Das Personal des Hotels Oktogon erhebt schwere Vorwürfe

Ausstehende Löhne, nicht korrekt abgerechnete Sozialabgaben, ein Missmanagement und viele leere Versprechungen: Das sind nur einige der Vorwürfe, die das Personal gegen die Firma Oktogon Gastro AG erhebt. Der Verwaltungsratspräsident rechtfertigt sich damit, dass Fehleinschätzungen und ungewöhnliche Pechsträhnen passiert sind.

Sie besprechen wie es weitergehen soll: Vier ehemalige Angestellte des Hotels Oktogon fühlen sich alleine gelassen.Zulange auf das Prinzip Hoffnung gebaut: Urs Furrer, VR-Präsident des Hotels Oktogon. (Bilder Martin Mullis)

Sie besprechen wie es weitergehen soll: Vier ehemalige Angestellte des Hotels Oktogon fühlen sich alleine gelassen.Zulange auf das Prinzip Hoffnung gebaut: Urs Furrer, VR-Präsident des Hotels Oktogon. (Bilder Martin Mullis)

Die Ziele der Oktogon Gastro AG waren edelmütig. Im Handelsregistereintrag plante sie vor vier Jahren nebst dem Betrieb eines Gastrounternehmens auch Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen zu schaffen. Geblieben ist ein einziger Scherbenhaufen.

Mitte August sah sich der Verwaltungsrat der Oktogon Gastro AG in Bonstetten gezwungen, infolge Zahlungsunfähigkeit die Bilanz zu deponieren. Der Konkurs des im Herbst 2009 eröffneten Hotels Oktogon kam für Insider nicht allzu überraschend. Als hauptsächliche Gründe werden von verschiedenen Stimmen ein mangelhaftes Betriebskonzept, eine schwache Betriebsführung, die hohen Personalkosten und Misswirtschaft in einigen wichtigen Bereichen genannt. Tatsache ist jedenfalls, dass zu lange und mit einer gewissen Sorglosigkeit seitens des Managements mit einem rigorosen Eingreifen gewartet wurde. Als Leidtragende der unternehmerischen Tragödie steht an erster Stelle das Personal. Der «Anzeiger» sprach mit einigen Angestellten aus den Bereichen Rezeption, Service, Bar und Küche.

Rund 20 Angestellte wurden per sofort entlassen. Etwa die Hälfte davon hat sich nun zu einer Gruppe zusammengeschlossen und will, eventuell auch mit gewerkschaftlicher Hilfe, mindestens für ihre Lohnrückstände kämpfen.

Wein im Keller, aber nicht auf der Weinkarte

Sie klagen, dass seit über einem Jahr kein Chef mehr angestellt gewesen war. Niemand hätte Verantwortung übernommen, und entsprechend unprofessionell sei natürlich auch der Betrieb geführt worden. Seit gut 12 Monaten sei auch kein gelernter Küchenchef mehr angestellt gewesen. Dass für das Restaurant kistenweise Wein bestellt und im Keller gelagert wurde, welcher jedoch auf der Weinkarte gar nicht aufgeführt war, erzählt eine Serviceangestellte lediglich als weiteres Müsterchen der fast unglaublichen Misswirtschaft.

Die Entlassenen stehen vor dem Nichts, warten auf die letzten zwei Monatslöhne und haben sich beim RAV angemeldet. Sie fühlen sich allein gelassen. Es wurde ihnen «Knall auf Fall» gekündigt und keine Gespräche über Mithilfe bei der Arbeitssuche oder Vermittlungen geführt. Eine alleinerziehende Mutter befindet sich in einer ziemlich verzweifelten Situation. Ihr wurde am Telefon mitgeteilt, dass sie infolge der Pleite nicht mehr zur Arbeit erscheinen müsse. Der Umstand, dass sie in den letzten zwei Monaten nicht nur den Lohn nicht erhalten habe, sondern auch auf die Kinderzulage verzichten musste, findet sie eine Schweinerei. Die Sozialabgaben wurden auf den Abrechnungen der letzten zwei ausstehenden Monatslöhne zwar abgezogen, jedoch den entsprechenden Kassen (noch) nicht vergütet, dies hätte ihr in einem Gespräch der Verwaltungsratspräsident persönlich bestätigt, weiss eine der arbeitslosen Frauen.

Kapitale Fehler

Verwaltungsratspräsident Urs Furrer stellte sich diesen doch recht happigen Vorwürfen bei einem Gespräch mit dem «Anzeiger». Er will absolut nichts beschönigen und gesteht einige Fehler ein. Insbesondere seien bei der Personalführung zum Teil kapitale Fehler passiert. Zu Beginn des Betriebes habe zwar ein klares Führungstrio bestanden. Nach Kündigungen und Streitereien wurde die Führung dann aber gewechselt. Die nachfolgenden Vorgesetzten seien entweder Fehlbesetzungen gewesen oder hätten sich im Betrieb nicht wohlgefühlt. Das Fehlen eines durchsetzungsfähigen Chefs habe dann teilweise zu grosszügig aufgeschriebenen Überstunden, ja sogar zu einigen Unregelmässigkeiten geführt. Leider habe er viel zu lange auf das Prinzip «Die Hoffnung stirbt zuletzt» gesetzt und viel zulange zugewartet, um einen Schlussstrich zu ziehen. Vehement bestreitet er aber, das Personal allein gelassen zu haben. Sowohl mündlich wie schriftlich habe er transparent informiert, dass mit einer Schliessung des Betriebes gerechnet werden müsse. Die entsprechenden Papiere und Formulare für das RAV habe er minutiös für alle Angestellten vorbereitet und am Schliessungstag auch abgegeben. Von einem RAV-Leiter sei er deswegen sogar ausdrücklich gelobt worden.

Private Darlehen desVerwaltungsratspräsidenten

Als Überbrückung habe er einigen Angestellten aus seinem Privatvermögen auch Darlehen gewährt. Die Abrechnungen der Sozialabgaben würden nicht monatlich gemacht, die Zahlungen seien selbstverständlich in Vorbereitung und hätten mit der Betriebsschliessung absolut nichts zu tun, hält der VR-Präsident fest. Dass er die Kinderzulage im letzten noch nicht ausgerichteten Lohn nicht separat auszahlen konnte, liege an der Kompliziertheit der Lohnabrechnungen. Der Aufwand für die Trennung eines relativ kleinen Betrages wäre schlicht unverhältnismässig gewesen.

Abschliessend hält Urs Furrer fest, dass sowohl das Konzept als auch die Personalkosten hauptsächlich schuld am Scheitern gewesen seien.

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