Die olympische Medaillenhoffnung erfüllte sich nicht
Bereits vor dem olympischen Zeitfahren hatte die in Hausen wohnhafte Engländerin Emma Pooley angedeutet, dass die beschauliche Strecke mit Start und Ziel beim Hampton Court Palace in London zierlichen Fahrerinnen wie ihr nicht entgegenkommt. Sie sollte recht behalten.
Für die Überraschung im olympischen Frauenzeitfahren hat Olga Sabelinskaya gesorgt. Die Russin, die im Strassenrennen am letzten Sonntag mit ihrem beherzten Antritt in der letzten Runde die Vorentscheidung auslöste und schliesslich die Bronzemedaille errang, spielte auch im Zeitfahren eine prägende Rolle. Mit neuer Bestzeit erreichte sie das Ziel; eine Marke, die vorerst Bestand haben sollte. Ihre Zeit reichte schliesslich nochmals für die Bronzemedaille.
Eine Zeit, an der auch Emma Pooley scheiterte. Zwar beendete die 29-jährige Weltmeisterin 2010 den 29 Kilometer langen Rundkurs, der keine namhafte Steigung und auch wenige Richtungsänderungen aufwies, wohl als Zweitschnellste. Doch vier ihrer Hauptkontrahentinnen im Kampf gegen die Uhr waren zu diesem Zeitpunkt noch unterwegs.
Puncherinnen bevorzugt
Allesamt deutlich grösser und schwerer wie Pooley, die an der letzten Olympiade in Peking auf einem deutlich schwierigeren Kurs noch die Silbermedaille gewonnen hatte. Puncherinnen, auf die die Strecke in der britischen Kapitale zugeschnitten war. Tatsächlich unterbot eine um die andere die Zeit Pooleys. Die Bestmarke von Sabelinskaya hatte jedoch Bestand – bis die beiden letzten Fahrerinnen, die aktuelle Weltmeisterin Judith Arndt aus Deutschland und die Olympiasiegerin von Peking, Kristin Armstrong aus den USA, die Zeit der Russin noch deutlich um 7 beziehungsweise 24 Sekunden unterboten.
Die bereits 38-jährige Amerikanerin konnte ihren Olympiatitel nach ihrer Babypause im Anschluss an die Weltspiele in Peking verteidigen. Die 36-jährige Arndt schaffte an ihrer fünften und letzten Olympiateilnahme die zweite Silbermedaille, nachdem sie bereits 2004 in Athen Zweite im Strassenrennen geworden war.
Für Pooley bleibt die bittere Erkenntnis, dass Topografie und Streckenlayout im Zeitfahren entscheidende Rollen spielen – und natürlich auch die körperliche Verfassung, wie das Beispiel des im Strassenrennen gestürzten Fabian Cancellara zeigte, der ebenfalls nicht zu reüssieren vermochte. Dafür rehabilitierten sich die Briten Bradley Wiggins und Chris Froome für das enttäuschende Abschneiden im Strassenrennen mit Gold und Bronze.
Die gebürtige Londonerin Pooley versuchte ihr Abschneiden unter den Erwartungen mit britischem Humor zu nehmen: «Da nützte die ganze Diät nichts, mir mit Schokolade und Schweizer Käse die fehlende Masse anzufuttern.»