Was bringen zwei Steuerprozente?

Die Steuerbelastung umfasst zahlreiche Komponenten

Es gibt im Kanton Zürich verschiedene Ausgleichsmassnahmen bei den Steuereinnahmen. (Grafik: Dominik Stierli, KI-generiert)

Es gibt im Kanton Zürich verschiedene Ausgleichsmassnahmen bei den Steuereinnahmen. (Grafik: Dominik Stierli, KI-generiert)

Die Gemeinde Mettmenstetten möchte dringend die Steuern erhöhen. Die Stadt Affoltern wird von der Rechnungsprüfungskommission zu einer zusätzlichen Steuersenkung gebracht. Obfelden und Ottenbach freuen sich über zwei Prozentpunkte weniger Steuern. Und jetzt? Wie viele Franken mehr oder weniger bleiben für den einzelnen Bürger oder die Bürgerin?

Rechnet man das Beispiel von Mettmenstetten im kantonalen Online-Steuerrechner, bezahlt eine ledige Person ohne Kinder mit einem jährlichen Nettoeinkommen von 100000 Franken beim aktuellen Gesamtsteuerfuss (98 Prozent) 6083 Franken Gemeindesteuern. Steigen diese auf 102 Prozentpunkte, steigt der Betrag um 248 Franken jährlich. Im umgekehrten Fall sparen die Ottenbacherinnen und Ottenbacher mit der Steuersenkung der Sekundarschulgemeinde Obfelden/Ottenbach um zwei Steuerprozente im gleichen Rechenbeispiel 124 Franken, also monatlich etwas mehr als zehn Franken.

Nicht nur Gemeindesteuern

Im Gespräch mit dem Obfelder Gemeinderat Christoph Kobel, welcher seit 22 Jahren für die Finanzen der Gemeinde verantwortlich ist, relativiert dieser die Bedeutung der Steuerfüsse für die einzelnen Steuerzahlenden. Sinken die Gemeindesteuern, betrifft dies auch nur gut die Hälfte der Steuerkosten. Daneben fallen auch die direkte Bundessteuer und die Kantonssteuer an. Im Kanton Zürich ist diese seit 2024 bei 98 Prozent, vorher lag sie ein Prozent höher.

Kobel hält zudem fest, dass für die Bevölkerung die Kosten unter anderem für Miete oder Krankenkasse deutlich mehr Einfluss haben als die Steuern. «Bei den Krankenkassen liegt das Knonauer Amt in der Prämienregion 3, was die günstigste im Kanton ist», sagt er. So könne ein Umzug in eine zwar steuergünstigere Gemeinde, aber teurere Prämienregion die Ersparnis wieder wettmachen.

Die grössten Unterschiede bei der Steuerberechnung verursacht denn auch nicht der Steuerfuss, sondern der Zivilstand. Kobel macht dazu ein Beispiel: Eine alleinstehende Person mit 100000 Franken Einkommen muss gut 15 Prozent ihres Einkommens für die Steuern aufwenden. Ein verheiratetes Paar mit Doppeleinkommen wird zwar mit dem tieferen Verheirateten-Tarif ­besteuert, was aber durch die Doppelbesteuerung gut 18 Prozent des Einkommens ausmacht. Bei nur einem Einkommen sind es sogar 19,6 Prozent.

Kommen in diesem Beispiel Kinder dazu, sinkt die Steuerbelastung zwar wieder. Allerdings wird zusammen mit Kindern die sogenannte Heiratsstrafe noch verstärkt. Die Politik hat immer wieder Anläufe unternommen, dies zu ändern. Aber auch die sogenannte Steuergerechtigkeits-Initiative, die derzeit beim Parlament hängig ist, hat Nachteile. Der Bundesrat kündigte im September 2024 einen indirekten Gegenvorschlag dazu an. «Steuergerechtigkeit lässt sich nicht schaffen, ohne dass jemand mehr zahlen muss», meint Kobel.

