Das Geburtshaus muss warten

Das Spital Affoltern stellt seine Pläne für ein hebammengeleitetes Geburtshaus zurück und entlässt elf Mitarbeitende. Einen Teil des bisherigen Angebots will man dennoch weiter ausbauen.

Tanja Eres (3.v.l.) und ihre Kolleginnen wollen die Kündigungen nicht ohne Weiteres hinnehmen. Mit Elvira Wiegers (1.v.l.) und Fiora Pedrina (2.v.l.) vom Vpod sammelten die Frauen am vergangenen Donnerstag Unterschriften. (Bild Livia Häberling)
Tanja Eres (3.v.l.) und ihre Kolleginnen wollen die Kündigungen nicht ohne Weiteres hinnehmen. Mit Elvira Wiegers (1.v.l.) und Fiora Pedrina (2.v.l.) vom Vpod sammelten die Frauen am vergangenen Donnerstag Unterschriften. (Bild Livia Häberling)

Ein hebammengeleitetes Geburtshaus in Affoltern rückt in weite Ferne. Am vergangenen Mittwoch hat die Gewerkschaft Vpod in einer Mitteilung darüber informiert, dass das Spital Affoltern sein gesamtes Hebammen-Team entlässt. Betroffen sind elf Mitarbeitende, drei hatten erst im Dezember ihre Arbeit aufgenommen und noch während der Probezeit die Kündigung erhalten. Die anderen acht sollen per Ende März entlassen werden. Für die Mitarbeitenden kommt die Umstruk-­turierung überraschend: «Wir sind ­geschockt», sagt Tanja Eres, die seit Oktober 2018 im Spital Affoltern als Hebamme arbeitet. Ende Jahr habe man mit ihnen noch Gespräche über ihre Zukunft im Spital Affoltern geführt, die weitere Strategie sei klar gewesen – «und nun diese Kehrtwende».

Im Sommer noch Personal rekrutiert

In der Geburtshilfe hatte das Spital Affoltern die erforderlichen Fallzahlen seit mehreren Jahren nicht erreicht – und den Leistungsauftrag deshalb per 1. Januar 2020 abgegeben. Um weiterhin zumindest einen Teil der Geburten im Bezirk durchführen zu können, beantragte man im Frühling bei der Gesundheitsdirektion, die Geburtenabteilung in ein hebammengeleitetes Geburtshaus umzuwandeln. Parallel dazu plante man, die Mutter-Kind-Abteilung, die ambulante Geburtshilfe und den Kurstreff Sonnenberg auszubauen und rekrutierte im Sommer drei zusätzliche Hebammen. Mitte September dann der Rückschlag: Die Gesundheitsdirektion wies das Gesuch ab. Das neue Personal habe sich damals zweimal erkundigt, ob man sie vor dem Hintergrund der neusten Entwicklungen überhaupt noch brauche, sagt Tanja Eres. Umso stossender seien deren plötzliche Entlassungen. Den Mitarbeitenden gegenüber habe man auch nach der Ablehnung des ersten Antrags stets versichert, sich weiter für ein hebammengeleitetes Geburtshaus einzusetzen.

Tatsächlich habe man lange noch die Absicht gehabt, einen erneuten Antrag einzureichen sagt Spitaldirektor Michael Buik: «Wir waren trotz des negativen Entscheids der Gesundheitsdirektion der Meinung, dass ein stationäres, hebammengeleitetes Geburtshaus in unser Einzugsgebiet passt.» Ausserdem, sagt er, sei man davon ausgegangen, dass die Absage im Herbst vergangenen Jahres nicht ausschliesslich inhaltlicher Natur gewesen sei. «Da wir unseren Antrag nach der Abstimmung am 19. Mai 2019 ausserhalb des normalen Bewerbungsfensters gestellt hatten, gingen wir davon aus, dass die Gesundheitsdirektion unser Ansinnen auch deshalb abwies, weil sie mit einer Zusage kein Präjudiz schaffen wollte.»

Gesundheitsdirektion: «Kein Bedarf»

Das neue Bewerbungsfenster für stationäre Leistungsaufträge war bis 28. Februar 2020 offen. Michael Buik sagt, im Hinblick auf eine erneute Bewerbunghabe er im Februar Kontakt mit der Gesundheitsdirektion aufgenommen. «In dieser E-Mail-Korrespondenz wurde mir mitgeteilt, dass man auch bei einer erneuten Bewerbung keinen Bedarf für ein stationäres Geburtshaus sehe.» Das Spitalmanagement teilt diese Ansicht nicht: «Wir schauen auch auf das Bedürfnis im Markt», so Buik. Dort zeige sich ein anderes Bild: «Wir erhalten ­viele Anfragen zur Möglichkeit der ­hebammengeleiteten Geburt.» Dennoch habe man sich entschieden, im Jahr 2020 keine offizielle Bewerbung für 2021 zu führen, um im Hinblick auf die Zürcher Spitalplanung 2023 «eine konstruktive und zukunftsweisende Gesprächsbereitschaft mit der Gesundheitsdirektion aufrechtzuerhalten.» Man wolle das Thema für 2023 wieder aufnehmen, sagt Michael Buik.

Ambulantes Angebot wird ausgebaut

Die entlassenen Hebammen kämpfen nun mit Unterstützung des Vpod für ihre Entlassungsbedingungen. Derzeit befindet man sich mit der Spitalleitung im Gespräch, eine Einigung wurde noch nicht getroffen. Parallel dazu hat man am vergangenen Donnerstag eine Petition unter den Mitarbeitenden ­lanciert, um auf die Kündigungen aufmerksam zu machen.

Die Spitalleitung plant derweil die nächsten strategischen Schritte ohne die Hebammen. Die Mutter-Kind-Abteilung werde trotz der Entlassungen weiter ausgebaut, sagt Michael Buik. Derzeit sei man daran, die räumlichen Vor­aussetzungen zu schaffen. «Die Frauen mit ihren Kindern von Hebammen betreuen zu lassen, war eine gute Idee. Sie war jedoch nur als Überbrückung gedacht. Es kann und soll nicht dar­über hinwegtäuschen, dass Hebammen hierbei keine Fachpersonen sind», so Buik. In der Mutter-Kind-Abteilung sei Fachkompetenz im Gebiet der Psychiatrie bei allen Fachpersonen gefragt.

Auch das ambulante Angebot werde weiter ausgebaut, sagt Michael Buik. So sei in enger Zusammenarbeit mit dem Stadtspital Zürich eine gynäkologische Sprechstunde geschaffen worden, Angebote zur Hebammensprechstunde sollen folgen: «Wir haben das Konzept mit unseren Partnern im Stadtspital Zürich besprochen, sind aber auch der Meinung, dass wir uns an dieses Thema herantasten müssen, um zu schauen, wie hoch die Nachfrage nach einem solchen Angebot in unserem Markt ist.»

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