61 «Böse» stellten sich dem Regen

Garstiges Wetter mit Regen und kühlen Temperaturen prägten das Schwingfest, das alle zwei Jahre auf der Bonstetter Gibel der Familie Paul Hedinger stattfindet. 61 «Böse» stellten sich den erschwerten Bedingungen.

Je länger der Wettkampf dauerte, desto begehrter waren die Zelte der Kampfrichter als Regenunterstand.
Je länger der Wettkampf dauerte, desto begehrter waren die Zelte der Kampfrichter als Regenunterstand.

Wenn nicht mindestens ein halber Meter Schnee auf dem Bonstetter Gibel liege, werde das Schwingfest durchgeführt, hatte man mich vorgewarnt. Tatsächlich! Obschon der Regen waagrecht von der Bise über die Anhöhe am Islisberg gepeitscht wurde, kämpften die stämmigen Burschen wacker in den drei Sägemehl-Ringen. Das nahe Bonstetten, das sich sanft an den gegenüberliegenden Hügelzug schmiegt, war durch die Wolkenfetzen nur schemenhaft zu erkennen. Vor allem die kühlen Temperaturen waren eine Herausforderung für die Schwinger, denn damit steigt das Unfallrisiko.

Der dichtgedrängte Veranstaltungskalender zwingt die Veranstalter offenbar zu derartigen Kompromissen. «Wenn das Wetter so schlecht ist, ist immer der OK-Präsident dafür verantwortlich», parierte OK-Präsident Franz Furrer die garstigen Bedingungen mit Humor. Auch sonst mochte er nicht klagen: «Wir sind ein eingespieltes Team und erhalten immer wieder Unterstützung von Jungen.»

«Schwingen ist eine Abart des Ringens», schreibt der eidgenössische Schwingerverband auf seiner Homepage wenig schmeichelhaft. Abartig mutet zuweilen höchstens die Kraft und Dynamik an, mit der die beiden Kontrahenten in Zwilchhosen aufeinander losgehen. Ein archaischer Zweikampf, wie er puristischer nicht sein könnte.

Bei den Erwachsenen gibts keine Kategorien und auch keine Gewichtsklassen. Das ist ziemlich einzigartig im Kampfsport und bedient urtümliche, zuweilen sogar biblische Fantasien. Dann nämlich, wenn ein Grosser auf einen Kleinen trifft und der Kleine schliesslich dank seinem Mut und seiner Kraft obsiegt – wie bei David und Goliath.

Wie David gegen Goliath

Gibelschwinget-Sieger Markus Schläpfer ist mit seinen 1.75 Meter Körpergrösse eher ein David. 93 Kilo Muskelmasse, filigrane Kampftechnik und eine Explosivität, die ihresgleichen sucht, machen den 25-Jährigen dennoch zum Angstgegner. Was Wunder: Schläpfer kommt aus einer veritablen Schwinger-Dynastie. Zuletzt war diese allerdings weniger wegen ihrer Kämpfe im Sägemehl, denn mit Krämpfen am grünen Tisch im Gespräch. Der Zwist um Werbeeinnahmen zwischen seinem Onkel Ernst Schläpfer und seinem Cousin, dem dreifachen Schwingerkönig Jörg Abderhalden, endete kürzlich mit dem Rücktritt Schläpfers als Obmann des Eidgenössischen Schwingerverbandes.

«Schade. Es geht hier doch nur um Sport», findet Markus Schläpfer und bedauert, dass die Meinungsverschiedenheiten den Familienfrieden beeinträchtigen. Mit seinem Onkel trainiere er regelmässig und sei in der strittigen Frage neutral, sagt Schläpfer. Als Hauptbroterwerb geht er einer Vollzeitstelle als Landwirt nach und bereitet sich derzeit auf die Meisterprüfung vor. Trotz seines jungen Alters ist er schon dreifacher Familienvater. Sein vierjähriger Sohn zeige bereits Anstalten, in die Fussstapfen des Vaters zu treten. Noch etwas hat der Gibelsieger verraten: Über den Winter hat er seine Technik mit Ringen verfeinert, auch, weil ihm das Spass mache. Damit schliesst sich der Kreis zum unglücklich formulierten Satz auf der eidgenössischen Schwinger-Homepage.

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