Energiestadt: Wo stehen die Gemeinden?

Knonau mit erfolgreichem Audit – Stallikon strebt Label an – Wettswil steigt komplett aus

Die Übersicht zum Energiestadt-Label: Mettmenstetten mit Gold-Label (hellgrün), Gemeinden mit Zertifizierung und dem aktuellen Erfüllungsgrad (türkis) und Gemeinden als Mitglied im Trägerverein (grün). (Grafik Monika Arnold)

Mit Mettmenstetten trägt bereits eine Gemeinde im Säuliamt die Bezeichnung «Energiestadt Gold». Gesamtschweizerisch gibt es erst 99 Gemeinden, welche diese Auszeichnung erhalten haben. Daneben sind mit Aeugst, Hedingen, Obfelden, Knonau, Hausen und der Stadt Affoltern weitere sechs Gemeinden als Energiestadt zertifiziert.

Hedingen und Obfelden vorne dabei

Aeugst liegt mit 75,2 Prozent an zweiter Stelle (siehe Front-Artikel). Hedingen ­erhielt die Auszeichnung bereits 2008 und hat mit 64,8 Prozent Erfüllungsquote den dritthöchsten Wert. Gleich dahinter platziert sich Obfelden mit 64,2 Prozent Quote. Obfelden hat die alle vier Jahre benötigte Rezertifizierung im November 2023 bestanden. Im Energieleitbild hat sich die Gemeinde vorgenommen, dass bis 2030 im Durchschnitt zehn Quadratmeter Sonnenenergie­anlagen für Wärme oder Strom pro Person installiert sind. Ende 2023 war man bei 2,24 Quadratmetern pro Einwohner und ­Einwohnerin.

Rezertifiziert wurde auch die Gemeinde Knonau. Gemäss Gemeindeschreiber Sven Alini hat diese vor Kurzem erfolgreich stattgefunden. Wie die Energiestadt-Website zeigt, konnte man sich dabei um wenige Prozentpunkte auf einen Erfüllungsgrad von 61,1 Prozent (vorher: 60,5 Prozent) steigern.

Co-Geschäftsführerin Maren Kornmann vom Trägerverein Energiestadt erklärt dann auch, dass das Bewertungssystem ständig verschärft werde. «Was vor einigen Jahren noch innovativ war, kann heute State-of-the-Art sein und erhält entsprechend weniger Punkte dafür. Sich zu steigern, erfordert immer mehr Engagement, natürlich auch interne Ressourcen», führt sie aus.

Audit in Hausen noch vor Ende Jahr

In Hausen steht die Überprüfung noch aus. Der Hausemer Gemeindeschreiber Christoph Rohner bestätigt auf Anfrage, dass diese noch dieses Jahr erfolgen soll. «Das Leitbild und Massnahmenprogramm ist jedoch noch in Bearbeitung und muss noch vom Gemeinderat abgenommen werden, bevor es vom Audit mitgeprüft werden kann», führt er dazu aus. Die Schwerpunkte sollten in den Bereichen Liegenschaften-Energiestrategie (Wärme und Strom) sowie Elektromobilität gelegt werden.

Angesprochen auf die häufigsten und wichtigsten Massnahmen für eine Gemeinde, sagt Kornmann vom Trägerverein, dass alle Bereiche wichtig seien. So umfasse der Katalog über 50 Massnahmen in sechs Bereichen: Raumordnung und Planungsgrundlagen, kommunale Gebäude, Ver- und Entsorgung, Mobilität, interne Organisation und Kommunikation/Kooperation. «Sicher ist es besonders wichtig, dass die Gemeinde ihre eigenen Gebäude effizient und so weit wie möglich mit erneuerbaren Energien betreibt. Damit nimmt sie ihre Vorbildfunktion wahr», erklärt sie weiter. Auch erwähnt sie Beratungen und die Förderung von privaten Initiativen als Massnahmen.

