«Ich spüre vor allem Verantwortung und Druck, nicht Macht»
Stefan Gyseler zu einem weiteren Abgang aus der GL und seiner neuen Dreifach-Funktion
In finanzieller Hinsicht will sich das Spital im laufenden Jahr einen Schritt näher an eine schwarze Null heranarbeiten. Geschehen wird dies indes nicht mehr unter der Führung von CEO Lukas Rist. Er verlässt das Spital Affoltern per Ende Februar und wird Direktor am Kantonsspital Baselland (der «Anzeiger» hat berichtet). Wie nun bekannt wurde, wird ihm Finanzchef und GL-Mitglied Mathias Rechsteiner zur neuen Arbeitgeberin folgen. Das bedeutet, dass auch seine Stelle ab Mai vakant sein wird.
Wie das Spital bereits im Dezember kommuniziert hatte, werden Verwaltungsratspräsident Stefan Gyseler und Verwaltungsrat Erwin Höfliger ab März interimsmässig die CEO-Funktion übernehmen. Durch den Weggang des Finanzchefs fallen zwei weitere Aufgabenbereiche an, die die beiden unter sich aufteilen, bis die Stelle neu besetzt ist: Erwin Höfliger werde den Bereich Services übernehmen, sagt Gyseler, während er den Bereich Finanzen verantworte, was sich aufgrund seines beruflichen Hintergrunds als Treuhänder anbiete: «Unser Ziel ist es, die Administrativkosten noch mehr zu senken, ohne dass die Leistungen stark reduziert werden.»
CEO-Nachfolge wohl erst ab 2026
Mit den neuen Aufgaben wird Stefan Gyseler ab März im Spital Affoltern auf drei Führungsebenen involviert sein: als Finanzchef, als CEO und als Präsident des Verwaltungsrats. Kumuliert sich da etwas gar viel Macht, wie es einzelne verstimmte Leserbriefschreiber zuletzt befürchteten? Dazu sagt Gyseler: «Ich spüre vor allem Verantwortung und Druck, nicht Macht.» Er verstehe, dass es Leute gebe, die skeptisch seien, «doch was wäre die Alternative?» Es sei keine Ideal-, sondern eine Interimslösung für die derzeit 550 Angestellten: «Aus meiner Sicht wäre es eine Zumutung gewesen, den Mitarbeitenden zu diesem Zeitpunkt eine neue Person vorzusetzen, bis dann nach ein paar Monaten wiederum eine neue Person übernimmt.»
Die Suche für den Ersatz von Lukas Rist wurde an der Verwaltungsratssitzung vom vergangenen Mittwochabend eingeleitet. «Wir rechnen damit, dass die neue Person noch in einem Arbeitsverhältnis steht und eine Kündigungsfrist von sechs Monaten hat», so Gyseler. Er hält es deshalb für realistisch, dass die Co-Leitung durch Erwin Höfliger und ihn bis Ende Jahr andauern wird. «Wir werden einen grossen Fokus darauflegen, die Basis zu schaffen, damit wir schwarze Zahlen oder zumindest eine schwarze Null schreiben.»
Fokus auf bestehende Angebote
Während die Strategie beim stationären Angebot mit den Leistungsaufträgen in Akut-Geriatrie, Palliativ Care und Psychiatrie gegeben ist, gibt es im ambulanten Bereich Spielraum: Aus Gyselers Sicht muss dieses Angebot so definiert werden, dass es die stationären Leistungen entweder ergänzt – zum Beispiel in Form von Zuweisungen des stationären Bereichs – oder aber gewinnbringend ist. Als Beispiel nennt er den Notfall, der sich für kein Spital rentiere, jedoch eine wichtige Eintrittspforte für stationäre Patienten sei.
Und: Natürlich liegt der Fokus bei den ambulanten Angeboten nicht zuletzt auf den Kosten und der Rentabilität: «Wir können nicht überall Geld drauflegen.»
Bei den Zentren, die das Spital zuletzt eröffnet hatte, etwa im Bereich Dialyse oder Pneumologie und Schlafmedizin, stimmt die Rechnung noch nicht ganz. Die Zahlen blieben unter den Erwartungen. Zusätzliche Angebots-Lancierungen seien denn aktuell auch nicht geplant, sagt Stefan Gyseler: «Wir wollen die ambulanten Angebote nicht gross erweitern, sondern die bestehenden verbessern.» Das bedeute auch, diese kritisch zu beleuchten, den Betrieb mit den Business-Plänen abzugleichen, die damals erstellt worden sind, und gegebenenfalls Massnahmen einzuleiten.
Kooperation in der Schmerzmedizin
«Bei den ambulanten Angeboten steht und fällt der Erfolg mit den Fallzahlen», so Gyseler. Seien diese zu tief, werde man sich auch über den Markt Gedanken machen müssen, der möglicherweise doch kleiner sei als eingeschätzt. In solchen Fällen sieht Stefan Gyseler auch Potenzial für weitere Kooperationen mit umliegenden Spitälern oder Regionen.
Geschehen ist das zuletzt im Bereich Schmerzmedizin. Nachdem im Februar unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Heesen das Zentrum für Schmerzmedizin eröffnet worden war, kam es im Herbst unverhofft zu dessen Abgang. Neu besetzt wurde die Stelle nicht. Eine Nachfolge war auf dem raren Markt nicht in Sicht. Erst recht nicht auf die Schnelle: «Diese Patienten sind umgehend auf eine Anschlusslösung angewiesen. Deshalb waren wir bemüht, für sie eine andere Lösung zu finden, und haben nun eine Kooperation mit dem Triemli abgeschlossen.»