Der Wohnraum wird auch im Säuliamt immer knapper
Mit 184 leeren Wohneinheiten stehen 2023 nur 0,71 Prozent der Wohnungen im Amt leer

Die Anzahl leerer Wohneinheiten wird hauptsächlich von der Bautätigkeit beeinflusst. Wenn kein Bauland zur Verfügung steht oder nicht gebaut wird, kommt es auch nicht zu Leerständen, die in wirtschaftlich prosperierenden Zeiten meistens bei grösseren Neubauten entstehen. In Maschwanden stand zum Zeitpunkt der Erhebung der Statistik, am 1. Juli, beispielsweise keine einzige Wohneinheit leer, weder für Kauf noch Miete. In Stallikon waren es hingegen 32 Wohneinheiten, respektive 1,86 Prozent – Rekord im Knonauer Amt.
In den letzten zehn Jahren gehörte das Knonauer Amt zu jenen Zürcher Regionen mit dynamischem Wohnmarkt. Mit dem Rückgang der Leerwohnungsziffer von 1,82 Prozent im Jahr 2018 auf 0,71 Prozent 2023 gleicht sich die Leerstandsquote jedoch den anderen Regionen an. Im Vergleich zur Stadt Zürich, wo 0,06 Prozent der Wohnungen leer stehen, oder Winterthur, mit 0,19 Prozent ist der Markt jedoch immer noch vorhanden. Mit 3,53 Prozent stehen in Wallisellen am meisten Wohnungen leer.
«Wirtschafts- und Bevölkerungs-wachstum gehören zusammen»
Daniel Eugster, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Affoltemer Intus AG, die Immobilien- und Treuhanddienstleistungen anbietet, ordnet die aktuellen Entwicklungen ein: «Der im Kanton Zürich seit 2014 bestehende Richtplan, welcher als Folge der 2012 angenommenen Kulturlandinitiative erarbeitet wurde, sieht eine innere Verdichtung statt neuer Bauzonen vor. Damit wurde das Siedlungsgebiet im Kanton Zürich gegenüber 1995 um 132 Hektaren reduziert. Einzonungen erfolgten im Kanton Zürich bis Ende 2020 keine mehr, da der Kanton es innert der fünfjährigen Frist nicht schaffte, die Regelung für den Mehrwertausgleich zu erarbeiten. Seit 1. Januar 2021 darf der Kanton wieder Bauland einzonen. Damit ist eine Verzögerung bei den möglichen Einzonungen entstanden; wobei nach wie vor in den Gemeinden aufgrund des Verdichtungswillens nur restriktiv eingezont werden kann. Innerhalb der Bauzonen gibt es beispielsweise in Affoltern noch grosse Wohnprojekte, wie den Brauipark und das Schönbächler-Areal, wo gesamthaft rund 250 Wohnungen entstehen. Da der Kanton Zürich und der Kanton Zug Wirtschaftsmotoren sind, wächst der Siedlungsdruck besonders auch im Knonauer Amt. Denn Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum gehören zusammen. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass trotz reger Bautätigkeit jeglicher neue Wohnraum vom Markt aufgesogen wird.»
Das Säuliamt war lange landwirtschaftlich geprägt
Das Knonauer Amt hat sich seit den 1950er-Jahren von einer landwirtschaftlich geprägten Region zum Einzugsgebiet der Städte Zürich und Zug entwickelt. Trotzdem zog es primär Familien ins Knonauer Amt, die sich den Traum eines Einfamilienhauses verwirklichen konnten. Dies hat zu einer kleinräumigen Struktur der Bauten geführt. Viele Parzellen sind nicht mehr als 600 bis 1200 Quadratmeter gross. Aufgrund der in den meisten Gemeinden erhöhten Ausnützungs-, Baumassen- oder Überbauungsziffer kann nach einem Rückbau von solchen Bauten ein Mehrfamilienhaus für zwei bis vier Parteien realisiert werden.
