«Ein gutes Beziehungsnetz hilft»
Fortsetzung von Seite 1: Wie stellt sich die Lage in den Gemeinden im Bezirk dar?

«Ich bin mit diesem Thema mittlerweile fast täglich beschäftigt», sagt Remo Buob. Der stellvertretende Gemeindeschreiber von Wettswil ist quasi ein «Wohnungsmanager». 85 Personen (bei einer Quote von 1,6 Prozent) sollte Wettswil aufnehmen, derzeit ist man bei zirka 80. «Dank einem guten Beziehungsnetz können wir immer wieder Wohnungen anmieten», erzählt Buob. Darunter auch bezahlbare. Denn eines der grössten Probleme bei der Unterbringung von Flüchtlingen sei neben der Sprachbarriere der teure Wohnraum. Buob unterstützt mit seinem Team die zuständigen Sozialdienste und kümmert sich neben der Wohnungssuche auch darum, dass Flüchtlinge oder Schutzsuchende, wenn immer möglich, eine Arbeit finden: «Denn das Ziel ist es ja, dass die Personen spätestens nach sieben Jahren ihren Lebensunterhalt selber verdienen können und aus der Quote fallen.» Buob beobachtet zwar, dass sich einige Arbeitgeber scheuen, der deutschen Sprache nicht mächtige Personen anzustellen. «Oft haben wir es aber schon geschafft, dass wir diese Arbeitgeber dann überzeugen konnten.» Die Integration laufe in den Gemeinden und auch in Wettswil an sich recht gut. «Wir versuchen einfach, das mit vereinten Kräften zu stemmen», so Buob.
Grosse Solidarität
In Ottenbach ist Ronald Alder für diese Fragen zuständig. Die Gemeinde sollte 47 Personen unterbringen, 37 sind es derzeit. «Wir haben hier in Ottenbach Glück. Glück in dem Sinn, dass die Solidarität hier sehr gross ist», sagt der Gemeinderat.
Gemeinderätin Marylise Schiesser berichtet aus Mettmenstetten: «Die Gemeinde muss aufgrund der neuesten Quotenerhöhung 18 zusätzliche Flüchtlinge aufnehmen. Dank grosszügiger privater Personen konnten wir eine grössere Unterkunft bereits Anfang 2024 beziehen, dazu werden demnächst noch kleinere Wohnungen hinzukommen. Für diese Unterstützung aus der Bevölkerung sind wir sehr dankbar.» Die ersten, zusätzlichen Flüchtlinge konnten bereits vor dem 1. Juli in Mettmenstetten einziehen. «Mittlerweile fehlen nur noch zehn Personen in unserem Kontingent, für welche wir knapp ausreichende Plätze haben. Für Unvorhergesehenes haben wir noch eine eigene Notunterkunft», so Schiesser.
Monika Rohr, Sozialvorsteherin in Stallikon, schreibt: «Bei einer Soll-Quote von 1,6 Prozent konnte Stallikon Stand heute lediglich 1,42 Prozent erfüllen. Uns fehlt somit für sieben Personen Wohnraum. Allerdings sind wir ständig dran, uns auf Mietangebote zu bewerben, wir bekommen jedoch viele Absagen.» Man habe derzeit ein Objekt, das ziemlich vielversprechend aussieht – «dann könnten wir zwei bis drei Personen unterbringen», so Monika Rohr.
Komplex stellt sich die Lage in Hedingen dar: «Für Hedingen bedeutete diese neuerliche Quotenerhöhung auf 1,6 Prozent, dass wir ab 1. Juli von 1,3 Prozent – was 50 Flüchtlingen entspricht – 63 Flüchtlinge unterbringen mussten», berichtet Gemeindeschreiberin Suzana Sturzenegger. Erschwerend sei hinzugekommen, dass zehn Flüchtlinge in Hedingen im April 2024 einen Statuswechsel erfahren haben. «Diese zehn Flüchtlinge sind aus dem Kontingent ausgeschieden und haben keinen Flüchtlingsstatus mehr. Demnach mussten wir ab 1. Juli zusätzlich 23 Flüchtlinge unterbringen», so die Gemeindeschreiberin. Zwischen dem 10. und dem 14. Juni habe man 17 Flüchtlinge in verschiedenen angemieteten und gemeindeeigenen Liegenschaften untergebracht. Ihr Fazit: «Wir haben unser Kontingent noch nicht ganz erfüllt. Und es bleibt eine enorme Herausforderung.» Sie meint: «Einen weiteren Quotenanstieg könnten wir mit den bestehenden Ressourcen nicht mehr bewältigen.»
