Auf der Suche nach Mut – und Glück
Alt Bundesrat Ueli Maurer als Gastredner bei der SVP Bezirk Affoltern in Hausen
Seit zwei Jahren ist der SVP-Politiker Ueli Maurer, alt Bundesrat, quasi im Ruhestand. Eigentlich. Doch seitdem ist er unermüdlich im ganzen Land unterwegs und hält politische Vorträge. Am Mittwoch ist er auf Einladung der SVP Bezirk Affoltern zu Gast im «Löwen» in Hausen. «Was treibt den 74-Jährigen aus Hinwil an?», ist die erste Frage an Maurer kurz vor seinem Auftritt im Saal im ersten Stock. «Die Politik entfremdet sich immer mehr von den Bürgern», sagt Maurer. «Ich versuche, die Leute zu motivieren, mehr am politischen Leben teilzunehmen, und ich möchte den Leuten erklären, was es bedeutet, dass wir mit der direkten Demokratie ein so besonderes politisches System haben.»
Langjährige Bekanntschaft
Oben im Festsaal wartet schon ein Teil der Säuliämtler SVP-Prominenz. Bezirkschef David Vogelsanger, der den Abend organisiert und Ueli Maurer dank langjähriger Bekanntschaft von einem Besuch in Hausen überzeugt hat, freut sich schon, flankiert von SVP-Kantonsrat Marc Bochsler. Um die 100 Gäste sind ebenfalls da. Das Bier oder das Glas Wein gibt es gratis. «Herr Maurer übernimmt die Rechnung», erklärt die freundliche Bedienung.
«Er ist einer von uns.» So führt Vogelsanger den früheren Bundesrat ein: «Darum schätzen wir ihn.» Maurer habe immer für die Rechte der Bürgerinnen und Bürger gekämpft. Er setzt sich immer noch für die Sache ein», auch wenn er «kein pflegeleichter Bundesrat» gewesen sei.
Etwa eine Stunde redet Maurer dann, ohne Manuskript, sichtlich routiniert. Schliesslich ist er seit seinem Abschied als Bundesrat nach eigenen Angaben etwa zweimal in der Woche an derartigen Veranstaltungen. «Es war immer der Zweck des Staates, die Freiheit der Bürger zu garantieren», sagt er. Schon der Bundesbrief sei ein solcher Freiheitsbrief gewesen. Und auch die Geschichte von Wilhelm Tell zeige dies. «Ob es wirklich so angelaufen ist», räumt er ein, wisse man ja nicht. Aber das spiele auch keine Rolle. «Es geht um die Botschaft an sich.» Und die laute: «Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit, das Geheimnis der Freiheit ist der Mut. Denn jeden Tag muss die Freiheit verteidigt werden.»
Apropos Freiheit verteidigen: Der ehemalige Verteidigungsminister (2009 bis 2015) gab dem frischgewählten Bundesrat Martin Pfister aus dem südlichen Nachbarkanton – ohne ihn zu nennen – gleich ein paar Ratschläge mit auf seinem Weg in den neuen Job: Er müsse die Frage beantworten können, für was sich die Armee aufstellen solle. «Was ist der Auftrag der Armee?» Jeder Schweizer müsse sich fragen, ob er bereit sei, für sein Land zu kämpfen. «Militärdienst heisst: notfalls für das eigene Land einzustehen.» Dafür müsse auch mehr Geld bereitgestellt werden: «Selbstverständlich braucht das Militär mehr Geld. Die Armee braucht andere Waffen.» Die Verteidigungsfähigkeit sei auch eine Frage des Selbstverständnisses der Schweiz.
Kann die Schweiz dement werden?
Ein Dauerbrenner in Maurers politischem Leben ist die Migration. «Unsere Partei hat das Thema schon vor 25 Jahren aufgenommen», erinnert er die Gäste im Saal. An drastischen Worten fehlt es dabei auch heute Abend nicht. Der stete Zuzug von «morgenländischen Kulturen» verändere mit der Zeit die kulturelle Identität der Schweiz: «Auch ein Land kann dement werden», warnt er. «Dann könnte man vergessen, woher man komme.» 15 Jahre gebe er der Schweiz noch. Dann sei das Land dement: «Alles ist auf der schiefen Ebene.» Es sei denn, die Bürger bewiesen Mut. Mut, ihre Meinung zu sagen – auch gegen Widerstand, Mut, für die Freiheit einzustehen und Mut, Ja zur Neutralität zu sagen. Die sei das Gütesiegel der Schweiz. «Die Welt braucht ein kleines Land, das neutral ist.» Mut, zu all diesen Themen zu stehen, sei «ganz wichtig in diesen Jahren». Ein anderes Thema, das im Knonauer Amt bewegt, ist die Windkraft. Im Foyer des Festsaals sammeln Windkraftgegner Unterschriften. Im Saal macht der Politiker Stimmung gegen Windräder: «Wir sind kein Windkraftland», so Maurer. «Windstrom ist der teuerste Strom, abgesehen von den Umweltschäden», ergänzt Maurer unter Beifall.
Heimfahrt im zweiten Gang
Das Publikum applaudiert kräftig und diskutiert im Anschluss rege untereinander, aber auch mit Vogelsanger und Maurer. Dann macht sich der alt Bundesrat auf den etwa einstündigen Heimweg. Der sollte hoffentlich nicht so lange dauern, wie eine andere Autofahrt Maurers vom Knonauer Amt nach Hause von vor etwa 25 Jahren. An die erinnere er sich noch besonders gut, erzählt er. Damals sei eine Schaltstange seines Autos gebrochen gewesen. Er habe nur noch im zweiten Gang drei Stunden lang heimrattern können. «Ich hoffe, es geht heute besser», wünscht er sich selbst.