Ein Jubiläumslauf, bei dem wirklich alles stimmte
Adrian Brennwald aus Aeugst hat seinen 500. sportlichen Wettkampf bestritten und den 292. Podestplatz errungen
«Ja, ich konnte den Lauf in meiner Alterskategorie gewinnen, über alles gesehen wurde ich Sechster.» Der Mann, der uns hier im Café gegenübersitzt, hat zwei Tage zuvor mit dem geschilderten, beeindruckenden Resultat den diesjährigen Bürenlauf in Büren an der Aare gemeistert. Gestartet in der Kategorie H40, also den Herren im Alter zwischen vierzig und neunundvierzig Jahren, musste er dabei auch noch den Nachteil wegstecken, mit seinem Jahrgang am oberen Ende dieser Alterskategorie angesiedelt zu sein. Obschon es seine erste Teilnahme an dieser Laufveranstaltung im Berner Seeland und damit quasi eine Premiere war, Adrian Brennwald mit Wohnsitz in Aeugst hat schon zahllose Top-Resultate für sich verbuchen können in seiner Karriere als Ausdauersportler, vornehmlich bei weitaus schwierigeren Wettkämpfen. Diesmal jedoch ging es um mehr als sonst, der Pflasterstein mit Siegesplakette, den er jetzt behutsam seinem Rucksack entnimmt, markiert einen Meilenstein in seinem Sportlerleben. «Es war mein 500. Wettkampf, deshalb haben sie mir auch die entsprechende Startnummer gegeben», erklärt er und hält auch dieses einzigartige Erinnerungsstück in die Höhe, das ihn über elfeinhalb Kilometer durch die Altstadtgassen und Waldwege von Büren begleitet hat.
Ein Unfall wurde zu seiner grössten Bewährungsprobe
Wer Brennwald noch nicht kennt und seinen Namen in eine Internet-Suchmaschine eingibt, dem genügt ein kurzes Überfliegen der Suchresultate, um zum Schluss zu kommen, dass es sich bei ihm um einen Ausnahmeathleten handeln muss. Er ist seit vielen Jahren eine feste Grösse in der höchsten Schwierigkeitsstufe von Ausdauerwettkämpfen, auch der «Anzeiger» hat wiederholt über ihn berichtet. Stichworte wie Ultra-Trail-Sieger, Triple-Ironman-Weltmeister oder Gewinner eines Bergwerk-Marathons lassen erahnen, wie viel Leidensfähigkeit er regelmässig für seinen Sport an den Tag legt.
Im Jahr 2022 stellte ein schwerer Unfall Adrian Brennwalds Welt auf den Kopf, und es war unsicher, ob er jemals wieder vollständig gesund werden, geschweige denn als erfolgreicher Sportler auf die Siegerpodeste dieser Welt zurückkehren würde. «Ich weiss heute noch nicht genau, was damals geschehen ist, ich war zum Training von Bergläufen allein in der Hochgebirgsregion in der Nähe des Stilfser Jochs unterwegs, als ich in einer äusserst steilen Bergflanke am Rande eines Gletschers ausgerutscht und den Hang hinuntergestürzt sein muss», berichtet der Athlet. Er habe selbst noch einen Notruf absetzen können, dies sei in seiner Erinnerung aber nicht mehr vorhanden, da ungefähr vier Tage in seinem Gedächtnis einfach «gelöscht» seien. Auch für die Retter, die ihn schliesslich unter Einsatz eines Rega-Helikopters geborgen hätten, sei es eine schwierige Mission gewesen, ihn zu finden und in Sicherheit zu bringen, die Liste seiner teils gravierenden Verletzungen zeugt von der Schwere des Unfalls. «Ich hatte wirklich sehr viele Schutzengel, dass ich dieses Unglück überstanden habe und erst noch ohne bleibende Schäden davongekommen bin», resümiert Adrian Brennwald. Was folgte, war unter anderem ein Reha-Aufenthalt und die sehr unangenehme Erfahrung, für drei Monate in ein «Gstältli», also ein Stützkorsett zur Stabilisierung seiner gebrochenen Halswirbel, eingezwängt gewesen zu sein.
In Anbetracht dieser dramatischen Ereignisse, die gerade einmal zwei Jahre her sind, ist es kaum fassbar, dass der nun absolvierte Bürenlauf bereits wieder der 32. Wettkampf des Athleten seit seinem Wiedereinstieg in den Sport war. Allein im laufenden Jahr sei es sein 21. Laufwettbewerb gewesen, was insbesondere auch vor dem Hintergrund eine enorme Zahl darstellt, dass er ja kein Berufssportler ist, sondern zu 80 % als Techniker im Unterhalt von Gebäuden arbeitet. Dass die Laufveranstaltung in Büren an der Aare, die ihm wegen des speziellen Flairs der schönen Altstadt in sehr angenehmer Erinnerung bleiben werde, nun sein Jubiläumswettkampf geworden ist, habe sich erst etwa zwei Wochen vor dem Ereignis abgezeichnet. «Ich plane seit meinem Unfall nicht mehr so langfristig, sondern melde mich erst zu einem Wettkampf an, wenn schon absehbar ist, dass die Bedingungen für mich stimmen», führt Adrian Brennwald aus.
Die Familie hat ihn bei dem besonderen Wettkampf begleitet
Bei diesem besonderen Rennen habe für ihn nicht der Rang im Vordergrund gestanden, sondern der Wunsch, den Lauf geniessen zu können. Dies sei ihm gelungen, es habe sich alles sehr gut angefühlt, und seine Mutter und seine Freundin seien anwesend gewesen. «Dies hat mir enorm viel bedeutet, denn sie sind meine engsten Bezugspersonen», erklärt der Sportler, und die Emotionen sind auf seinem Gesicht ablesbar.
Dass sein vor anderthalb Jahren verstorbener Vater dieses Jubiläum nicht mehr miterleben konnte, sei zwar traurig, er habe aber bei dem Rennen seinen Ring getragen und ihn so bei sich gehabt. Sein Vater sei es auch gewesen, der ihn einst mit den Bergen vertraut gemacht und damit seine Liebe zur Natur begründet habe. Dieses spezielle Verhältnis zu den Bergen habe sich durch den Unfall nicht verändert, er achte jetzt aber darauf, dass er es nicht übertreibe mit dem Anforderungsgrad seiner Wettkämpfe, sogenannte Ultra-Bergläufe von 100 Kilometern Länge habe er aus seinem Repertoire gestrichen. «Morgens um zwei Uhr mit der Stirnlampe auf dreitausend Meter über Meer, so etwas möchte ich auch meinem Umfeld nicht mehr zumuten, denn meine Mutter, meine Schwester, meine Freundin, alle bangen dann um mich, und das muss wirklich nicht mehr sein», so Brennwald. Der Jubiläumslauf, der bisher sein grosses Ziel gewesen war, bestärke ihn nun, weiterzumachen. «Das nächste Ziel ist aber nicht, dass es 600 Wettkämpfe werden, sondern dass ich weiterhin Spass an der Sache habe.»