Ähnliche Ziele, unterschiedliche Wege

Serie Biodiversität (4/5): Drei Beispiele, wie es nach den Einzelinitiativen in den Gemeinden weiterging

Aufwertungsmassnahmen im Siedlungsgebiet, etwa durch Wildblumen (im Bild eine Kantonsstrasse in der Region Olten), sollen auch in Hedingen verstärkt werden. (Bild Bruno Kissling)

In Bonstetten, Hausen, Hedingen und Ottenbach haben die Stimmberechtigten im Herbst 2023 über Einzelinitiativen zur Förderung der Biodiversität ­abgestimmt («Anzeiger» vom 6. September). Gefordert wurden Rahmenkredite zwischen 150000 und 250000 Franken (die Beträge variierten) für die kommenden drei bis vier Jahre. Und zwar ab 2024; also per sofort.

Die Abstimmungen führten in den Gemeinden zu unterschiedlichen Resultaten: In Hedingen wurde die Initiative angenommen; dort stehen für die Biodiversität nun zusätzliche 240000 Franken für die Jahre 2024 bis 2026 zur ­Verfügung. In Ottenbach machte der Gemeinderat einen Gegenvorschlag, der statt den geforderten 150000 Franken nun 120000 Franken für 2024 bis 2027 bereitstellt. In Hausen wurde ebenfalls der Gegenvorschlag angenommen und das jährliche Biodiversitätsbudget unbefristet um 30000 Franken aufgestockt. Und in Bonstetten wurde die Initiative abgelehnt, wobei die Gemeinde ohnehin geplant hatte, die Bemühungen im Bereich Biodiversität zu verstärken. Einblicke in die Bemühungen von Hedingen, Ottenbach und Bonstetten zeigen, wo diese drei Gemeinden heute stehen.

Hedingen: Bis die «Maschinerie angelaufen ist», braucht es Geduld

In Hedingen hatte es, anders als in ­Hausen oder Ottenbach, keinen Gegenvorschlag gegeben. Der Gemeinderat – vertreten durch Natur- und Umweltvorsteher Marco Vanetta – war der Ansicht, dass Hedingen bereits viel in die Förderung der Biodiversität investiere. Gespräche mit dem Initianten konnten diesen nicht zum Rückzug der Initiative bewegen. Nach dem Ja-Entscheid stand er – seines Zeichens auch Präsident der Naturschutzkommission – vor der Aufgabe, den Willen der Stimmberechtigten bestmöglich umzusetzen. Sind die Massnahmen auf Kurs?

«Für die Öffentlichkeit sind in den vergangenen Monaten noch wenige Ergebnisse aus der Einzelinitiative sichtbar geworden», räumt Marco Vanetta ein. Zu glauben, dass im laufenden Jahr bereits ein stattlicher Teil des Geldes investiert werden könne, wäre aus seiner Sicht «etwas zu optimistisch gedacht». Im ­Initiativtext seien lediglich eine Summe und sehr generische Ziele gefordert worden. Ausgereifte, realistische Projekt­vorschläge habe es nicht gegeben. Das verlangsame den Prozess, denn diese Projekte entstünden nicht «von heute auf morgen», sondern müssten zuerst konkretisiert werden. Das benötige Zeit und binde personelle Ressourcen, die in der Verwaltung ohnehin knapp seien.

Den Spielraum der Initiative zu nutzen und mit dem Geld eine befristete Stelle für die Projektentwicklung zu schaffen oder externe Unterstützung zu holen, wäre für den Gemeinderat denkbar, sagt Vanetta, der die Beratungs­honorare gleichwohl im Auge behalten will: «Es wäre nicht logisch, 80 Prozent des Geldes in Beratung und Konzepte zu stecken und nur 20 Prozent in die Umsetzung.» Offerten für Unterstützung lägen vor, mit einer Entscheidung dürfte in drei bis vier Wochen zu rechnen sein. Es komme gut, versichert Vanetta. Es brauche aber noch etwas Geduld, bis «die Maschinerie angelaufen» sei.

