Beeindruckende Vorstellung stiller Disziplin
«Schmirinski» Stefan Schmidlin hats ausgeübt wie auch der erste Skiakrobatik-Olympiasieger Sonny Schönbächler: Geräteturnen. Auffällig ist die Disziplin während des Trainings, wie ein Besuch beim Turnverein Obfelden letzten Freitagabend gezeigt hat.
Freitagabend, kurz nach 18 Uhr. In der Turnhalle der Obfelder Mehrzweckhalle Zendenfrei herrscht bereits seit einer halben Stunde emsiges Treiben. Zuerst haben sich die Kinder und Jugendlichen selbstständig eingewärmt. Dann beginnen die Vorbereitungen für das Geräteturnen. Während auf der linken Seite der Doppelhalle 42 Buben und Mädchen aufgeteilt in acht verschiedene Riegen ihre Turngeräte aufstellen, bereiten sich auf der rechten Seite die Jugendriegler auf ihr Training vor. Dann fällt gewissermassen der Vorhang, eine textile Trennwand zwischen den beiden Hallenhälften.
18.10 Uhr: Cheftrainer Stephan Niederhäuser begrüsst seine Nachwuchsturnerinnen und -turner, die sich selbstständig nach Riegen geordnet in Kolonnen aufgestellt haben. Unter Aufsicht der acht Leiterinnen und Leiter beginnt nun das eigentliche Training. Zunächst werden Grundbewegungen geübt. «25 Minuten pro Gerät. Das braucht ziemlich viel Biss», kommentiert Niederhäuser, der früher selber aktiver Kunstturner war und es bis zu einem Kranz gebracht hat. Als seine eigenen Kinder mit dem Übertritt in die Primarschule ins Turneralter kamen, wechselte er die Seite. «Das Geräteturnen ist für mich wie ein Familienbetrieb», erklärt der 47-Jährige. Auch seine Frau Romaine ist im Leiterstab wie seine Töchter Melanie und Nathalie, derweil sein Sohn Roman aktiv mitturnt. Das Leiterteam wird komplettiert durch Andi und Martin Häberling, Marco Bär, Marianne Brotschi und Lukas Felder, die alle selber auch geturnt haben oder deren Familien sich im TV Obfelden engagieren.
Froh um alle, die mithelfen
«Wir sind froh, um jeden der mithilft. Denn das Training wird auch bei den Geräteturnern immer aufwendiger», sagt Niederhäuser. Geübt wird am Reck, Barren, an den Ringen, am Boden und Sprung, jeweils zweimal die Woche je zweieinhalb Stunden. «Im Unterschied zu den Kunstturnern fehlt bei uns das Pauschenpferd», ergänzt Niederhäuser. Auch wenn die Geräteturner gemessen in Stunden rund dreimal weniger trainieren wie die Kunstturner, und deswegen zuweilen sogar belächelt werden, sei das Niveau in den letzten Jahren markant gestiegen.
Niederhäuser muss es wissen. Er trainiert die Riegen K5 bis K7, deren Turner in der leistungsmässig höchsten Kategorie an den Schweizermeisterschaften mitmischen. Mit Stefan Meier ist sogar der amtierende K7-Schweizermeister dabei. Ein freundlicher, unscheinbarer Typ, der nicht aus der Gruppe heraussticht. Bis ihn Niederhäuser zum Abschluss des Trainings auffordert, die Schlussbahn seiner Bodenübung zu turnen. Meier nimmt Anlauf und springt einen gehockten Zweifach-Salto. Er wiederholt das Element noch zweimal und kommt dabei der Perfektion bei jedem Sprung näher.
Anleitung durch Vorbilder
Ob der spektakulären Darbietung haben die anderen Turner in der Halle innegehalten und zugeschaut. Meier und Niederhäuser geniessen den Moment. «Die älteren Turner leiten die jüngeren alleine durch ihr Vorbild an. Wir Trainer geben nur die Übungen vor und passen auf, dass sich niemand verletzt», sagt Niederhäuser sichtlich stolz. Tatsächlich vergingen die zwei Stunden in der Halle wie im Flug. Die Jungsportler arbeiteten vergleichsweise still an ihren Wiederholungen. Selbst die anstrengenden Kraftübungen gingen weitgehend selbstständig vonstatten. Bei der Verabschiedung stehen alle der Grösse nach auf einem Glied. Eine beeindruckende Vorstellung stiller Disziplin.