Die neuste Trägerin des Energiestadt-Labels ist die Stadt Affoltern. Seit November 2023 weist diese einen Erfüllungsgrad von 58,1 Prozent auf. Die entsprechende Urkunde wurde im April an Stadtpräsidentin Eveline Fenner übergeben. Im Bezirk Affoltern sind aktuell sechs Gemeinden Mitglied im Träger­verein, aber nicht zertifiziert. Der «Anzeiger» hat bei diesen nachgefragt, ob in Zukunft das Energiestadt-Label angestrebt wird oder ob man weiterhin einfach von den Informationsangeboten des Trägervereins profitieren wolle. Immerhin fallen je nach Einwohnergrösse jährliche Kosten an. Bei einer Einwohnerzahl von unter 5000 Personen sind dies 1600 Franken pro Jahr, bis 10000 Einwohnenden sind es 3000 Franken.

Die Pläne der anderen Gemeinden

Kappel habe aktuell keine Pläne bezüglich einer Zertifizierung, sagt Gemeindepräsident Martin Hunkeler. Man ­bekomme dank der Mitgliedschaft aber interessante Informationen und ­Einblicke.

Anders sieht es derweil in Stallikon aus: Cyrill Kaiser, Abteilungsleiter Tiefbau und Umwelt, berichtet auf Anfrage, dass man das Label bis 2026 anstrebe. Die Energiekommission nehme sich dem Thema an. Die weiteren Schritte plane man aber erst an einer kommenden Sitzung, daher seien noch keine weiteren Aussagen möglich. Gemäss dem verantwortlichen Gemeinderat Roger Schuhmacher prüft auch Bonstetten bis zum Ende der aktuellen Legislatur, also bis 2026, die Zertifizierung. «Eine Vorzertifizierung hat letztes Jahr einen Wert von über 48 Punkten ergeben», sagt er und erwähnt, dass die Gemeinde mit gutem Beispiel voran­gehe. So würden beispielsweise fast alle gemeindeeigenen Fahrzeuge bereits elektrisch fahren.

Ganz anders in Wettswil. Dort hat die Gemeinde letzte Woche entschieden, die Mitgliedschaft im Trägerverein zu kündigen und somit den jährlichen Mitgliederbeitrag von 3000 Franken zu sparen (der «Anzeiger» berichte). Dem ­vorausgegangen war eigentlich eine Empfehlung der Energiekommission, das Energiestadt-Label zu erlangen. Die Gesamtkosten für die Zertifizierungsvorbereitungen von 42000 Franken erachtete der Gemeinderat aber als zu hoch. Das Geld soll nun direkt für Projekte eingesetzt werden. Eine externe Firma wird konkrete Massnahmen sowohl für die Gemeindeliegenschaften als auch für die gesamte kommunale Energieplanung erarbeiten.

Gemeindeschreiberin Jasmin Haller aus Ottenbach schreibt, dass die Gemeinde seit 2015 eine Energiekommission habe. So konnten bereits Projekte wie unter anderem der Ersatz der Wärme­erzeugung im Schulhaus-Areal, PV-Anlagen auf dem Schulhausdach und dem Werkhofgebäude und LED-Strassenbeleuchtungen umgesetzt werden. Mit dem per 1. Januar 2024 in Kraft ­getretenen Energieleitbild setze man den Schwerpunkt auf die Umsetzung weiterer Projekte. Die Erreichung des Energiestadtlabels schiebe man auf die nächsten Jahre.

Die Rifferswiler Gemeindeschreiberin Laura Molleman schreibt auf Anfrage, dass der nachhaltige Umgang mit Energie schon lange ein wichtiges Thema in Rifferswil sei. Man weise den dritthöchsten Anteil an PV-Anlagen im Knonauer Amt auf. Zur Frage, ob man eine Zertifizierung anstrebe, sagt sie: «Der Aufwand ist für eine kleine Gemeinde überproportional gross, dies gilt speziell auch für die wiederkehrende Rezertifizierung.» Die Mitgliedschaft im Trägerverein bezeichnet sie aber ebenfalls als lohnend.

