Lukas Rist verlässt das Spital Affoltern
Der CEO wechselt ans Kantonsspital Baselland
Das Spital Affoltern kommt nicht zur Ruhe: Nachdem Anfang November ein E-Mail publik geworden war, in dem mehrere Mitarbeitende ihre Sorge zur Zukunft des Spitals äusserten, folgt nun der nächste Knall: CEO Lukas Rist nimmt per Ende Februar den Hut. Im April 2025 wird er Direktor am Kantonsspital Baselland. Dies gab das Spital Affoltern in einer Mitteilung bekannt.
Nach dem Abgang von Michael Buik im Mai 2020 war Rist vorübergehend Co-CEO an der Seite des Verwaltungsratspräsidenten Stefan Gyseler. Im Frühjahr 2021 übernahm er als Direktor die operative Führung. «In den vergangenen Jahren hat er das Spital durch einen umfassenden Transformationsprozess geführt und dabei massgeblich zur strategischen Weiterentwicklung und Konsolidierung des Spitals beigetragen», heisst es in der Mitteilung. Unter seiner Führung habe das Spital Affoltern seine Strukturen modernisieren und sich als zukunftsorientierte Gesundheitseinrichtung positionieren können.
Rückhalt aus der Trägerschaft fehlte
Zur neuen Strategie gehörte eine Spezialisierung mit mehreren Zentren, die in den vergangenen Monaten gestaffelt eröffnet wurden. Bisher sind diese in finanzieller Hinsicht jedoch unter den Erwartungen geblieben: Das erklärte Ziel, näher an die Gewinnzone zu rücken, könne auch für 2024 nicht erreicht werden, räumte Verwaltungsratspräsident Stefan Gyseler Anfang November gegenüber dem «Anzeiger» ein. Dies, nachdem das Spital bereits für das Geschäftsjahr 2023 einen Verlust von 800 000 Franken hatte verzeichnen müssen. Das sei «unbefriedigend», so Gyseler.
Unzufrieden war zuletzt offenbar auch Lukas Rist selbst: «Die letzten Monate waren herausfordernd, da die Unterstützung für die langfristige Ausrichtung des Spitals nicht immer in dem Masse vorhanden war, wie ich es mir gewünscht hätte», wird er in der Mitteilung zitiert. Auf Anfrage sagt er: «Die Bevölkerung hat 2019 ganz klar Ja gesagt zum Spital Affoltern. Aber ein Teil der Trägerschaft stellt es trotzdem immer wieder neu infrage.»
Auf die Geschäftszahlen angesprochen, relativiert Spitaldirektor Lukas Rist: «Budgetiert wurde auch für das Geschäftsjahr 2024 mit einem Verlust. Wir haben dieses Jahr die Gerontopsychiatrie neu in Betrieb genommen, und es war klar, dass der Aufbau im ersten Jahr nur mit Verlust möglich ist. Trotzdem sind wir hier auf Kurs und können nächstes Jahr die Gerontopsychiatrie erweitern.» Die strategische Neuausrichtung sei bestens auf die demografischen Entwicklungen abgestimmt und «fruchte sehr wohl»: «Nur so war es möglich, den Abbau der Chirurgie und Anästhesie und dieses Jahr der Inneren Medizin bei laufendem Betrieb zu verkraften.»
Zudem habe man die Gerontopsychiatrie aufgebaut und die Delir-Unit umgebaut und eröffnet. Dabei sei klar, dass ein Abbau von Leistungen immer mit Kosten verbunden sei, da die Erträge in diesen Gebieten schneller zurückgingen als die Kosten. «Dies haben wir alles erfolgreich gestemmt. Da bin ich sehr stolz auf alle Mitarbeitenden, die das mit ihrem Einsatz möglich gemacht haben.»
Wenn man bedenke, dass das Spital Affoltern den Abbau der erwähnten Leistungen weitgehend kompensiert habe mit den neuen Angeboten, dann seien die Zahlen gut und die Strategie zukunftsfähig. Ein solcher Wechsel sei nur mit motivierten und zufriedenen Mitarbeitenden zu erreichen: «Ich würde mich freuen, wenn diese tollen Leistungen der Mitarbeitenden mehr anerkannt werden würden. Sie geben täglich ihr Bestes für ihr Spital und das auch erfolgreich und motiviert.»
Als «Flucht» aus Affoltern will er seinen Abgang denn auch nicht verstanden wissen: «Jeder wird verstehen, dass ich die Chance, die sich mir bot, ergreifen wollte. Es ist für mich eine tolle neue Herausforderung, mich für ein grosses Zentrumsspital zu engagieren. Fluchtgedanken hätte man beim zwischenzeitlichen Verlust der Leistungsaufträge haben können, aber nicht jetzt.»
Höherer Verlust erwartet als 2023
«Wir bedauern diesen Abgang», sagt Stefan Gyseler auf Anfrage, für den Verwaltungsrat sei er überraschend gekommen. Man blicke auf eine gute Zusammenarbeit zurück: «Lukas Rist hat das Spital durch herausfordernde Zeiten geführt – von den verlorenen und zurückerkämpften Leistungsaufträgen bis hin zur strategischen Neupositionierung im Rahmen des Transformationsprozesses. Dafür sind wir ihm dankbar.»
Er will aber auch nicht schönreden, dass der Druck, den finanziellen Turnaround zu schaffen, zuletzt gestiegen ist: «Aufgrund der Zahlen hat sich der Verwaltungsrat stärker ins operative Geschäft involviert», sagt Stefan Gyseler, «diesen Weg hätten wir uns auch sehr gut zusammen mit Lukas Rist vorstellen können.» Für 2024 rechnet Gyseler inzwischen mit einem Verlust von mindestens 1,2 Millionen Franken.
Doppelführung ab März
Lukas Rist wird das Spital Affoltern noch bis Ende Februar 2025 führen und eine ordnungsgemässe Übergabe der Geschäfte sicherstellen. Der Finanzabschluss für das Jahr 2024 werde ebenfalls in dieser Übergangszeit abgeschlossen sein, heisst es in der Mitteilung. Ab Anfang März 2025 wird der derzeitige Verwaltungsratspräsident Stefan Gyseler gemeinsam mit dem Vize-Verwaltungsratspräsidenten Erwin Höfliger interimistisch die CEO-Funktion übernehmen. Gyseler und Höfliger werden zudem den Rekrutierungsprozess für einen neuen CEO begleiten und so «den reibungslosen Übergang sicherstellen». «Es ist unser Ziel, eine langfristige Lösung für die Führung des Spitals zu finden, die das Spital weiterhin auf dem Weg der strategischen Neuausrichtung begleitet», so Stefan Gyseler.