Windradpläne: Ein offener Dialog über bekannte und neue Sorgen

Veranstaltung zum Thema Windenergie am Samstag in Ottenbach brachte einen Austausch «auf Augenhöhe»

Die Feedbackveranstaltung im Ottenbacher Gemeindesaal. Um sich zu beteiligen, war eine vorherige Anmeldung notwendig. (Bild Marcus Weiss)

Die Feedbackveranstaltung im Ottenbacher Gemeindesaal. Um sich zu beteiligen, war eine vorherige Anmeldung notwendig. (Bild Marcus Weiss)

Baudirektor Martin Neukom bei seinen Ausführungen in Ottenbach. Rechts im Bild Moderatorin Catherine Duttweiler. (Bild Marcus Weiss)

Baudirektor Martin Neukom bei seinen Ausführungen in Ottenbach. Rechts im Bild Moderatorin Catherine Duttweiler. (Bild Marcus Weiss)

«Bis zum Jahr 2050 sollen 80 Prozent der Energie im Knonauer Amt erneuerbar sein. Nun sind in unserer Region gemäss Richtplanvorlage acht Windenergie­anlagen in drei Eignungsgebieten möglich, die 24 Prozent des Stroms auf erneuerbare Weise generieren könnten. Zusammen mit anderen Technologien kämen wir dann auf insgesamt 37 Prozent. Die um die 220 Meter hohen ­Anlagen würden jedoch das Landschaftsbild in unserer schönen Region entscheidend verändern. So kann man das Spannungs­feld umschreiben, in dem wir uns bewegen.» Mit dieser Einleitung eröffnete Gemeindepräsidentin Gabriela Noser Fanger die sogenannte Feedbackveranstaltung Windenergie im Ottenbacher Gemeindesaal. Da der gesamte Kanton Zürich in nur drei dieser Veranstaltungen abgedeckt werden muss, waren auch Vertreterinnen und Vertreter von Gemeinden ausserhalb des Knonauer Amts eingeladen, nämlich aus den Regionen Zimmerberg und Limmattal. «Es ist nicht selbstverständlich, dass die Baudirektion des Kantons zu einem solchen Anlass einlädt, und dass der Baudirektor sogar persönlich vor Ort ist und drei Samstagvormittage opfert, um sich dem Gegenwind auszusetzen, der ihm aus der betroffenen Bevölkerung entgegenweht, ist ihm hoch anzurechnen», meinte die Gemeindepräsidentin.

Das Knonauer Amt gilt beim Regierungsrat als Energieregion

«Ganz wichtig ist nun, dass Sie selbst mit Ihren Fragen und Ihrer Kritik zu Wort kommen», betonte Catherine Duttweiler, die als Moderatorin fungierte. Es solle keine Show für die Medien sein, sondern jede und jeder müsse in einem geschützten Rahmen sagen können, was sie oder er denkt. Aus diesem Grund war auch der Affolter Anzeiger, der als einziges Medium vor Ort war, beim Workshop keiner Tischgruppe zugewiesen. Damit war gewährleistet, dass sich die nach Gemeinden zusammengestellten Gruppen unbeobachtet beraten konnten. Baudirektor Martin Neukom sagte bei seiner Begrüssung im Saal, er freue sich besonders, hier zu sein, denn das Knonauer Amt sei nicht einfach irgendeine Region, sondern eine Energie­region. Dennoch sei auch hier der Weg zu einer Nutzung der Windenergie aufwendig und schwierig, denn man habe einen strikten rechtlichen Rahmen einzuhalten. «Wir können kaum etwas machen, ohne dass man dagegen einsprechen könnte, das heisst, wir dürfen uns keine Fehler erlauben und können nicht frei entscheiden», so der Baudirektor. Die Nachbarstaaten seien da schneller, obwohl auch sie Rechtsstaaten sind. Es gebe «wahnsinnig viel» zu prüfen, und trotz Beschleunigung dürfte es immer noch ein langer Weg bis zur Produktion von Windenergie im Kanton sein. Neukom legte dar, dass der Anteil der Windkraft am Strommix in der Schweiz mit momentan etwa 0,3 Prozent fast verschwindend klein sei, im Gegensatz etwa zu Deutschland, das rund einen Drittel seines Stroms aus Windkraft­anlagen bezieht. Die Bedingungen seien in unserem nördlichen Nachbarland aber auch viel einfacher, vor allem wegen der offenen Landschaft im Norden und dem stärkeren Wind. Wie schon bei der Medienkonferenz in Zürich betonte Martin Neukom, dass nur eine Kombination von verschiedenen erneuerbaren Energieträgern Erfolg bringen könne. «Es wird auch immer wieder diskutiert, ob man nun lieber Solarenergie in den Alpen oder auf Gebäudedächern gewinnen möchte, aber das führt nicht zum Ziel, denn es braucht beides», führte der Baudirektor aus. Der Stromverbrauch steige, auch durch den Umstieg auf elektrische Mobilität, und die Nutzung der Atomkraft falle irgendwann weg.

