im Säuliamt. Aber die Situation war weniger dramatisch als im August 2005.

Die Folgen der heftigen Regengüsse, die bis Samstagnacht andauerten, riefen auch die Feuerwehren im Bezirk auf den Plan. So musste beispielsweise in Maschwanden die Richtung Bützen führende Strasse gesperrt werden. Reuss und Lorze verliessen ihre Betten und überschwemmten grosse Landstriche. Die auf Zuger Boden liegende Maschwander Allmend verwandelte sich in einen grossen See und diente – nicht zu ersten Mal – als eine Art Rückhaltebecken. Ab Lorzebrücke hätte man das aargauische Mühlau wohl mit einem Boot erreichen können; sämtliche Wanderwege waren überflutet, genauso das wertvolle Naturschutzgebiet, in welchem die Bodenbrüter wegen der andauernden Regengüsse keine Chance hatten. Am Rüssspitz, wo Reuss und Lorze zusammenfliessen, waren Ruhebänke nicht mehr sichtbar.
Viele Schaulustige an der Reuss
In Obfelden und Ottenbach fanden sich viele Schaulustige ein. So war der Parkplatz bei der Obfelder Reussbrücke so voll besetzt wie an schönen Sommertagen; viele machten sich auf, um mit ihrer Handykamera Bilder vom Naturschauspiel einzufangen. Die reissende, braun daherfliessende Reuss und das geflutete «Gasi-Ried» waren nur durch den Damm getrennt – ein nicht alltägliches Bild. Reuss: 680 m³ Wasser pro Sekunde Allerdings: Im Vergleich zu den Überschwemmungen vom August 2005 präsentierte sich die Situation am Wochenende weniger extrem, was sich an nackten Zahlen ablesen lässt. Vor knapp acht Jahren führte die Reuss pro Sekunde 850 Kubikmeter Wasser, am vergangenen Samstag waren es gemäss kantonalem Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft (Awel) «nur» 680 Kubikmeter, im Normalfall sind es 200. Von Freitag auf Samstag stieg der Pegel um rund 2 Meter – der Damm geriet nie in Gefahr. Am Sonntag entspannte sich die Situation.
Der Wasserpegel der Reuss stieg bis am Samstagabend bedrohlich. Die mobilen Wohnwagen auf dem Campingplatz in Ottenbach wurden viele Stunden zuvor vorsorglich evakuiert. Das Restaurant Reussbrücke sah sich wegen einer überfluteten Pumpe gezwungen, den Betrieb einzustellen. Der Wasserbezug wurde abgestellt, und die Toiletten waren nicht mehr benutzbar. Feuerwehrkommandant Markus De Pretto aus Ottenbach konnte am frühen Sonntagmorgen aber Entwarnung geben. Judith Buchser vom Campingplatz ist ebenfalls erleichtert, wenn nun auch noch einige Aufräumungsarbeiten auf sie warten.
Im Oberamt vor allem Uerzlikon betroffen
Der Regen zwischen zwei und drei Uhr in der Nacht auf Samstag ging im südlichen Teil vom Oberamt ganz besonders intensiv nieder. So waren Uerzlikon – und das angrenzende Baar im Kanton Zug – stärker betroffen als Hausen oder Rifferswil. Ein Augenschein am Tag danach zeigte, dass sich natürlich auch in letzteren Dörfern viele Felder und Wiesen in Seen verwandelt hatten und frisch angesäte Äcker ausgeschwemmt waren. Die Bäche hatten bedrohliche Ausmasse angenommen – und die Windhunde hätten auf der Rennbahn gut einen Schwimmwettbewerb machen können. Die Feuerwehren in Hausen und Rifferswil mussten jedoch nicht ausrücken. Der Rifferswiler Kommandant, Martin Frehner, war zwar in der Nacht unterwegs, um die neuralgischen, gefährlichen Stellen zu kontrollieren. «Der Dorfbach stieg sehr hoch an, überflutete aber die Brücken nicht.»
Ein Teil der Kappeler Feuerwehr hingegen war während der ganzen Nacht im Einsatz. Bereits um Mitternacht ging bei Kommandant Thomas Göggel der Alarm ein. Betroffen waren Keller und Tiefgaragen, überlastete Schächte und überquellende Bäche. «An verschiedenen Stellen spritzte es hoch aus den Dolen heraus und Schachtdeckel wurden von der Wucht des Wassers weggeschwemmt.» Am meisten Arbeit gab es in Uerzlikon, wo nebst Kellern und dem durchs Dorf fliessenden Bach eine Baustelle Probleme verursachte. Die ganz frisch ausgehobene Baugrube wurde zum See, der sich in eine danebenliegende Tiefgarage entleerte. Die Feuerwehrleute baggerten in der Nacht einen Wall und pumpten die Garage aus.
Auch die Kollegen im angrenzenden Baar hatten viel Arbeit und mussten in der Nacht die Bachtalen und die Strasse nach Uerzlikon sperren. Am Samstag konnten sich Thomas Göggel und seine Truppe aber nicht ausruhen. Der sonst unscheinbare Arbach im Wald zwischen Kappel und Uerzlikon hatte sich zu einem Fluss entwickelt, der die Röhre unter der Strasse mit Geschiebe verstopfte. Der Schacht auf der Strasse quoll über, und der Fluss suchte sich einen Weg aus dem Wald über die Wiese und auf die Hauptstrasse. Mit Bagger, Schaufel und Spülwagen waren die Männer noch nach der Mittagszeit am Werk. Am Samstagabend regnete es nochmals so stark, dass der Arbach auch im Dorf erneut einen Teil seines Wassers statt durch die Röhre über Plätze und Strassen ergoss.