Abstimmungs-Krimi in Wettswil

Gemeindeversammlung dauerte fast zweieinhalb Stunden – eine Abstimmung musste dreimal durchgeführt werden

Schulpräsident Roger Schmutz und die Leiterin der Schulverwaltung Karin Leu Peter beim zweiten Teil der Gemeindeversammlung.

Schulpräsident Roger Schmutz und die Leiterin der Schulverwaltung Karin Leu Peter beim zweiten Teil der Gemeindeversammlung.

Gemeindepräsidentin Katrin Röthlisberger und Gemeindeschreiber Dominik Pfefferli bei der Gemeindeversammlung 
von politischer Gemeinde und Primarschulgemeinde Wettswil im Saal des Schulhauses Aegerten. (Bilder Marcus Weiss)

Gemeindepräsidentin Katrin Röthlisberger und Gemeindeschreiber Dominik Pfefferli bei der Gemeindeversammlung von politischer Gemeinde und Primarschulgemeinde Wettswil im Saal des Schulhauses Aegerten. (Bilder Marcus Weiss)

Die Gemeindeversammlung, zu der die politische Gemeinde Wettswil und die Primarschulgemeinde Wettswil geladen hatten, fand am vergangenen Montagabend im Saal des Schulhauses Aegerten statt. «Ich möchte zuerst unseren neuen Gemeinderat Marco Santi vorstellen, er wurde im Frühling dieses Jahres gewählt und hat im August das Tiefbaudepartement übernommen», wandte sich Gemeindepräsidentin Katrin Röthlisberger zur Begrüssung an den Saal. «Für Sie ist unser Tiefbauvorsteher neu, uns kommt es so vor, als würden wir schon eine halbe Ewigkeit zusammenarbeiten.»

Finanzvorständin Sarah Willimann erläuterte im Anschluss das Budget 2025. «Wir sind der Teuerung unterworfen, haben mehr Einwohner, und das Lohnniveau steigt», schickte die Gemeinderätin zur allgemeinen Wirtschaftslage voraus. Dies widerspiegelt sich auch im Budget 2025 der Gemeinde. Gegenüber dem letzten Budget ist der budgetierte Aufwandüberschuss mit 1,1 gegenüber 1,2 Millionen Franken aus dem letzten Jahr sehr ähnlich, jedoch ist das Gesamtbudget um 2,5 Millionen Franken gewachsen. Sarah Willimann erklärt die wesentlichen Differenzen gegenüber dem Budget 2024. Beim Werkhof sehe man eine Zunahme bei den Lohnkosten, dies sei auf Lohnerhöhungen sowie die Aufstockung des Personalbestandes, um eine Person zurückzuführen. «Wir waren personell unterbesetzt in diesem Bereich, und auch mit den jüngsten Anpassungen liegen wir beim Personalaufwand über die ganze Verwaltung immer noch unter dem Medianwert im kantonalen Vergleich beim Personalaufwand», liess die Finanzvorständin die Stimmberechtigten wissen.

Im Ressort Gesundheit seien die Kosten für Spitex und Pflege sehr schwierig zu budgetieren, da man ja nicht wisse, wer pflegebedürftig werde, und wie hoch der Pflegegrad bei den Betroffenen ausfalle. Im Ressortbereich der Ordnung und Sicherheit sei ebenfalls ein Kostenanstieg zu verzeichnen, da unter anderem die Kesb höher budgetiere als bisher, und die Miete für die Feuerwehr im neuen Mehrzweckgebäude Heumoos etwas höher ausfalle. Unter «Allgemeine Verwaltung» würden beispielsweise die gestiegenen Lizenzkosten für das IT-System verbucht. «Hier gibt es kein Entrinnen, da wir einerseits das System unbedingt brauchen, und es andererseits faktisch auch nur zwei Anbieter gibt», erklärte Sarah Willimann.

Gemeinde rechnet bis 2028 mit Verlusten

All diese Beispiele zeigten, warum in der Summe ein Aufwandüberschuss von rund 1,1 Millionen Franken in der Erfolgsrechnung resultiere. Dieser Zustand ändere sich auch nicht so schnell: «Wir werden voraussichtlich bis ins Jahr 2028 stets einen Verlust verbuchen müssen, dennoch erhöhen wir den Steuerfuss nicht, da wir immer noch eine Gemeinde mit genügend Eigenkapital sind.» Man wolle keine Steuergelder auf Vorrat einziehen, es zeichne sich jedoch ab, dass man 2028 «auf die Bremse treten» müsse. Vor der Abstimmung über das Budget wurden noch Fragen aus dem Publikum beantwortet, es ging dabei vor allem um die geplanten Investitionen in das Mobiliar der Sportanlage Moos. Martin Meili, Präsident des FC Wettswil-Bonstetten, verwies darauf, dass man mit rund 440 Juniorinnen und Junioren die grösste Junioren-Organisation des gesamten Bezirks sei. «Daher hoffe ich sehr, dass Sie uns diese Investitionen gönnen.» Bei den darauffolgenden Abstimmungen wurden die Finanzierungen, unter anderem für Tische, ein Kombi-Dampfgerät sowie Transportwagen, mit grosser Mehrheit angenommen.