«Es geht um die Erfüllung einer Bundesaufgabe»

Bezüglich der Windenergie werde es von den Medien oft so dargestellt, als ob der Regierungsrat Windräder bauen wolle, aber dies sei in verschiedener Hinsicht falsch. Erstens würden die Anlagen von anderen gebaut, namentlich von Energieunternehmen, und zweitens entscheide nicht der Kanton darüber. «Es sind Bundesaufgaben, wir vom Kanton haben lediglich die Aufgabe, den Weg dafür frei zu machen.» Die Beschleunigungsinitiative solle nun dazu führen, dass die Gerichte bei Einsprachen nicht mehr wie bis anhin sechsmal auf die Sache schauen müssten, sondern nur noch zweimal. Flavia Polli vom Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft des Kantons Zürich (AWEL) erinnerte daran, dass man es bei den Standorten erst mit einer groben Planung zu tun habe, einer Festlegung, wo der Bau von Windkraftanlagen grundsätzlich möglich wäre. Es gebe zahlreiche Ausschlusskriterien, so die bereits öfter erwähnte Aviatik, aber auch Waldreservate, Wildtierpassagen, zu schützende Gewässer und im Falle unserer Region auch den Wetterradar auf dem Albis. «Wenn man alles rausnimmt, was nicht geht, bleibt nicht viel übrig vom Kanton. Genau diese Flächen müssen wir nun in den Fokus nehmen», machte Polli klar. Sie erklärte am Beispiel des bereits ausgeschiedenen Eignungsgebietes Nummer 52 (Grüthau nördlich von Mettmenstetten), wie die verschiedenen Aspekte mit Punkten bewertet werden, um anschliessend eine Entscheidung zu fällen. Kriterien wie den Naturschutzaspekten stehen dabei das voraussichtliche Produktionspotenzial sowie die Effizienz und Erschlies­sung (auf Strassen-, aber auch auf Stromseite) gegenüber.

Eine Bürgerbeteiligung ist sehr erwünscht

Michael Landolt vom kantonalen Amt für Raumentwicklung (ARE) liess die Anwesenden wissen, dass berechtigte Begehren zwingend aufgenommen werden. Auch sollen sich Gemeinden und die Bevölkerung an den Anlagen beteiligen können. Die Wertschöpfung könnte so in der Umgebung bleiben. Auf die Frage der Moderatorin, von welchen Erträgen man bei einer solchen Beteiligung denn sprechen könne, meinte Landolt, dies sei vom Strompreis abhängig, «aber einige Zehntausend Franken pro Jahr und Windrad in die Gemeinde­kasse würden es wohl schon sein.» Bezüglich der möglichen Anlagetypen erläuterte Sascha Gerster, Sektionsleiter Energie­planung bei der Baudirektion Kanton Zürich, dass es zwar noch keine kon­krete Planung zu einem bestimmten Anlage­typ gebe, aber grosse Anlagen zu bevorzugen seien. «Wenn eine Windkraftanlage über 200 Meter hoch ist, kann man damit doppelt so viel Energie gewinnen als etwa bei 160 Metern», machte er deutlich. Daher und auch aus Gründen des Landschaftsschutzes habe man lieber wenige, ganz grosse Anlagen als viele mittelgrosse.

Die Sorgen der Bevölkerung und die Antworten des Regierungsrats

Nach den Workshops an den Tischen folgte eine umfangreiche Fragerunde. Als Erstes wollte ein Herr wissen, ob der Regierungsrat bereit sei, die Sache mit den Windkraftanlagen dem fakultativen Referendum zu unterstellen. «Ein Vetorecht für die Gemeinden könnte man freiwillig machen. Je mehr Hürden in dem ganzen Verfahren aber einbaut werden, desto schwieriger wird es, zum Ziel zu kommen», antwortete Baudirektor Neukom. Er erinnerte daran, dass beispielsweise beim Bau von Deponien auch der Kanton bestimme und es darüber keine Volksabstimmung gebe. Weiter wurde von einem Teilnehmer thematisiert, dass aus den Unterlagen ­hervorgehe, bei der Planung sei auch ein Enteignungsrecht vorgesehen. «Wird es tatsächlich so sein, dass erstmals eine private Firma ein Enteignungsrecht erhält?», so der besorgte Anwohner. «Man muss Grundeigentümer sein, um ein Baugesuch einzureichen, es geht hier lediglich um die Erschliessung, beispielsweise, um eine Zufahrtsstrasse zu bauen», beruhigte Martin Neukom. Weitere Punkte betrafen eine eventuelle Höhenbegrenzung der Anlagen, die wegen der sich wandelnden Technologie bewusst nicht festgeschrieben worden sei, sich durch die Aviatik aber faktisch von selbst ergeben werde, und die Frage nach einer eventuellen Wertminderung von Liegenschaften. Hier wurde auf Deutschland verwiesen, wo die Windenergieanlagen offenbar bisher wenig Einfluss auf die Immobilienpreise haben. Auch die Sorge vor einem nächtlichen «Geblinke» trieb Teilnehmende um, hier wurde auf die in Deutschland eingeführte «bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung» verwiesen, bei der die Warnlichter nur eingeschaltet werden, wenn sich ein Luftfahrzeug in der Nähe befindet. Auf den Einwand, von den Windkraftanlagen gingen sogenannte Ewigkeitschemikalien (PFAS) aus, antwortete der Baudirektor, man habe nicht den Eindruck, dass die Windkraft eine grosse PFAS-Quelle sei. «Da diese Stoffgruppe fast überall Verwendung findet, wird es ohnehin eine europäische Frage sein, sich der Problematik anzunehmen», ­ergänzte er.

Privatpersonen, Gemeinden und andere Akteure können sich noch bis zum 31. Oktober dieses Jahres zur Richtplanvorlage und zum kantonalen Energiegesetz äussern. www.zh.ch/windenergie

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