Sicherheit und Dunkelheit dank Lichtsteuerung

Die Gemeinde Aeugst führte einen Themenabend zur öffentlichen Lichtstrategie durch.

Der Langnauer Gemeinderat und Geschäftsführer von Dark-Sky Switzerland, Rolf Schatz, im Gespräch mit der Aeugster Tiefbauvorsteherin Nadia Hausheer. (sals)
Der Langnauer Gemeinderat und Geschäftsführer von Dark-Sky Switzerland, Rolf Schatz, im Gespräch mit der Aeugster Tiefbauvorsteherin Nadia Hausheer. (sals)

Dark-Sky ist der Dachverband zahlreicher Vereine, die sich gegen Lichtverschmutzung einsetzen. Als Lichtverschmutzung werden die künstliche Aufhellung des Nachthimmels und deren negative Auswirkungen auf Menschen und Tiere betrachtet. Der Aeugster Gemeinderat hatte bei der Erarbeitung der Lichtstrategie Unterstützung von Rolf Schatz, Gemeinderat in Langnau am Albis und Geschäftsführer von Dark-Sky Switzerland: «Da es in der Nacht immer mehr Licht gibt, wird die Nacht in der Wahrnehmung zum Tag. Wer eine Lampe mit weissem Licht, also einer Farbtemperatur von über 3000 Kelvin (Licht unter 3300K wird als warm wahrgenommen, zwischen 3300 und 5300K kreiert das Licht eine sachliche Atmosphäre, über 5300K wirkt es technisch und steril. Anm. d. Red.) verwendet, simuliert Tageslicht. Dadurch stellt sich der Körper auf Tag ein und es kommt bei vielen Menschen zu Schlafstörungen – wie auch bei Tieren.»

Energieeffizienz ist nicht alles

Die energieeffizientesten Lampen haben eine sehr hohe Kelvin-Zahl. Durch diese Strassenlampen schaffe man ein viel grösseres Problem als bisher bestehe. Denn bei Menschen und Tieren führe dieses Licht in der Nacht zu gesundheitlichen Schäden. Für Strassenlampen empfehle er weniger energieeffiziente Birnen, die dafür weniger hell eingestellt werden. Damit könne man zwei Probleme gleichzeitig lösen, ohne neue zu schaffen. Es werde weniger Energie gebraucht und die Natur werde weniger aus dem Rhythmus gebracht. Die Gemeinde Langnau akzeptiert für Strassenbeleuchtungen nur noch Birnen mit maximal 3000 Kelvin. Standardmässig installieren die EKZ energieeffizientere Birnen mit einer Wellenlänge von über 3000 Kelvin. Rolf Schatz zeigte sich überzeugt, dass der drastische Rückgang der Insektenzahl zentral mit dem Licht – konkret Strassenlaternen – zusammenhänge: «Insekten fühlen sich vom Licht angezogen und fliegen so lange um die hellen Lampen, bis sie vor Erschöpfung nicht mehr können. Die Mehrheit der Tiere leidet drastisch unter Lichtverschmutzung.»

In bewohnten Gebieten ist ein Sternenhimmel ein Luxusgut

Offensichtlichstes Merkmal der Lichtverschmutzung ist der Sternenhimmel. In Zürich können in einer klaren Nacht immerhin noch 500 Sterne gesehen werden, in einem verlassenen Bergtal sind es über 5000. In Grossstädten wie Paris oder London sind auch in der tiefsten Nacht nur noch vereinzelt Sterne sichtbar. «Oft wird von Verkaufsgeschäften Licht genutzt, um die Aufmerksamkeit abendlicher Passanten zu gewinnen. Geschäfte schaukeln sich hierbei oft gegenseitig hoch und schmücken ihre Fassaden mit gigantischen Lichtanlagen, welche die ganze Nacht brennen. Für solche Fälle können Gemeinden Regeln mit Maximalwerten für Beleuchtungen erlassen», erklärte Rolf Schatz und stellte einen Bundesgerichtsentscheid vor, der 2013 festlegt, dass Weihnachtsbeleuchtungen nur vom 1. Dezember bis zum 6. Januar leuchten dürfen und um 1 Uhr nachts jeweils abgestellt werden müssen.

Bedürfnisorientierte Lichtmenge

Gleichzeitig sah Rolf Schatz auch die Gemeinden in der Verantwortung, ihrerseits die Lichtverschmutzung auf ein sinnvolles Mass zu reduzieren: «Strassenlampen werden oft viel länger als sinnvoll brennen gelassen.» Die Gemeinde Langnau arbeitet mit anderen Gemeinden zusammen, zum Einkauf günstiger, intelligenter Glühbirnen für Strassenlampen, die dann nicht mehr kosten als herkömmliche Strassen-Glühbirnen beim EKZ. Er plädierte dafür, dass sich die Säuliämtler Gemeinden Langnau anschliessen sollten. Die EKZ sei Hersteller, Verkäufer und Installateur in einem. Es sei nur natürlich, dass sie kein Interesse habe, möglichst sparsame und günstige Lampen zu verkaufen. Intelligente Glühbirnen sorgen dafür, dass Strassenlampen die Lichtmenge dynamisch anpassen. Ab 22 Uhr kann die Leuchtkraft beispielsweise auf 50 Prozent reduziert werden. Bei Quartierstrassen können sie sogar auf wenige Prozent Leistung hinunterdimmen, bis sie durch Bewegung wieder hochgefahren werden.

Die Gemeinde Langnau konnte durch ihre aktive Lichtstrategie trotz Bevölkerungswachstum die Lichtmenge um 30 Prozent senken, mit Nachtabschaltung der Strassenlampen, sowie kostenlosen Zeitschaltuhren für Gewerbetreibende mit Schaufenstern.

Sind helle Strassen sicherer?

Ein Besucher fragte, wie die Abschaltung von Licht mit Sicherheit auf den Strassen zusammenhänge. Rolf Schatz erläuterte: «Evolutionsbiologisch hat Licht – Feuer – immer Sicherheit bedeutet. Mit der Elektrifizierung der Städte, ab der Mitte des 19. Jahrhunderts, hat die Lichtverschmutzung stark zugenommen. Es gibt aber keine Korrelation zwischen Verbrechen und Lichtmenge – weder bei Einbrüchen, noch bei Vandalismus oder Belästigungsfällen. Veränderung braucht jedoch Gewöhnung. Die Leute werden sich auch an nachhaltiges Lichtmanagement gewöhnen und sich genauso sicher fühlen wie bisher. Wenn die Strassen ab 21 oder 22 Uhr weniger hell beleuchtet sind und ab 1 Uhr gar nicht mehr, ist die Beleuchtung nutzergerecht und Anwohner schlafen sogar noch besser.»

Es gab noch zahlreiche Wortmeldungen, die auf unangenehme Wirkungen von Kunstlicht hinwiesen. Die Besucher – unter ihnen zahlreiche Säuliämtler Gemeinderäte – schienen sich einig zu sein, dass die nächtliche Beleuchtung tatsächlich zu intensiv ist. Es ist jedoch gut möglich, dass Freunde von Weihnachtsbeleuchtungen, Schwersichtige und Menschen mit einem gesteigerten Bedürfnis nach Sicherheitsgefühlen an diesem Abend zu Hause geblieben sind.

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