Kaufsucht: Sie zweigte im Betrieb ihres Vaters fast 250 000 Franken ab

Bezirksgericht verurteilt Schweizerin zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung

Eine 32-Jährige musste sich am Freitag vor dem Bezirksgericht Affoltern verantworten. (Archivbild Werner Schneiter)

Innerhalb von fünf Jahren hat eine 32-jährige Schweizerin, die im Säuliamt wohnt, in ihrer Funktion als Buchhalterin aus dem Geschäft ihres Vaters gesamthaft rund 248 000 Franken auf ihre Privatkonti umgeleitet. Damit hat sie, der Kaufsucht und dem Kaufzwang verfallen, private Bedürfnisse befriedigt. Gemäss Anklageschrift ist das zwischen 2018 und November 2023 insgesamt 264-mal geschehen. Ausgestattet mit einer Vollmacht über das Firmenkonto hat sie dabei jeweils Beträge von wenigen 100 bis maximal 4500 Franken abgezweigt.

«Den Umständen entsprechend geht es», sagte sie dem Einzelrichter im ­Rahmen der Befragung mit etwas weinerlicher Stimme. Zur Verhandlung erschien sie ohne Anwalt, aber in Begleitung einer Kollegin. Die junge Frau hat die Handelsschule und eine Prüfung als Sachbearbeiterin Immobilienbewirtschaftung abgeschlossen. In der Firma ihres Vaters hat sie das vom Firmenkonto abgehobene Geld vorerst als «geliehen» betrachtet, aber dann festgestellt, dass Rückzahlungen nicht mehr möglich sind, weil die flüssigen Mittel fehlten. So delinquierte sie weiter, weil sie nach eigenen Worten immer wieder dem Kaufrausch und -zwang erlegen ist. Sie habe sich dabei anfänglich nicht viel überlegt und einfach Lieferantenrechnungen ein zweites Mal erfasst, sagte sie. Die Frage des Gerichtsreporters in der Verhandlungspause, weshalb das über so lange Zeit möglich gewesen ist und unentdeckt blieb, konnte (oder wollte) sie nicht beantworten. Offenbar profitierte sie von unermesslichem Vertrauen in der Firma.

Selbstanzeige nach Nervenzusammenbruch

Gleichwohl nagten mit der Zeit das schlechte Gewissen sowie Schuld- und Schamgefühle – so sehr, dass die Frau einen Nervenzusammenbruch erlitt und sie sich zu einer Selbstanzeige ­entschloss. Damit brachte sie die Staatsanwaltschaft ins Spiel, die wegen Veruntreuung Anklage erhob. Seit Dezember 2023 befindet sich die Frau auf ­eigenen Antrieb in psychiatrischer Behandlung und hat schon etliche Sitzungen hinter sich, die ihr nach eigenem Empfingen sehr guttun. «Es ist die richtige Therapie bei der richtigen Person, ihre Sucht und den Zwang habe sie überwunden», sagte sie vor Gericht und bekräftigte, dass sie die Behandlungen fortsetzen will – etwas, das ihr auch das Gericht auferlegt hat, und zwar so lange es die Fachperson oder das Amt für Justizvollzug für nötig hält. «Ich will das hinter mich bringen. Ich habe daraus gelernt und will mir nichts mehr zuschulden kommen lassen», versprach sie dem Einzelrichter in ihrem Schlusswort. Nun, die Chancen stehen gut, zumal sie mit ihrem Vater im Reinen ist und sie nach wie vor in der Firma arbeiten darf.

Strafe von zehn auf sechs Monate reduziert

Das Bezirksgericht Affoltern verurteilte die Frau wegen Veruntreuung zu sechs Monaten Gefängnis auf Bewährung – dies bei einer Probezeit von zwei Jahren, einschliesslich der Verpflichtung, sich einer ambulanten psychiatrischen-psychotherapeutischen Behandlung zu unterziehen. Damit blieb das Gericht vier Monate unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Wegen Kaufsucht und -zwang sei sie in ihrer Entscheidungsfreiheit leicht eingeschränkt gewesen. Strafmildernd sei ausserdem die Selbstanzeige und der Umstand, dass sie die Beweise selbst erbracht habe, deutliche Reue und eine reflektierte Auseinandersetzung mit der Tat zeige. Ausserdem habe sie sich selbst in Therapie begeben und offenbare erkennbaren Willen, die Taten zu überwinden. All dies gewichtet das Gericht stärker als die lange Deliktdauer, die hohe Summe und eine Vorstrafe wegen Nichtabgabe von Kontrollschildern von 5 Tagessätzen à 90 Franken, die der Einzelrichter als «Bagatelle» bezeichnete. Die Verfahrenskosten von rund 2400 Franken werden der Beschuldigten auferlegt.

Urteil GG 240 012 vom 10. Januar 2025,

noch nicht rechtskräftig

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