Kritik und neue Ziele

Zuletzt wurde gemäss verschiedenen Medien Kritik am Label laut. So monierte der Gemeindepräsident von St. Moritz, die Gesetzgebung habe das Label Energiestadt mittlerweile weit überholt. Auch stünden die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen. Unter anderem auf diese Kritik hat der Trägerverein Energiestadt vor zwei Wochen reagiert. An einer Medienkonferenz wurde der grösste Umbau seiner 30-jährigen Geschichte bekannt gegeben. Man setze ab sofort den Fokus auf das Netto-Null-Ziel. Das heisst, man strebe für die Zukunft die Klimaneutralität in den Gemeinden an. Zudem sei der Prozess für kleinere Gemeinden vereinfacht worden und der Aufwand erheblich reduziert. Der aktualisierte Prozess tritt ab sofort in Kraft und wird ab 2025 verbindlich. So bietet der Verein neu eine Übersicht an, welche mit moderner ­Datenauswertung den Gemeinden ermögliche, ihre Fortschritte gezielt zu überwachen und sich mit anderen Gemeinden zu vergleichen. Diese visualisiere und bewerte alle relevanten Bereiche – von Wärme und Strom bis hin zu Mobilität und Treibhausgas-Emissionen.

Vorgehen und Kosten beim Energiestadt-Label

Um an das Energiestadt-Label zu gelangen, muss eine Gemeinde Mitglied im Trägerverein Energiestadt sein. Zusammen mit einem akkreditierten Energiestadt-Berater nimmt sie eine Standortbestimmung und eine Potenzialanalyse vor. So werden sinnvolle Massnahmen für die Gemeinde für die kommenden vier Jahre definiert. Wie aus dem Gemeinderatsbeschluss von Wettswil ersichtlich, kann für diese Aufgaben schon mehr als 40000 Franken Aufwand zusammenkommen. Sind über 50 % dieser Massnahmen umgesetzt oder in die Wege geleitet, kann eine Gemeinde die Überprüfung durch die unabhängige Labelkommission des Trägervereins Energiestadt beantragen. Diese entscheidet über die Vergabe des Zertifikats.

Dazu kommen jährliche Mitgliedergebühren zwischen 600 und 6000 Franken, je nach Einwohnergrösse. Dies aber unabhängig, ob man nur im Trägerverein dabei ist oder bereits erfolgreich zertifiziert ist. Alle vier Jahre entstehen dann weitere Kosten für den Re-Audit. Maren Kornmann vom Trägerverein schreibt dazu, dass die Gemeinden hierfür einen Energiestadt-Berater oder eine Energiestadt-Beraterin beauftragen. «Diese Kosten liegen in der Grössenordnung von 10 000 bis 20000 Franken, einmal alle vier Jahre. Je nachdem, welchen Umfang an Unterstützung die Gemeinde wünscht», führt sie aus. Für das Audit selbst zahle die Gemeinde nicht, dies werde über den Verein getragen. (dst)

Weitere Artikel zu «Bezirk Affoltern», die sie interessieren könnten

Bezirk Affoltern03.10.2024

Sieben Ämtler Gemeinden tragen das Energiestadt-Label

Mettmenstetten setzt sich dafür ein, sein Gold-Label zu halten – Aeugst ist nahe dran
Bezirk Affoltern03.10.2024

Coop baut aus in Affoltern

Auch ein neues Restaurant im Coopark geplant
Die Gesundheitskosten steigen. Auch für 2025. (Bild Andrea Zahler)
Bezirk Affoltern30.09.2024

Der Prämienschock fällt im Säuliamt ein bisschen kleiner aus

Im Kanton Zürich gibt es drei Regionen für die Berechnung der Krankenversicherungskosten