«Wir haben ja den Zürichsee»

Der Pro-Kopf-Verbrauch an Trinkwasser sinkt stetig – Wasser aus dem Zürichsee ist reichlich vorhanden

Blick ins Innere des Quellwasserpumpwerks Rinderweidhau bei Affoltern. Der Um- und Neubau wurde im Jahr 2021 fertiggestellt. (Bild zvg)

In der Stadt ist die Wasserversorgungs-Genossenschaft Affoltern zuständig ­dafür, dass die etwa 2000 Anschlüsse im Stadtgebiet und auch in Zwillikon mit ausreichend sauberem Trinkwasser ­versorgt werden. «Wir verfügen zur ­Deckung des Wasserbedarfs unserer ­Gemeinde über fünf Reservoire mit ­einem Speichervolumen von 5540 Kubikmetern», heisst es auf der Website der Wasserversorgung. Diese Reservoire heissen: Allmend (die grösste Anlage), Rinderweidhau, Sonnenberg (eigentlich ein Quellenwasserpumpwerk), Ess und Rorenmoos (ebenfalls ein Quellwasserpumpwerk). An erhöhten Stellen in Affoltern sichern sie seit 125 Jahren die Wasserversorgung vor Ort.

Kein Wasser aus Maschwanden

Nun stellt sich die Frage, ob die Wasserversorgung im Amt und insbesondere in Affoltern gewappnet ist für den Zustrom an neuen Einwohnerinnen und Einwohnern, wie es der Kanton Zürich bis 2050 berechnet hat. Demnach sollen um die 16200 Personen neu ins Knonauer Amt ziehen (der «Anzeiger» berichtete). Eine happige Zahl, für die erst Wohnraum geschaffen werden muss. Zumindest was das Trinkwasser angeht, sind die Verantwortlichen im Knonauer Amt weitgehend entspannt. Betriebsleiter David Nietlispach erklärt: «Man könne ja selbst bei Wasserknappheit jederzeit auf das Wasser aus dem Zürichsee zurückgreifen. Dazu haben die 14 Gemeinden im Knonauer Amt die Gruppenwasserversorgung Amt gegründet. Diese kümmert sich um den Bezug von Wasser entweder aus dem eigenen Grundwasserpumpwerk in Maschwanden oder aus dem Zürichsee. Die Gruppenwasserversorgung sollte eigentlich das Grundwasserpumpwerk Bibelos in Maschwanden betreiben. Es ist jedoch derzeit ausser Betrieb, weil die Grenzwerte für Chlorothalonil-Metaboliten im Trinkwasser überschritten sind, wie das ­Kantonale Labor Zürich nach dem ­Untersuch von Proben festgestellt hat. Die Gwva hat deshalb im August 2020 beschlossen, den Betrieb des Grundwasserpumpwerks in Maschwanden einzustellen. Wann es wieder in Betrieb genommen werden kann, ist immer noch unklar.

Aufbereitetes Trinkwasser

Doch es gibt ja den Zürichsee: So ­beziehen die Säuliämtler Gemeinden aufbereitetes Trinkwasser über die Gruppenwasserversorgung Amt-Limmat-Mutschellen (Galm) aus dem Zürichsee von der Wasserversorgung Zürich (WVZ). Vor der Abschaltung des Pumpwerks konnte die Gruppenwasserversorgung Amt den jährlichen Bedarf zu 60 bis 80 Prozent mit Grundwasser aus dem eigenen Pumpwerk decken. Der Rest wurde via Galm von der WVZ bezogen. Aktuell werden beinahe 100 Prozent des Bedarfs der Gruppenwasserversorgung Amt mit Wasser von der WVZ, also mit Zürichseewasser, ­gedeckt.

Die Pumpstationen am Zürichsee beliefern neben der Stadt Zürich weitere 67 Gemeinden und 900000 Menschen in der Region mit Trinkwasser. Das Reservoir Lyren ist der grösste Wasserspeicher der Schweiz. Von dort wird das Wasser ins Reservoir Waldegg gepumpt und läuft anschliessend nach Birmensdorf. Über das Reservoir Fromoos gepumpt, fliesst das Seewasser ins Reservoir Bernhau und dann hinunter nach Maschwanden. Von dieser Verbindung wird es in die Netze der Gemeinden des Knonauer Amtes verteilt – wenn das nötig ist. In Affoltern beispielsweise wurde 2024 kein Wasser aus dem Zürichsee verbraucht, weiss Betriebsleiter Nietlispach. «Wir müssen bestimmte sogenannte Optionsmengen anmelden», erzählt er im Gespräch mit dem «Anzeiger». «Dann kann man soundsoviel Wasser pro Tag beziehen.» Gerade erst hat Affoltern den Bedarf für die Jahre 2026 bis 2031 angemeldet. «Diese Bedarfsrechnung kann die Gruppe alle fünf Jahre anpassen», sagt Nietlispach. «Von daher haben wir immer genug Wasser.»

