Abgang eines Arztes mit Folgen

Zentrum für Schmerzmedizin im Spital Affoltern bleibt bis auf Weiteres geschlossen

Derzeit gibt es keine Behandlungen im Bereich Schmerztherapie im Spital Affoltern. (Bild Livia Häberling)

Derzeit gibt es keine Behandlungen im Bereich Schmerztherapie im Spital Affoltern. (Bild Livia Häberling)

Nur etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Gründung des neuen Zentrums für Schmerzmedizin steht das Spital Affoltern vor einem Scherbenhaufen. Denn der Leiter des Zentrums, Professor Michael Heesen hat die Klinik vor Kurzem kurzfristig verlassen und wird bereits am 1. Oktober als neuer Chefarzt Anästhesie und Intensivmedizin im Spital Oberengadin arbeiten, wie das Spital in Samedan mitteilt.

200 Patienten ohne Betreuung

Das Spital Affoltern und damit etwa 200 Patienten und Patientinnen stehen nun ohne Schmerzzentrum und medizinische Ansprechpartner da. Aufgrund des kurzfristigen Abgangs des Professors könnten keine Patienten und Patientinnen mehr betreut werden, informiert die Webseite des Spitals. Heesen war der einzige Arzt im Schmerzzentrum. Konsternierte «Anzeiger»-Leserinnen und Leser haben dazu Einsendungen geschickt (siehe dazu auch Seite 8).

«Das hat uns schon sehr überrumpelt», sagt dazu Spitaldirektor Lukas Rist gegenüber dem «Anzeiger». Er sei von der Neuigkeit nach der Rückkehr aus den Ferien überrascht worden. Anzeichen für einen bevorstehenden Wechsel habe es bis dato keine gegeben. «Im Gegenteil», so Rist: «Wir sind sehr gut und einvernehmlich gestartet, wir hatten einen regen Zuspruch an ambulanten Patientinnen und Patienten und den Plan weiterzuwachsen, weil wir auch stationäre Aufenthalte anbieten wollten.» Strategische oder sonstige Differenzen habe es nicht gegeben, betont Rist im Gespräch mit dieser Zeitung.

Belegärzte können jederzeit gehen

Doch kann man denn so einfach von einem Tag auf den anderen von seinem Arbeitsplatz verschwinden? «Das geht», klärt Rist auf: Heesen hat als Belegarzt gearbeitet, da ist es möglich, jederzeit zu gehen. Eine Stelle als Chefarzt habe man ihm nicht anbieten können. Das sei beim Aufbau der Abteilung allerdings auch bekannt gewesen.

Das Angebot des Zentrums für Schmerzmedizin, das Anfang Februar unter der Leitung von Professor Heesen eröffnet wurde, sollte Patientinnen und Patienten sowohl mit akuten wie auch chronischen Schmerzen ansprechen. Es umfasste die Schmerzdiagnostik, die Schmerzberatung sowie die Schmerzbehandlung. Ein spezielles Therapie­angebot bildete die multimodale stationäre Schmerztherapie, die sich an ­Menschen mit chronischen Schmerzen richtet und so laut Medienmitteilung vom Februar nur im Spital Affoltern sowohl im ambulanten, stationären wie auch im multimodal stationären Setting möglich sein sollte.

Das Schmerzzentrum gilt zwar als wichtiges Element in der Strategie des Spitals. Aber die Bereiche, in denen ein kantonaler Leistungsauftrag erfüllt werden muss, sind davon nicht betroffen. Es handelt sich dabei um Altersmedizin, Palliative Care, Psychiatrie mit Alterspsychiatrie und Mutter-Kind-Abteilung sowie eine grosse Psychotherapie. Wie es jetzt weitergeht, ist noch nicht klar. Möglich wäre es, jemanden neuen zu suchen oder den Fokus auf andere Gebiete zu legen und auf das Zentrum für Schmerzmedizin dauerhaft zu verzichten. Was schmerzlich wäre, denn: «Es gibt in der Region eindeutig ein Bedürfnis für ambulante und stationäre Schmerztherapien: Wir müssen uns jetzt strategische Überlegungen machen. Entscheiden muss der Verwaltungsrat», sagt dazu der Ärztliche Direktor Markus Minder: «Das ist jetzt eine wirklich schwierige Situation. Es tut uns auch für die betroffenen Patientinnen und Patienten sehr leid.»

«Bedenken nicht berücksichtigt»

Und was sagt Michael Heesen dazu? Er macht organisatorische Mängel geltend. «Der Plan von Spital Affoltern und mir war, dass ich ab Ende Oktober 2024 chronisch schmerzkranke Patienten stationär im Spital Affoltern behandle.» Das Spital Affoltern habe jedoch gegenüber Patienten und Patientinnen sowie zuweisenden Ärzten und Ärztinnen nicht glaubhaft klargemacht, dass es sich um eine eigenständige Therapie handelt. «Es war unklar, ob die Schmerztherapie eine Unterabteilung der Geriatrie (Altersmedizin) sein wird.» Es gebe aber auch viele jüngere Schmerzpatienten. Er habe deshalb Ablehnungen von Patienten und Patientinnen bekommen. Auch einige zuweisende Ärzte hätten es abgelehnt, Patienten oder Patientinnen zu schicken, «weil Schmerzmedizin nicht dasselbe wie Altersmedizin ist.» Und weiter: «Leider sind diese Bedenken, die ich der Spitalleitung über mehrere Wochen hinweg mitgeteilt habe, nicht berücksichtigt worden.» Leider seien dann auch kurzfristige Gespräche mit dem Verwaltungsrat ergebnislos geblieben. Professor Michael Hessen hat dann aber auch Lob fürs Spital Affoltern parat: «Das Spital Affoltern hat hervorragende, äusserst motivierte und sehr engagierte Mitarbeitende. Meine ambulante Praxis wurde von diesen Mitarbeitenden und auch vom Spital optimal unterstützt. Dies im Gegensatz zu der stationären Therapie, wie oben beschrieben.»

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