Trotz Krieg: Das Heimweh ist stärker

Rund zehn Prozent der Ukrainer mit S-Status sind seit Januar aus dem Amt abgereist

Ukraine-Konflikt - Proteste in Hamburg

Noch immer tobt in der Ukraine der russische Angriffskrieg, der am 24. Februar 2022 begann. Schon bald danachtrafen viele Flüchtlinge auch in der Schweiz ein und erhielten den Schutzstatus S. Heisst: Sie mussten nicht wie andere in die Schweiz Geflüchteten ein Asylverfahren durchlaufen, um ihre Aufenthaltsberechtigung zu klären. Im Sommer 2022 lebten hier in den vierzehn Gemeinden im Säuliamt 302 registrierte Geflüchtete aus der Ukraine mit S-Status. 268 davon wohnten bei Privatpersonen, die ihnen Wohnraum zur Verfügung stellten. Seither sind immer wieder Ukrainerinnen und Ukrainer in ihre Heimat zurückgekehrt, obwohl dort immer noch Krieg herrscht.

Der Sozialdienst Bezirk Affoltern (SoBA) kümmert sich unter anderem um das Asyl- und Migrationswesen der angeschlossenen elf ­Träger- und Anschlussgemeinden. Das sind die acht Trägergemeinden Aeugst, Hausen, Hedingen, Knonau, Maschwanden, Mettmenstetten, ­Obfelden, Ottenbach sowie die drei Anschlussgemeinden Bonstetten, Wettswil und Stallikon. Selber organisiert sind die Stadt Affoltern sowie die Gemeinden ­Kappel und Rifferswil.

33 Geflüchtete sind wieder ausgereist

Nach Angaben von Michelle Högger, Leiterin Asyl- und Migrationswesen beim Sozialdienst Bezirk Affoltern (SoBA) sind seit Januar bis Ende August insgesamt 33 registrierte Geflüchtete mit S-Status aus den elf vom Sozialdienst Bezirk Affoltern betreuten Gemeinden aus der Schweiz ausgereist. So sind beispielsweise in der Gemeinde Bonstetten über zehn aus der Ukraine Geflüchtete inzwischen in ihre Heimat gereist. «Das Heimweh nach Angehörigen im Lande war vielseits stärker als die Ungewissheit», schreibt die Gemeinde vergangene Woche in einer Mitteilung.

67 Personen haben Arbeit gefunden

Aktuell leben noch 278 Ukrainer in den elf Gemeinden, welche vom SoBA betreut werden. «Immer mehr von ihnen werden nun im Arbeitsmarkt integriert und haben einen Job gefunden», erklärt Michelle Högger. Zunächst ist es wichtig, dass die Geflüchteten aus der Ukraine gut Deutsch lernen. Sie erhalten Deutsch-Intensivkurse, welche bis Ende Jahr noch der Kanton Zürich bezahlt. Konkret haben von den 278 inzwischen 67 eine Arbeitsstelle gefunden.

Roman Vovk, in der Ukraine geboren und Vorstandsmitglied des privaten Hilfswerks «Switlo», lebt selber in Bonstetten. «Die Ukrainerinnen und Ukrainer sind gut ausgebildet und viele sprechen gut Englisch. Aber für sie ist Deutsch eine schwierig zu lernende Sprache», betont Vovk. Aber ohne gute Deutschkenntnisse sei es schwierig, hier in der Schweiz einen Job zu finden. «Ich kenne Leute, die in der Ukraine gute Posten inne hatten, aber nun als Hilfskräfte in der Küche arbeiten. Das ist auf die Dauer nicht ganz einfach, auch wenn sie sehr dankbar sind, hier in der Schweiz in Sicherheit zu sein.» Und Vovk weiter: «Ich kenne beispielsweise eine Frau, die mit ihren zwei Kindern jetzt nach rund einem Jahr von Bonstetten wieder nach Kiew gezogen ist. Auch weil ihr Mann dort alleine wohnt.» Sie ist Juristin und hat gespürt, dass ihr Einsatz nun in der Heimat wichtig ist – in der Schweiz konnte sie zudem nicht in ihrem angestammten Job arbeiten.

Das Säuliamt muss gemäss Aufnahmequote des Kantons Zürich, die seit dem 1. Juni 2023 bei 1,3 Prozent liegt, rund 570 Asylbewerber (inklusive Personen mit S-Status) beherbergen. Nicht eingerechnet ist die Stadt Affoltern, die von der Aufnahmepflicht befreit ist, weil sie das MNA-Zentrum Lilienberg, wo unbegleitete Jugendliche aus dem Asylbereich leben, beheimatet.

Für die Ukrainerinnen und Ukrainer, die nun nach Hause gefahren sind, rückten neue Asylbewerber nach, damit das Säuliamt seine Aufnahmequote weiterhin erfüllt. «Nur noch wenige, die nun in die Ukraine zurückgekehrt sind, haben im Säuliamt noch bei Privaten gewohnt», erklärt Michelle Högger. Die Gemeinden sind dafür zuständig, für genügend Wohnraum zu sorgen. Weil jetzt immer mehr Geflüchtete mit S-Status bei Privaten ausgezogen sind, müssen die Gemeinden nun zusätzlichen Wohnraum suchen, den bisher Privatpersonen zur Verfügung gestellt haben. «Das hat in unseren elf Gemeinden, die wir betreuen, aber gut geklappt. Es fehlen nur noch wenige Plätze», betont Högger.

Geld für die Rückkehr

Personen mit Status S, die definitiv in die Ukraine zurückkehren wollen, können sich bei der kantonalen Rückkehrberatungsstelle (RKB) melden. Diese Stelle kann beim Bund ab einem Aufenthalt in der Schweiz von mindestens drei Monaten ein Gesuch für eine finanzielle Rückkehrhilfe stellen.

Diese beträgt maximal 500 Franken für Erwachsene, pro Kind maximal 250 Franken und pro Familie maximal 2000 Franken. Wer Rückkehrunterstützung erhält, muss auf den Status S verzichten und den Ausweis abgeben.

«Nur noch wenige, die nun in die Ukraine zurückgekehrt sind, haben im Säuliamt noch bei Privaten gewohnt.»

Michelle Högger, Leiterin Asyl- und Migrationswesen SoBA

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