Hinzu kommt ein anderer Punkt. «Der Pro-Kopf-Verbrauch sinkt tendenziell», rechnet Nietlispach vor und präsentiert eine Übersicht des Affoltemer Wasserverbrauchs der vergangenen 25 Jahre. Waren es 2001 bei 10035 Einwohnern in Affoltern noch 909464 Kubikmeter Wasser, die verbraucht wurden, sank der Wasserbedarf im Jahr 2024 auf 864601 Kubikmeter – bei inzwischen 12900 Einwohnerinnen und Einwohnern notabene. Umgerechnet auf den täglichen Bedarf macht das einen Verbrauch von 188 Litern Wasser pro Kopf im Jahr 2024 gegenüber einem Pro-Kopf-Verbrauch von 248 Litern im Jahr 2001 aus. «Vor allem in den letzten Jahren sind wir mit den Verbrauchszahlen sehr runtergekommen», so Nietlispach. Die Gründe dafür liegen laut dem Betriebsleiter bei einem ständig steigenden Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung, dem gut unterhaltenen Leitungsnetz und den Armaturen und Maschinen (WC-Spülung, Waschmaschine und Geschirrspüler, Industrie), welche immer weniger Wasser brauchen. Bei einem Bevölkerungsanstieg in der vom Kanton berechneten Menge müsse man sich in Sachen Trinkwasser also keine Sorgen machen, betont Nietlispach, der mit seinem Team auch grosse Bauvorhaben wie das beim Brauipark-Areal seit Jahren begleitet und auch für den Anschluss von zahlreichen neuen weiteren Wohnungen parat ist.

Niederschläge fehlen gelegentlich

Für die Wasserversorgungs-Genossenschaft Mettmenstetten schreibt Wasserwart Peter Frick: «Wenn unsere 24 Quellen, zum Beispiel bei Trockenheit, zu wenig Ertrag liefern, regelt der Bezug der Gruppe Amt über eine Klappe automatisch die fehlende Menge. Bei ausreichenden Niederschlägen würden die Quellen in naher Zukunft noch reichen. Die Engpässe sind vor allem im Sommer, wenn die Leute ihre Umgebung bewässern.» Der Pro-Kopf-Verbrauch nehme auch in Mettmenstetten ständig ab. ­Speziell ist die Situation in Stallikon: Die Wasserversorgung ist dort aufgrund der Topografie und des lang gestreckten ­Gemeindegebiets anspruchsvoll. Das ­Versorgungsnetz besteht aus fünf ­Druckzonen mit entsprechenden Stufenpumpwerken, diversen Schächten mit ferngesteuerten Klappen sowie über 37 Kilometer Transportleitungen. Der ­Üetliberg mit dem Uto Kulm wird von der Stadt Zürich her versorgt. Die südlichsten Weiler (Wolfen, Tüelen, Bol) werden mit Wasser von der Wasserversorgung Aeugst versorgt, weiss Cyrill Kaiser, Abteilungsleiter Tiefbau und Umwelt. Aber auch in Stallikon zeigt sich: Der mittlere spezifische Tagesverbrauch beträgt rund 190 Liter pro Einwohner und Tag. Auch dieser Wert ist in Stallikon in den vergangenen Jahren stetig gesunken. 2007 lag er noch bei 225 Litern. Aktuell wird das generelle Wasserversorgungsprojekt überarbeitet. Kaiser: «Erste Berechnungen zeigen, dass die Wasserversorgung Stallikon gut für die Zukunft aufgestellt ist und eine Optionserhöhung bei der Gwva in den nächsten Jahrzehnten nicht absehbar ist.» Der Fokus in den nächsten Jahren müsse also weniger auf den Ausbau, sondern dementsprechend auf den Werterhalt der bestehenden Anlagen gelegt werden. Über fünf Kilometer des heutigen Wasserleitungsnetzes stammen aus der Zeit der Gründung der Wasserversorgung, sind über 70 Jahre alt und müssen in den nächsten Jahren ersetzt werden.

In Knonau zeigt sich die Lage wie folgt: «Die Wasserversorgung der Gemeinde Knonau wird in der Regel vollständig mit Quellwasser sichergestellt», heisst es bei der Gemeindeverwaltung. Sicherheitshalber läuft derzeit eine Machbarkeitsstudie, um zu prüfen, ob ein Kapazitätsausbau des heutigen Reservoirs von 500 m3 auf 1200 bis 1500 m3 sinnvoll wäre. «Damit könnte die Verfügbarkeit des Trinkwassers für die ­Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde Knonau längerfristig sichergestellt werden», schrieb die Verwaltung schon im Mai 2024 in einem Gemeinderatsbericht. Das Reservoir hat das Baujahr 1979. Es wurde laufend nach Bedarf und Vorgaben unterhalten und technisch aufgewertet. Aufgrund der Erfahrungen der letzten fünf Jahre mit zwei länger anhaltenden sehr trockenen Perioden wurde auch der Quelleintrag minimal. Das führte dazu, dass nebst der Austrocknung des Haselbachs die Pegelstände des Reservoirs sanken, sodass der Tagesverbrauch durch Quellwasser nicht gedeckt werden konnte. Vermehrt musste dann von der Seewasser-Kauf-Option bei der Gruppenwasserversorgung Gebrauch gemacht werden. Dies allein sei nicht dramatisch. «Dennoch muss sich der Gemeinderat mittel- und langfristig mit wiederkehrenden trockenen Klimabedingungen befassen und entsprechende Massnahmen zur Sicherstellung der Wasserversorgung einleiten. Alleinige Lösungen mit Seewasser sind nicht nachhaltig und auch finanziell belastend», so die Gemeindeverwaltung Knonau.

Am 22. Mai führt die Gemeindeverwaltung Stallikon einen Infoabend durch, an welchem man sich über die örtliche Wasserversorgung informieren kann. Details dazu gibt es auf der Seite 10 der aktuellen «Anzeiger»-Ausgabe

 

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