Die Spitze ist bewältigt
In Bonstetten zeigt man sich zufrieden: «Die Spitze des Asylansturmes konnten wir bereits bewältigen, denn mit dem Nachzug von drei Flüchtlingen an die Dorfstrasse 21, dem Einzug von 19 Flüchtlingen in die Militärunterkunft und der fünfköpfigen Familie in die uns vermachte Wohnung im Hofwies sind wir gut auf Kurs», teilt Gemeindeschreiber Christof Wicky mit. Und: «Zudem konnten wir eine weitere Wohnung anmieten und werden diese ebenfalls mit fünf Flüchtlingen besetzen können. Somit konnten wir innert beachtlicher Zeit 32 Flüchtlinge aufnehmen», freut sich Wicky.
Gute News auch aus Rifferswil: «Rifferswil hat bereits im März vier zusätzliche Personen aufgenommen, da wir frühzeitig eine zusätzliche Wohnung anmieten konnten. Wir erfüllen damit unser Kontingent und sind sogar leicht darüber», so Gemeindeschreiberin Laura Molleman.
Zufrieden zeigt man sich auch in Aeugst: «Wir konnten auch mit der Quotenerhöhung alle Personen aus dem Asylbereich, die der Gemeinde zugewiesen wurden, unterbringen», sagt Vit Styrsky. Der Gemeindeschreiber erklärte weiter: «Die Mehrheit der Asylsuchenden wohnt in gemeindeeigenen Liegenschaften. Ein kleiner Teil wohnt bei privaten Personen. Mit der neuen Quote von 1,6 Prozent muss die Gemeinde Aeugst am Albis 32 Personen unterbringen.»
Gut läuft es auch in Obfelden: «Mit der Erhöhung der Aufnahmequote von Asylsuchenden wurde die politische Gemeinde Obfelden verpflichtet, zusätzlich 24 Personen aufzunehmen. Diese Personen konnten in eigenen Wohneinheiten sowie einer angemieteten Liegenschaft innerhalb des geforderten Zeitrahmens gut untergebracht werden», berichtet Thomas Frick, der bei der Gemeinde für Immobilien zuständig ist.
In Kappel stellt sich die Lage wie folgt dar: «Hier leben seit Anfang dieses Jahres 20 Geflüchtete. Aufgrund der Erhöhung der Quote müsste die Gemeinde 21 Geflüchtete aufnehmen. Zurzeit steht noch eine Gemeindewohnung frei, welche in nächster Zeit von Asylsuchenden bezogen werden kann. Die Gemeinde hat somit ihre Quote erfüllt», teilt Gemeindeschreiberin Daniela Rieder mit.
Die neue Aufnahmequote bedeutet für Hausen 62 Personen. Das ist ein Plus von sieben Personen. «Wir haben die neue Quote knapp erreicht, alles durch Zumietung von Wohnungen. Sorgen bereitet, dass allenfalls bald eine weitere Erhöhung der Quote erfolgen könnte oder untergebrachte Personen aus dem Asylstatus fallen, ohne dass deren Unterkünfte frei werden. So müssen wir versuchen, weitere Wohnungen zuzumieten, obwohl der Markt recht ausgetrocknet ist», berichtet Gemeindeschreiber Christoph Rohner.
Es gibt auch Rückkehrer
Auch in Maschwanden sind die Verantwortlichen mit den Flüchtlingen beschäftigt: «Bei uns sind drei Personen bei Privaten untergebracht und drei weitere Personen in der gemeindeeigenen Wohnung neben dem Gemeindehaus. Bis vor Kurzem wurde diese Wohnung durch vier Personen bewohnt. Die eine Person hat sich im Mai entschieden, in die Ukraine zurückzukehren. Aktuell erfüllen wir deshalb die Quote nicht vollumfänglich», so Chantal Nitschké, Gemeindeschreiberin.
Unklar ist die Situation derzeit noch in der Stadt Affoltern: «Der Aufnahmequote der Stadt Affoltern werden die Personen im Lilienberg angerechnet. Die anrechenbare Zahl des Lilienbergs wurde durch den Kanton noch nicht abschliessend festgelegt. Wir gehen aber davon aus, dass wir das neue Kontingent noch nicht erfüllen, und sind deshalb laufend auf der Suche nach günstigem Wohnraum», schreibt Stadtschreiber Stefan Trottmann.
Der Leiter des Sozialdienstes Bezirk Affoltern, Alexander Schibli, fasst zusammen: «Wir sind sehr dankbar für die ausserordentlichen Bemühungen unserer Gemeinden im Bezirk und bedanken uns für die pragmatische und zielführende Zusammenarbeit.»
Ein Blick noch über die Grenzen des Säuliamts hinaus: Wo steht der Bezirk Affoltern im Vergleich zu den anderen Bezirken? Das Kantonale Sozialamt hält sich weitgehend bedeckt: «Eine Bilanz zur Umsetzung der seit dem 1. Juli geltenden Quote im Kanton wird aufgrund der ersten Erfahrungen nach einigen Monaten erfolgen. Wie viele zusätzliche Unterbringungsplätze benötigt werden, hängt nicht zuletzt davon ab, ob der Bund endlich die knapp 20000 offenen Asylgesuche behandelt und wie er die Zukunft des Status S regelt. Hier bestehe dringender Handlungsbedarf.»