Ebenso unbestritten war die Annahme des Budgets für 2025 sowie des gleichbleibenden Steuerfusses von 25  Prozent (Anteil der politischen Gemeinde) durch den Souverän. Die Gemeindeversammlung der politischen Gemeinde Wettswil endete mit dem Hinweis, dass die Stimmberechtigten mit der Annahme des Budgets 2025 auch dem Kauf einer neuen Weihnachtsbeleuchtung zugestimmt hätten, die im nächsten Advent leuchten solle. Die Mitwirkung bei der Auswahl sei der Bevölkerung noch bis zum 21. Dezember dieses Jahres möglich.

Pandemiefolgekosten bei der Primarschulgemeinde

Die Gemeindeversammlung der Primarschulgemeinde Wettswil begann mit der Darlegung einiger Kostenfaktoren durch Franziska Bieri, die bei der Schulpflege für die Finanzen zuständig ist. Entlastungen hätten sich durch die Schliessung einer Kindergartenklasse ergeben, die durch den Rückgang der Kinderzahl möglich geworden sei, daneben seien drei Kinder weniger an einer externen Sonderschule beschult worden. Dem gegenüber stünden Mehraufwände durch Neueinstellungen von Klassenassistenten sowie dem vermehrten Einsatz von Heilpädagogen. Zu der Finanzbelastung durch Sonderbeschulung meinte Franziska Bieri: «Die Kosten sind einerseits rein schon dadurch begrenzt, dass Plätze in solchen Einrichtungen sehr rar sind und eine riesige Nachfrage besteht. Andererseits haben wir in unseren ­Schulen immer mehr integrierte Sonder­schüler, was natürlich ebenfalls Kosten nach sich zieht.» Es sei ein Thema, das die Primarschule schon länger beschäftige, die Situation habe sich aber durch Corona verschärft. «Diese Kinder hatten durch die Pandemie wenig Kontakt nach draussen, und das zeigt sich jetzt deutlich.»

In diesem Zusammenhang stünden auch die steigenden Ausgaben, die unter «Sonstiges» verbucht werden, es seien darin Abklärungen bei Kindern für erhöhten Förderbedarf enthalten. Es müsse trotz allem festgehalten werden, dass die Kosten pro Schüler und Schülerin sowohl im Kindergarten als auch in der Primarschule Wettswil tiefer als im ­kantonalen Durchschnitt ausfielen.

Drei Abstimmungen über den Steuerfuss der Primarschulgemeinde

Auch die Investitionen in die Infrastruktur kämen die Primarschulgemeinde teurer zu stehen als in den vergangenen Jahren, angesichts dieser Entwicklung und den Aussichten sei es angezeigt, den Steuerfuss zu erhöhen, so die Finanz­beauftragte der Schulpflege. «Es wäre ­unserer Ansicht nach besser, Schulden zurückzuzahlen, als für jährlich wiederkehrende Zinskosten aufzukommen.» Während sich eine eindeutige Mehrheit der Stimmberechtigten für die Annahme des Budgets entschied und auch beim Entscheid über einen Investitionskredit zur Kaufübernahme des Schulraumprovisoriums Wolfetsloh eine Annahme der Vorlage ohne Gegenstimmen erfolgte, gab es beim Steuerfuss-Traktandum der ­Primarschulgemeinde einen regelrechten Abstimmungs-Krimi. Nachdem Christian Gräub, Präsident der Rechnungsprüfungskommission, gewarnt hatte, dass eine Gesamtsteuererhöhung (siehe auch separate Box über die Wettswiler Steuerfuss-Komponenten) bedeutende Steuerzahler erschrecken könnte, musste nicht weniger als dreimal über das Traktandum abgestimmt werden.

Dies, weil sich bei der ersten Abstimmung eine Patt-Situation ergab und bei der Wiederholung die Anzahl der Stimmen nicht mit den Enthaltungen übereinstimmte. Beim dritten Abstimmungsdurchgang lautete das Resultat 49:52 bei fünf Enthaltungen zugunsten der ­Primarschulpflege. Der Steuerfuss kann somit beibehalten werden.

Steuerfuss: Endgültiger Entscheid muss warten

Die Bildung des Steuerfusses gestaltet sich in Wettswil komplizierter als in anderen Gemeinden. Er setzt sich aus drei Komponenten zusammen, die in der Addition den effektiven Steuerfuss ergeben. An der Gemeindeversammlung wurde nur über die Steuerfuss-Komponenten der politischen Gemeinde und der Primarschulgemeinde Wettswil entschieden, der effektive Steuerfuss kann aber erst errechnet werden, wenn auch die Oberstufen-Schulgemeinde Bonstetten, der auch Wettswil und Stallikon angehören, am Donnerstagabend dieser Woche ihre Gemeindeversammlung abgehalten und dort über ihre Steuerfuss-Komponente entschieden hat. Das Resultat wird erst nach Redaktionsschluss dieser «Anzeiger»-Ausgabe bekannt, wir werden daher in einer anderen Ausgabe darüber berichten. (mwe)

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