Von «Finanzhaien» und Autobahn-Engpässen
Hochkarätige SVP-Podiumsdiskussion in Bonstetten zur Abstimmung vom 24. November
Gleich vier Nationalrätinnen und Nationalräte haben am Dienstag im Gemeindesaal in Bonstetten um Ja- beziehungsweise Nein-Stimmen geworben für die Volksabstimmung am 24. November: von der SVP Barbara Steinemann (ZH) und Benjamin Giezendanner (AG), von der SP Priska Seiler Graf (ZH) und Islam Alijaj (ZH).
Die Ausgangslage ist spannend. Gemäss einer vor zwei Wochen veröffentlichten SRG-Umfrage hätten die Stimmberechtigten Anfang Oktober zu drei der vier Vorlagen Ja gesagt, allerdings zum Teil nur knapp: Finanzierung Gesundheitswesen, Ausbau Autobahnen, Mietrecht Untermiete. Bei der vierten Vorlage, Mietrecht Eigenbedarf, hielten sich die beiden Lager die Waage.
SVP-Ortsparteipräsident Claude Wuillemin konnte zur Podiumsdiskussion gut 40 Personen begrüssen, die meisten wohl SVP-Wählerinnen und -Wähler oder mit der Partei sympathisierend. Sie erlebten einen kurzweiligen, in verdaubare, kleine Sequenzen unterteilten Abend. Barbara Steinemann debattierte mit Islam Alijaj über die beiden Mietrechtvorlagen, Benjamin Giezendanner mit Priska Seiler Graf über den Autobahnausbau. Nicht zur Sprache kam die Vorlage über die einheitliche Finanzierung des Gesundheitswesens – um den Abend nicht in die Länge zu ziehen, so Wuillemin.
Mietrecht:Vorwurf der Profitgier
Die Diskussionen verliefen weitgehend entlang den bekannten Parteilinien, ohne jedoch langweilig zu werden. Dafür sorgte unter anderem der auf einen Rollstuhl angewiesene und sprechbehinderte Islam Alijaj (SP), der mithilfe einer Verbalassistentin argumentierte. Er bezeichnete die Mietrechtänderungen als Vorlagen zugunsten der «Finanzhaie». Sie – die Versicherungen, Banken und Pensionskassen – würden die vorgesehenen Änderungen letztlich nur dazu nutzen, ihre Profite zu erhöhen. WGs oder Bürogemeinschaften (Untermiete) würden künftig nahezu verunmöglicht. Barbara Steinemann (SVP) verwies auf die heutigen, «regelrecht eigentumsfeindlichen» Regelungen, bei denen Eigentümer in manchen Fällen «ewig warten müssen», bis sie Zugriff auf ihre Immobilie erhalten (Eigenbedarf). Mit der jetzigen Vorlage würde unter anderem für mehr Transparenz gesorgt. Sie warf dem Mieterverband vor, aus rein machttaktischen Überlegungen das Referendum ergriffen zu haben – «um Vermieter und Mieter gegeneinander auszuspielen».
Zwischen «notwendig» und «nicht zukunftstauglich»
Ebenso klar verlief der Meinungsgraben zum Thema Autobahnausbau, zwischen Benjamin Giezendanner (SVP) und Priska Seiler Graf (SP). Giezendanner, der auf der Fahrt vom Aargau nach Bonstetten auf der Autobahn in einen Stau geriet, nannte als Vorteile die Entlastung von Ortschaften vom Durchgangsverkehr, mehr Sicherheit und den vergleichsweise geringen Landverbrauch für die sechs Projekte. Seit der Planung des Schweizer Autobahnnetzes in den 60er-Jahren habe die Mobilität nun mal stark zugenommen, dazu komme das starke Bevölkerungswachstum, Stichwort: Zuwanderung. Dies habe zu einer massiven Zunahme von Staus geführt (letztes Jahr 49000 Stunden), zum Schaden der Wirtschaft, und dagegen müsse etwas unternommen werden.
Priska Seiler Graf bezeichnete dagegen die geplanten Ausbauten als «nicht zukunftstauglich» und als «Signal in die falsche Richtung». Bezeichnenderweise seien die von den Ausbauten betroffenen lokalen Bevölkerungen und Behörden dagegen. Seiler Grafs Hauptargument: Mehr Strassen führen zu mehr Verkehr, das Problem werde nicht wirklich gelöst. Die Abstimmung böte die Möglichkeit, «jetzt eifach mal de Schueh inezhebe» und zu sagen: Nein, so geht das nicht.
SVP-Wählerschaft tendiert zu vier Mal Ja
Laut der oben erwähnten SRG-Umfrage waren Anfang Oktober die SVP-Wählerinnen und -Wähler mehrheitlich für ein Ja bei allen vier Abstimmungsvorlagen. Das gilt in groben Zügen ebenso für das FDP-, das Mitte- und das GLP-Lager (GLP-Ausnahme: Nein zur Autobahnvorlage). Die Wählerschaft von SP und Grünen lehnen dagegen den Autobahnausbau und die Mietrechtänderungen ab. Die Efas-Vorlage (Finanzierung Gesundheitswesen) wäre von Links-Grün dagegen knapp gutgeheissen worden, wobei der Anteil der Unentschlossenen gross war. Ob und in welche Richtung sich die Meinungen in der laufenden, heissen Phase des Abstimmungskampfs verändern werden, ist offen. Klar ist hingegen, dass die SVP-Diskussionsabende in Bonstetten ein Stück gelebter Demokratie auf hohem Niveau sind.