Da Verdichtung bei Einfamilienhäusern jedoch primär in Verbindung mit Erbfolgen entsteht, findet diese Art von Verdichtung in den Säuliämtler Gemeinden nur sehr langsam statt. Daniel Eugster: «Verdichtung wird auch in Einfamilienhäuser-Quartieren erfolgen – beispielsweise an Hanglagen. Dies wird immer mehr passieren, da Liegenschaften im Rahmen der Erbteilung finanziell oft nicht von einzelnen Erben übernommen werden können und deshalb veräussert werden. Die Käufer bauen deshalb bestehende Einfamilienhäuser zurück und erstellen als Ersatz Mehrfamilienhäuser. Es ist dann beispielsweise auch möglich, dass die Erbengemeinschaft eine Wohnung oder mehrere Wohnungen im Eigentum zurücknehmen kann.»
Aufgrund der langsam fortschreitenden Verdichtung und der Absenz neuer Bauflächen wird sich die Wohnraumsituation auch im Knonauer Amt noch weiter verknappen. Dies führt bereits jetzt dazu, dass viele Familien sich im nahegelegenen Freiamt Einfamilienhäuser bauen, da dies dort noch erschwinglicher ist. Auch Mieterinnen und Mieter der tieferen Einkommensklassen werden immer mehr ins Aargau verdrängt. Die Folge davon ist, dass die Arbeitswege länger werden und oft keine guten öffentlichen Verkehrsverbindungen bestehen, da gerade schlecht erschlossener Wohnraum besonders günstig ist.
Rekurse gegen Bauprojekte sind in der Schweiz einfach
Weitere Faktoren für den Rückgang der Bautätigkeit sind Einsprachen und die Zinsentwicklung. Die Schweiz kennt einen umfassenden Konsumentenschutz. Wenn beispielsweise die Lärmschutzstufe einer Bauzone nicht für alle Wohnungen gewährleistet werden kann, können Anwohnende Rekurs gegen ein Bauprojekt einlegen, auch wenn sie nicht vom Lärm betroffen sind. Daniel Eugster: «Es gibt immer wieder Fälle, die ohne Aussicht auf Erfolg sind, die Leute aber trotzdem rekurrieren, um ein Neubauprojekt einige Jahre hinauszuzögern. Dies kostet zwar Geld, aber man kann seine Aussicht noch etwas länger behalten.»
Die Zinsentwicklung wirkt sich dahingehend aus, dass die Hypothekarzinsen stark gestiegen sind. Wer Mietwohnungen baut und auf grössere Summen von der Bank angewiesen ist, merkt schnell, dass die höheren Zinsen einen Grossteil der Rendite auffressen. Deshalb entstehen momentan weniger Überbauungen mit Mietwohnungen.
«Uferloses Einzonen ist keine Lösung»
Eine Entspannung des Immobilienmarktes würde ein besseres Spielen des Marktes voraussetzen. Dafür bräuchte es mehr Bauland, einfachere Bewilligungsverfahren, weniger Einsprachemöglichkeiten, konsequentere Verhinderung von Mietwucher und günstigeres Geld. «Wenn beispielsweise eingezont würde, jedoch nicht an den anderen Hebeln gedreht wird und nach wie vor ein Verkäufer- oder Vermietermarkt besteht, würden Investoren wohl einfach mehr verdienen, da die Gewinne nicht an die Wohnenden weitergegeben würden. Uferloses Einzonen kann deshalb nicht die Lösung sein.
Eine gewisse Entspannung, nicht unbedingt beim Preisniveau, aber für das Angebot, kann möglich sein, wenn an guten, erschlossenen und zentralen Lagen in der Nähe von Bahnhöfen – beispielsweise in Hedingen, Affoltern oder Mettmenstetten – Gewerbe- und Industriezonen in Mischzonen mit grösserem Wohnanteil oder Wohnzonen umgewandelt würden. Als Ersatz könnte naheliegendes Kulturland punktuell für die Erstellung von Gewerbe- und Industriebetrieben eingezont werden», erklärt Daniel Eugster.