«Den Antrag könnt ihr euch sparen!»
Am vergangenen Montag fand die ausserordentliche Schulgemeindeversammlung der Sek Affoltern/Aeugst statt. Erneut wurde um den Steuerfuss gestritten – mit besserem Ende für die Schulpflege

Für die ausserordentliche Sekundarschulgemeindeversammlung vom Montagabend hatte die Schulpflege vom Bezirksrat den Auftrag gefasst, für das Jahr 2025 ein neues Budget mit 19-prozentigem Steuerfuss zu präsentieren. 194 Stimmberechtigte aus Affoltern und Aeugst strömten in die Aula Ennetgraben. Nicht dabei sein konnte indes der Schulpräsident Urs Bregenzer, dies aufgrund eines Unfalls. Seine Stellvertreterin Melanie Wälter rekapitulierte nochmals die Geschehnisse und übergab das Wort an Finanzvorstand Christian Steiner, der durch die Zahlen führte und dabei auch den angepassten Finanz- und Ausgabenplan erläuterte. Dort war ersichtlich, welche Investitionen noch auf die Sekundarschule Affoltern/Aeugst zukommen: Zu den grössten Ausgaben bis 2028 zählen die Projektierung für die Erweiterung des Schulraums (1,5 Millionen Franken), die Sanierung des Roten Platzes und der Schliessanlage (580 000 Franken) oder Ausgaben für Mobiliar, Geräte und ICT (460 000 Franken). Nach 2028 wartet dann noch ein deutlich happigerer Brocken: Für das neue Schulhaus werden rund 30 Millionen Franken fällig.
Auch das überarbeitete Budget wurde präsentiert. «Ich sehe mich in der Pflicht, Sie darauf hinzuweisen, dass wir in Zukunft nicht mehr die gleiche Qualität bieten können», sagte Christian Steiner im Hinblick auf diverse Kürzungen, die der Steuerfuss von 19 Prozent im Budget erforderlich macht.
Antrag auf erhöhten Steuerfuss
Nach einer kurzen Stellungnahme der RPK war die Diskussionsrunde eröffnet. Sie nahm rasch Fahrt auf: Sogleich meldete sich die erste Votantin und beantragte, den Steuerfuss auf 21 Prozent anzuheben (was die Schule im Dezember ursprünglich beantragt hatte). «Unsere Jugend hat Qualität verdient», meinte sie. Ihr Nachredner schlug in dieselbe Kerbe: Er vermutete hinter dem Antrag von alt Stadtpräsident Clemens Grötsch im vergangenen Dezember eine «konzertierte Aktion der rechten Parteien zum Schaden der Gemeinde und auf dem Rücken der Kinder». Die Stadt und die Schule auf diesem Weg zum Sparen zu zwingen, sei «egoistisch und kurzsichtig». «Dieses infantile Vorgehen ist schlicht peinlich», las er von seinem Notizzettel ab. «Ich hoffe, dass wir heute ein Budget hinkriegen.» Dafür gab es Applaus, den Melanie Wälter bat, zu unterlassen.
Weitere Votanten ergriffen das Wort und machten sich für die Erhöhung des Steuerfusses auf 21 Prozent stark; einer davon war Ruedi Müller, alt Gemeindepräsident von Aeugst und FDP-Mitglied, der sich zugleich vom Verdacht seines Vorredners distanzierte, der Antrag von Grötsch sei eine orchestrierte Parteien-Aktion von Mitte, FDP und SVP gewesen.
Gejammer «bis an Bach abä»
Der Rückhalt, der sich im Saal für den höheren Steuerfuss abzeichnete, passte nicht allen. «Es ist ja möglich, dass so viele Anträge gestellt werden auf Steuerfusserhöhung», konterte nun Clemens Grötsch, «aber es bleibt bei 19 Prozent. Das hat der Statthalter so entschieden.»
Er interpretierte den Bezirksratsentscheid dahin gehend, dass der Steuerfuss von 19 Prozent bereits verbindliche Sache wäre und wirkte ob der neusten Entwicklungen leicht gereizt: «Den Antrag könnt ihr euch sparen!», rief er und wedelte mit seinem Sichtmäppchen.
Wie war denn nun der Bezirksratsentscheid zu interpretieren? Ein weiterer Votant wusste Rat: Er habe die Rechtslage bei Statthalter Claude Schmidt abgeklärt. Dieser habe ihm bestätigt, dass neue Anträge, also etwa ein solcher für 21 Prozent, zulässig seien.
Ein kurzes Raunen ging durch den Saal. Und in ebendieses Raunen mischten sich nun die Argumente von Reto Camenisch, der nicht nur räumlich, sondern auch inhaltlich an der Seite von Clemens Grötsch argumentierte: Er ortete die Tendenz, nach den Fehlern vom 2. Dezember, die den Bezirksratsentscheid nach sich zogen, wieder in das gleiche «huerä Schlamassel» zu kommen. «Ich habe diese Unprofessionalität langsam satt!», wetterte er und zeigte wenig Verständnis, dass wegen der zur Diskussion stehenden 90 000 Franken «bis an Bach abä» gejammert werde. Auch in seinen Augen war der Bezirksratsentscheid eine verbindliche Weisung zugunsten eines Steuerfusses von 19 Prozent. «Wir haben es SCHRIFTLICH!», rief er und drohte den nächsten Stimmrechtsrekurs an für den Fall, dass die Versammlung tatsächlich über den Steuerfuss von 21 Prozent abstimmen sollte.
Es gab auch versöhnlichere Voten. Darunter war etwa der Vorschlag, den Steuerfuss im Sinne eines Kompromisses auf 20 Prozent festzusetzen, um einem Notbudget zu entgehen. «Wir sind dazu nicht befugt», entgegnete Melanie Wälter. Der Antrag der Sekundarschulpflege habe auf 19 Prozent zu lauten.
Ein weiterer Votant, der es sich an jenem Abend nicht nehmen liess, dreimal seine Gedanken in den Saal zu tragen, nutzte dann noch ein Zitat des Schriftstellers Theodor Fontane für seine Zwecke: «Eine richtige Sparsamkeit vergisst nie, dass nicht immer gespart werden kann; wer immer sparen will, der ist verloren, auch moralisch.»
Deutliches Ja zu 21 Prozent
Und dann war der Diskussionsteil geschafft. Die Versammlung mehrte zunächst die beiden Steuerfüsse gegeneinander aus: Der Antrag der Schulpflege auf 19 Prozent erhielt 47 Stimmen, der Antrag auf 21 Prozent 129. In der Schlussabstimmung wurden das Budget 2025 und auch der Steuerfuss von 21 Prozent mit grosser Mehrheit angenommen.
Noch bevor Melanie Wälter die Versammlung offiziell schliessen konnte, verliessen Clemens Grötsch und Reto Camenisch den Saal. Währenddessen rief Heinz Bollinger, der bereits den Rekurs im Dezember verantwortet hatte: «Ich erhebe Einsprache.» Später teilte er der Redaktion mit, davon abzusehen. Doch auch einen anderen Teilnehmer im Saal sah man die Folie mit der Rechtsmittelbelehrung fotografieren. Affaire à suivre.
PS: Einen Apéro gab es nicht. Warum? Kein Geld.