Der Funken der «Wunderübung» hat auch in Affoltern gezündet
In der Galerie Märtplatz zeigte das Theatertrio Zapzarap ein bemerkenswertes Stück Schauspielkunst
Die Atmosphäre stimmt am vergangenen Freitagabend im kleinen, aber feinen Theatersaal der Galerie Märtplatz. Ein erwartungsfrohes Publikum hat sich eingefunden und unterhält sich angeregt. Bestimmt wird auch da und dort diskutiert, auf welche Weise man es denn nun schaffen soll, dem gefühlt schon tausendfach in Bühnenstücken abgearbeiteten Thema Paarbeziehung neue (humoristische) Seiten abzugewinnen. «Sie werden es auf keinen Fall bereuen, hier hergekommen zu sein», verspricht der für das Bühnenprogramm verantwortliche Veranstalter Felix Küng in seinen Begrüssungsworten. Die Theatertruppe Zapzarap beeindrucke nämlich nicht «nur» mit ihrer Schauspielkunst, sondern auch mit einer hochkarätigen Musikalität. Das Trio sei im Februar 2020 bereits mit seinem Stück «Hohenstein» in Affoltern aufgetreten, jedoch unter ganz anderen Vorzeichen: «Damals ging es um Menschen, die sich quasi eingemauert haben angesichts ihres Schicksals, heute haben wir ein Paar auf der Bühne, das etwas verändern will mit seiner Ehe, die disfunktional ist.»
Während man aus dem Publikum noch leise dahingeraunt vernimmt, welch treffendes Wort «disfunktional» doch sei, erscheinen die von einem augenscheinlich kräftezehrenden Ehekampf gezeichneten Protagonisten auf den Brettern, die sprichwörtlich die Welt bedeuten. Begleitet werden sie von einem Paartherapeuten, der die bedingt dankbare Aufgabe hat, ihre verfahrene Beziehung wieder ins Lot zu bringen. Wird er eine Chance haben, fragt man sich bange, denn ausser ein paar bissigen Gehässigkeiten findet zwischen den Eheleuten offenbar keine Kommunikation mehr statt. Erst mal ist es nun aber Zeit für ein Lied, dessen Textzeilen «Liebe ist ein kurzes Lied, das man in die Länge zieht – alles fängt doch damit an, dass es endet irgendwann» einer Kapitulation beim Thema Romantik gleichkommen.
Überraschende Wende nach der Pause
Allen schlechten Vorzeichen zum Trotz soll im weiteren Verlauf erarbeitet werden, an welchen Stellschrauben zu drehen ist, um den beiden Leidgeprüften wieder einen Zugang zum jeweils anderen zu ermöglichen. Ist der Ehemann nun ein Meister im Vereinfachen von komplexen Dingen, die Ehefrau empfindsam oder aber empfindlich, solcherlei Dinge gilt es abzuwägen. Bizarr-komische Szenen entstehen etwa, als sich Marion Mühlebach und Jan Hubacher in ihren Rollen als heillos zerstrittene Eheleute in der «Therapie» gegenübersitzen und der am Ende seines Lateins angelangte, von Giuseppe Spina exzellent verkörperte Therapeut ob seines geringen Erfolgs fast verzweifelt. Die von seiner Klientel gestammelte Entschuldigung «Verzeihung, Herr Doktor, wir haben im Moment nicht die beste Phase» muss wahrlich wie ein Hohn für ihn klingen. Genervt schickt der Fachmann die renitente Kundschaft in die Pause, die auch von der Zuschauerschaft genutzt wird, um darüber zu mutmassen, wie das denn nun noch weitergehen solle.
Tatsächlich beginnt die vom Verfasser dieser Komödie, dem österreichischen Autoren Daniel Glattauer, genial gestrickte Wendung unmittelbar nach der Pause. Ungläubig wird das Affoltemer Publikum Zeuge von völlig veränderten Verhältnissen, mit denen man in keinster Weise gerechnet hat und die dem Stück den entscheidenden «Kick» geben. Ob die Beziehung am Schluss gerettet wird, lassen wir hier selbstverständlich offen, auf jeden Fall aber geht das Publikum amüsiert und angetan von der schauspielerischen und musikalischen Leistung aus dem Saal. «Ich lese immer sehr viele Besprechungen von solchen Bühnenstücken in der Zeitung, und was mir besonders geeignet für unser Kleintheater (oder auch einen grösseren Saal) erscheint, das schaue ich mir dann jeweils selbst an», erklärt Veranstalter Felix Küng nach der Aufführung. Ungefähr eine von drei Produktionen wähle er dann im Durchschnitt aus. «Wie viele Leute sich für einen Stoff interessieren könnten, das ist oftmals schwer abzuschätzen», so der Programmverantwortliche. Bis zum Mittag habe es diesmal wirklich schwierig ausgesehen mit der Auslastung, nun habe man aber doch mehr als fünfzig von achtzig Plätzen verkauft. Zu Recht, findet auch Irene Scheurer, Co-Präsidentin von KulturAffoltern. «Ich fand es toll, unglaublich vielseitig, und auch musikalisch sehr beeindruckend», konstatiert sie.