Ausgleichsmassnahmen

Um die Ungleichheit zwischen den Gemeinden im Kanton Zürich abzuschwächen, gibt es verschiedene Ausgleiche. So erhielten 2023 die Gemeinden Bonstetten, Kappel, Knonau, Mettmenstetten, Obfelden, Rifferswil und Wettswil einen demografischen Sonderlastenausgleich, welcher unter anderem der Kompensation hoher Schülerzahlen dient. Vom geografisch-topografischen Sonderlastenausgleich konnten im Knonauer Amt die Gemeinden Stallikon und Maschwanden profitieren. Maschwanden bezieht zudem den individuellen Sonderlastenausgleich (siehe Box). Als ­wichtigster Ausgleich fungiert aber der Ressourcenausgleich. Jede Gemeinde, welche eine unterdurchschnittliche Steuerkraft hat, bekommt diesen. 2023 lag die durchschnittliche Steuerkraft pro Kopf im Kanton Zürich bei 3892 Franken. Im Säuliamt lag die Steuerkraft pro Kopf zum Beispiel in Aeugst bei 4947 Franken. Bei den für 2023 definitiv vorliegenden Zahlen musste Aeugst mehr als 320000 Franken abgeben.

Die Gemeinden Hausen und Hedingen mussten weder Geld abgeben, noch erhielten sie Zuschüsse. Alle anderen Orte im Bezirk erhielten einen Ressourcenausgleich. Dabei werden durchaus grosse Beträge bewegt. So erhielt die Stadt Affoltern über 15 Millionen Franken, Obfelden gut 10,3 Millionen Franken. Auch sonst bewegen sich viele der Zahlen im Millionenbereich. «Der Kanton gleicht für jede Gemeinde auf 95 Prozent aus», sagt Kobel. So fehlen schlussendlich den Gemeinden nur fünf Prozent an Finanzmitteln im kantonalen Vergleich.

Wenig Einfluss von guten Zahlern

Auf die Frage, ob es sich lohnen würde, gute Steuerzahler anzuwerben, meint Kobel für Obfelden: «Für den Gemeindehaushalt ist es seit Jahren irrelevant, wie finanzkräftig die Steuerzahler sind. Wenn ein guter Steuerzahler zuzieht, merken wir das nicht. Wir nehmen in diesem Jahr etwas mehr ein, erhalten dann aber weniger Steuerausgleich. Dies einfach um zwei Jahre versetzt wegen der Auszahlungsfristen.»

Kobel sieht neben den bestehenden Ausgleichen auch einige Bereiche, welche in den letzten Jahren kostenmässig zugenommen haben, aber nicht ausgeglichen werden. Grob spricht er von den Schulen, der Sozialhilfe und den Pflegekosten.

Steuererklärung bis Ende März

Im Januar erhalten jeweils alle steuerpflichtigen Personen per Post ihre Steuererklärung. Im Kanton Zürich läuft die Eingabefrist bis Ende März. Wer diese verlängern möchte, kann bei der Gemeinde eine Fristerstreckung beantragen. Auf die Frage, wie das Steueramt Obfelden organisiert ist, meint Kobel: «Der grosse Teil von einfachen Steuererklärungen wird hier bearbeitet.» Kompliziertere Fälle gehen zur Einschätzung an den Kanton. Gearbeitet werde digital. Entweder wird die Steuererklärung auch schon digital eingereicht, oder dann scannt der Kanton diese zentral ein.

Abschliessend möchte der Finanzvorstand noch einen Hinweis anbringen. Viele Leute würden bei den Steuern immer von der Progression sprechen und dass man beim Erreichen einer höheren Steuerprogression viel mehr bezahlen müsse. «Das wird aber oft falsch verstanden. Die Progression gilt immer nur auf den Einkommensteil, welcher über der Stufe liegt, und nicht auf den ganzen Betrag», erklärt er. So mache das jeweils gar nicht so viel aus.

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