Als konkrete, bereits geplante Projekte zählt Marco Vanetta einen Aktionstag der Naturschutzkommission auf, der am 14. September stattfindet und privaten Gartenbesitzerinnen und -besitzern Gestaltungstipps für den eigenen Naturgarten geben soll. «Dieser Aktionstag wird aus dem Geld der Initiative bezahlt», sagt er. Dasselbe gelte für ein Projekt zu Baumpatenschaften, das in Zusammenarbeit mit der Holzkorporation Hedingen und dem Förster entstehe. Auch 17 gemeindeeigene Flächen im Siedlungsgebiet würden zugunsten der Biodiversität schrittweise aufgewertet. Dieses Projekt wurde allerdings bereits vor dem Herbst 2023 aufgegleist. Es ist also nicht aufgrund der Initiative entstanden. «Die Idee ist nicht neu, das stimmt», sagt er, «doch die Umsetzung kostet fast doppelt so viel wie angenommen. Die Differenz finanzieren wir aus Geldern der Initiative.» Weitere Projekte würden folgen, sichert er zu: «Ich bin zuversichtlich, dass bis 2026 sinnvolle Projekte zugunsten der Biodiversität entstehen.»

Ottenbach: Projekte wurden vor der Abstimmung erarbeitet

Auch in Ottenbach haben die Stimm­berechtigten im Herbst 2023 Gelder für mehr Biodiversität gesprochen. Dabei war Dominique Schmuki, der Präsident der dortigen Natur- und Landschaftsschutzkommission – allerdings in einer anderen Situation als Marco Vanetta. Anders als sein Kollege in Hedingen ist Schmuki erstens nicht Gemeinderat und damit nicht an die Haltung des Gesamtkollegiums gebunden, und zweitens lehnte der Gemeinderat Ottenbach die Einzelinitiative nicht ab, sondern erarbeitete einen Gegenvorschlag, der schliesslich eine Mehrheit fand.

Die Summe von 120000 Franken für die Jahre 2024 bis 2027 sei dabei nicht zufällig zustande gekommen, erklärt Schmuki: «Die Natur- und Landschaftsschutzkommission hat in Zusammenarbeit mit dem Initianten Reto Frischknecht und der Gemeinde bereits vor der Abstimmung konkrete Projekte ausgearbeitet und die Kosten ermittelt.»

Diese liegen nun bei jährlich 30000 Franken und umfassen drei Haupt­projekte: Hinter dem Gemeindehaus soll eine Art «Schaugarten» mit Info-Tafeln entstehen, der Gartenbesitzerinnen und -besitzern als Inspiration dienen soll. Dort soll es später auch begleitete ­Rundgänge geben. Zudem vergibt die Gemeinde 30 Garten-Beratungen an die Ottenbacher Bevölkerung. «Das Angebot ­findet Anklang», bestätigt Schmuki. Mehr als die Hälfte der Plätze sei bereits vergeben. Weiter hat die Natur- und Landschaftsschutzkommission eine kostenlose Pflanzenabgabe aufgegleist für Gartenbesitzerinnen und -besitzer, die ihre Flächen mit Pflanzen aufwerten wollen, die aus Biodiversitätssicht sinnvoll sind. Nach Ablauf der Kreditperiode soll eine Erfolgskontrolle zeigen, wie effektiv die Massnahmen waren.

Bonstetten: Budget um fast 40000 Franken aufgestockt

In Bonstetten wurde die Biodiversitätsinitiative, die für die Jahre 2024 bis 2027 insgesamt 200000 Franken gefordert hätte, abgelehnt. Die Stimmberechtigten folgten damit der Parole des Gemeinderats. Diese Empfehlung habe allerdings nichts mit fehlendem Bewusstsein für das Thema zu tun gehabt, betont Roger Schuhmacher, Ressortvorsteher Liegenschaften, Umwelt und Energie: «Zum Zeitpunkt, als die Einzelinitiative eingereicht wurde, hatte der Gemeinderat bereits den Entschluss gefasst, eine Fachgruppe Umweltschutz zu gründen, das Budget zu erhöhen und damit die Bemühungen in diesem Bereich zu intensivieren.» Ergeben hatte sich der Handlungsbedarf aus einer Umfrage, die der Gemeinderat Ende 2022 in der Bevölkerung durchgeführt hatte.

Für das Jahr 2024 stehen unter dem Posten «Arten- und Landschaftsschutz» 60800 Franken zur Verfügung. Das sind fast 40000 Franken mehr als in den Vorjahren 2020–23, als es durchschnittlich etwas mehr als 23000 Franken waren.

Die Zusammenarbeit mit der neu gegründeten Fachgruppe Umweltschutz funktioniere sehr gut, sagt Schuhmacher. Es werde darin viel Know-how gebündelt, um Projekte zu planen und diese dann für die Ausführung schwergewichtig an externe Dienstleister zu vergeben. So sei am Dorfplatz eine mobile Bepflanzung angedacht, samt Infoveranstaltung im Herbst. Weiteres sei in Entstehung; etwa Sensibilisierungsmassnahmen zum Thema «Tierfreundliche Gartenumgestaltung».

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