Eine Reise ins Universum und tief in den Berg hinein
Der Astrophysik-Vortrag der Volkshochschule stiess auf ein wissbegieriges Publikum
«Ich bin froh darüber, dass der Raum so gut besetzt ist, denn ich hatte etwas Angst, ob dieses Thema die Leute auch interessieren würde», erklärt Jrène Dubs, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Volkshochschule im Knonauer Amt, in ihren Begrüssungsworten zum Astrophysik-Vortrag von Laura Baudis. Es ist der vergangene Donnerstagabend, und im Mehrzwecksaal des Spitals Affoltern wartet ein sichtlich gespanntes Publikum auf die Ausführungen einer hochkarätigen Referentin. Laura Baudis, Teilchenastrophysikerin und Professorin an der Universität Zürich, wird gleich über die Suche nach der «Dunklen Materie» berichten.
«Frau Baudis hat lange nicht geantwortet, als ich sie angeschrieben hatte mit der Anfrage, ob ein Vortrag bei uns möglich wäre, ich hatte mich innerlich schon fast damit abgefunden, dass dieses Ansinnen nun halt zu keinem Resultat führen würde, da meldete sie sich plötzlich und schrieb, sie sei im Labor gewesen und habe keinen Mobilfunk-Empfang gehabt», lässt Jrène Dubs die Anwesenden zum Veranstaltungsbeginn noch wissen. Dass dies keine Ausrede war, sondern die Physikerin während ihrer Forschungen tatsächlich völlig von der Welt abgeschirmt ist, wird sich im Verlauf des Vortrags zeigen.
Die Dimensionen des Weltalls, dargestellt in Zahlen
«Wir sind Teil der Milchstrasse, daher ist es uns nicht möglich, diese von aussen zu sehen», beginnt Laura Baudis ihre Ausführungen, in denen sie als Erstes verortet, wo wir uns – galaktisch gesehen – eigentlich befinden. Allein schon die Information, dass wir uns mitsamt unserem Sonnensystem mit 220 Kilometern in der Sekunde um das Zentrum unserer Galaxie herumdrehen, lässt einen fast etwas schwindelig werden, und auch die Vorstellung, dass sich unsere Nachbargalaxie Andromeda und wir mit rund hundert Kilometern in der Sekunde einander annähern, klingt für den Laien nicht wirklich beruhigend. In ihrem Exkurs zu den kosmischen Entfernungen erwähnt die in Rumänien geborene Forscherin auch noch, dass das Licht von der Sonne zur Erde acht Minuten benötigt, es aber 100000 Jahre unterwegs sei, um die Milchstrasse zu durchqueren.
«Mit Teleskopen kann man die Milchstrasse und das ‹sichtbare Universum› in vielen verschiedenen Wellenlängen beobachten, also auch solchen, die für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar sind.» Auf der Grafik, die nun auf die Leinwand projiziert wird, zeigt sich, wie klein der von uns ohne Hilfsmittel sichtbare Wellenlängenbereich eigentlich ist. Nun folgt der entscheidende Satz, der das Publikum quasi in Lichtgeschwindigkeit zum eigentlichen Kern des Vortrags bringt: «Der Hauptteil der Materie, es sind rund 85 Prozent, macht sich nur über die Schwerkraft bemerkbar.»
Geräte im Berg sollen unbekannten Teilchen auf die Spur kommen
Die Professorin am Physik-Institut der Universität Zürich holt zu einem weiteren Exkurs aus, in dem sie den Anwesenden die Gravitation näherbringt. Jene Kraft, die einst von Isaac Newton beschrieben wurde, und die nicht nur die Sterne auf ihrer Bahn hält, sondern auch mitten im Vortrag den Kugelschreiber des hier Berichtenden geräuschvoll zu Boden fallen lässt. Nun aber zurück zur Dunklen Materie: Ein Glarner namens Fritz Zwicky sei es gewesen, der diesen Begriff zum ersten Mal benutzt habe. Dieser als eigensinnig beschriebene Astrophysiker, über den ein Buch mit dem Untertitel «Genie mit Ecken und Kanten» erschienen ist, sei zum Schluss gekommen, dass sich Galaxienhaufen viel zu schnell bewegten und diesem Phänomen eine bisher unbekannte Materie zugrunde liegen müsse. «Eine Frage bleibt jedoch noch immer unbeantwortet seit hundert Jahren: Woraus besteht diese Dunkle Materie?», erklärt Laura Baudis und kommt damit zu dem Abschnitt ihrer Präsentation, der ihre eigene Forschungstätigkeit betrifft. Der Ausgangspunkt sehe so aus, dass kein heute bekanntes Teilchen die Dunkle Materie sein könne, Neutrinos wären eigentlich die perfekten Kandidaten, aber mittlerweile wisse man, dass sie viel zu schwer seien. Wie kann man die Teilchen sichtbar machen, diesem Knackpunkt in der Forschung versuche sie mit ihrem Team mittels grossformatiger Messinstrumente zu begegnen, tief im Inneren des Gran-Sasso-Bergmassivs in Italien. «Da sind wir vor der kosmischen Strahlung geschützt, diese würde sonst alles überstrahlen, so wie das Sonnenlicht am Tag den Sternenhimmel unsichtbar macht.» Eindrucksvolle Bilder von der unterirdischen Anlage versetzen die Anwesenden in fast schon andächtiges Staunen, und am Schluss der Veranstaltung werden viele Fragen gestellt. «Ich bin begeistert über den Vortrag und unser wissbegieriges Publikum, das so aktiv dabei war und die Referentin auch zum Thema befragt hat», resümiert Jrène Dubs bei der Verabschiedung.