Kein Geld für Ämtler Kantonsschule

Regierungsrat verschiebt Projekt ohne Angabe von Gründen und Zahlen

Auf dem Schwanden-Areal in Affoltern, zwischen dem Einrichtungshaus und der Landwirtschaftsschule, wäre das Provisorium der neuen Kantonsschule geplant. (Archivbild Dominik Stierli)

Auf dem Schwanden-Areal in Affoltern, zwischen dem Einrichtungshaus und der Landwirtschaftsschule, wäre das Provisorium der neuen Kantonsschule geplant. (Archivbild Dominik Stierli)

Vergangene Woche hat der Zürcher ­Regierungsrat den Budgetentwurf für 2025 zusammen mit dem konsolidierten Entwicklungs- und Finanzplan für die Jahre 2025 bis 2028 präsentiert. Dabei wurden die geplanten Investitionen ­einer «umfassenden und herausfordernden Priorisierung» unterzogen, wie der Kanton schreibt.

Was bei den Investitionen gekürzt wird, erfährt man nur durch eine Nachfrage eines Journalisten an der Medienkonferenz. Regierungsrat und Vorsteher der Finanzdirektion Ernst Stocker ­erklärt, «dass es dort natürlich eine ­riesige Liste gibt». Er könne aber drei Beispiele nennen und erwähnt neben der Verschiebung des Trams für Zürich–Affoltern und dem Gefängnis der Stadt Zürich auch, dass man die Kantons­schule Knonauer Amt nach hinten verschoben habe.

Bereits lange Geschichte

Dieser Entscheid wurde so nicht erwartet. Der Weg zum geplanten Mittelschulprovisorium war bereits steinig. Trotz politischer Vorstösse seit 2012 wurde dem Säuliamt immer wieder beschieden, man sei zu klein für eine eigene Mittelschule. Erst im Herbst 2021 folgte die Kehrtwende. Eine Potenzialstudie kam zum Schluss, dass bis 2035 mit 800 Mittelschülerinnen und -schülern im Amt zu rechnen sei.

Als Standort wählte der Kanton ­Zürich in Zusammenarbeit mit der Stadt Affoltern das Gebiet Schwanden. Das ist im westlichen Ortsrand, in der Nähe eines Einrichtungshauses. Um das ­Gebiet zu nutzen, musste die bestehende Gestaltungsplanpflicht aufgehoben werden. Anfang März dieses Jahres stimmte die Affoltemer Bevölkerung mit 71 Prozent der benötigten Teilrevision der Bau- und Zonenordnung zu. Kurz darauf nahm der Kantonsrat den neuen Mittelschulstandort Schwanden in Affoltern in den Richtplan auf. Dabei wurde die Priorität auf «kurzfristig» ­geändert und der Standort angepasst.

Vonseiten Stadt alles bereit

Gemäss Stadtschreiber Stefan Trottmann sei die Teilrevision seit wenigen Tagen rechtskräftig. Man warte jetzt eigentlich auf die Baubewilligung. «Wir sind bereit», sagt er. Daraus wird ­momentan aber nichts.

Der Regierungssprecher Andreas Melchior zitiert auf Anfrage des ­«Anzeigers» aus der Medienmitteilung. Der Kanton Zürich investiere in grossem Umfang in seine Infrastruktur. Im Budget­entwurf 2025 seien Investitionen von rund 1,3 Milliarden Franken vorgesehen. Um das Schuldenwachstum zu bremsen, entwickele der Kanton eine Methodik zur Investitionspriorisierung. «Auf dieser Basis fällte der Regierungsrat seinen Beschluss», schreibt der Kanton. Der «Anzeiger» wollte wissen, wie viel Geld mit der Verschiebung gespart wird und wie und wann es nun mit der Kantonsschule weitergeht. Auch über die Beweggründe wollte der «Anzeiger» mehr erfahren. Zu all diesen Punkten schweigt die Medienstelle. Die Rückmeldung schliesst mit den Worten: «Das Geschäft nimmt nun seinen parlamentarischen Lauf und liegt beim Kantonsrat. Gemäss geltender Praxis äussert sich der Regierungsrat daher derzeit nicht weiter dazu.»

Kantonsrat und EVP-Politiker ­Daniel Sommer spricht gegenüber dem «Anzeiger» von einem Affront gegenüber der Bevölkerung. «Der Entscheid ist ein Widerspruch zu den früheren Aussagen der Regierung», führt er aus.

Der Affoltemer Kantonsrat erklärt, wie es jetzt auf politischer Ebene weiter geht: Bis Dezember folgt der Budgetprozess. Kommissionen und Gremien beraten über die Entscheide und es ­können Eingaben gemacht werden. ­Definitiv abgenommen wird der Budgetentwurf im Dezember. Wenn der ­Regierungsrat aber solch starke Vorgaben mache, werde es schwierig, noch etwas zu ändern. «Der Regierungsrat hat einen Pflock gesetzt», meint Sommer ­konsterniert.

Politischer Vorstoss geplant

Er versuche nun aber im Kantonsrat eine Dringliche Anfrage zu stellen, um etwas über die Beweggründe zu erfahren und etwas Druck zu machen. Er möchte dazu die anderen Kantonsräte aus dem Amt miteinbeziehen. Ein entsprechender Vorstoss sei aktuell in Vorbereitung. «Wir versuchen, ein starkes Signal zu geben», sagt Sommer. Eine Dringliche Anfrage muss innert dreier Monate beantwortet werden. Das sei schon ziemlich knapp, dass das noch vor der Verabschiedung des Budgets reiche.

Geplant war gewesen, den neuen Mittelschulstandort aufs Schuljahr 2028/2029 in Betrieb zu nehmen. Vorgesehen war der Betrieb als Filiale der Kantonsschule Limmattal. Aktuell bleibt ungewiss, wie es weitergeht.

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