«Mit 17 ist die Entwicklung offen»

Der 17-jährige Cedric Graf aus Ottenbach ist Fahrer der U19 Strassen- und Bahn-Nationalmannschaft von Swiss Cycling. Der junge Athlet des RRC Amt gehört gleichzeitig dem Team Koach an und wird von Kurt Müller trainiert. Spitzensport neben der Berufslehre setzt viel Entgegenkommen des Lehrmeisters voraus – Urs Müller als ehemaliger Profi-Triathlet nimmt diese Rolle professionell wahr.

Sportlicher Nachwuchs: Cedric, Jan, Nils und Aline Graf beim Fotoshooting. (Bild René Graf)
Sportlicher Nachwuchs: Cedric, Jan, Nils und Aline Graf beim Fotoshooting. (Bild René Graf)

«Radrennen bereiten mir sehr viel Spass», antwortet Cedric Graf auf die Frage, was ihn dazu motiviere, auf der höchsten Stufe seiner Altersklasse zu trainieren und Wettkämpfe zu bestreiten. Dies unterstreicht auch sein Vater, René, selbst ehemaliger Radrennfahrer und Sportobmann des RRC Amt. Alle vier Kinder von Sonja und René Graf-Schmucki fahren Radrennen.

Weshalb bereitet es Spass, bei einem Radrennen an die Grenze zu gehen? René Graf kommt rasch auf den Zusammenhalt zu sprechen: «Bei einer Panne hilft man sich gegenseitig, Kollegen bieten sich an, die Kinder zum Rennen mitzunehmen, wenn man einmal nicht selbst hinfahren kann. Ich selbst bin ein Fan, der im Rennen alle anfeuert, nicht nur meine eigenen Kinder.»

Der richtige Zeitpunkt

Kurt Müller trainiert Cedric seit anderthalb Jahren: «Man muss den richtigen Zeitpunkt finden, um mit einem strukturierten Training zu beginnen – zu früh kann die Begeisterung, zu spät die Aussichten auf eine sportliche Karriere hemmen.» Für Kurt Müller bedeutet die Betreuung eines Nachwuchssportlers mehr als nur das Schreiben von Trainingsplänen: «Es gibt ein Leben neben und nach dem Sport. Für Angehörige einer Nachwuchsnationalmannschaft, wie Cedric, ist die Vereinbarung von Sport und Ausbildung besonders anspruchsvoll.» Cedric vermisst nicht, dass er neben Sport und Ausbildung keine Zeit für Ausgang und Partys findet: «Jeder muss auf etwas verzichten. Ich verzichte auf das, was mir nicht so wichtig ist.»

Die Lösung fand Kurt Müller, weil er mit Sportster24 einen Rad- und Triathlon-Shop in Uitikon besitzt, der eine Velomechaniker-Lehrstelle anbietet. Geschäftsführer Urs Müller muss sehr flexibel sein, um das Geschäftsinteresse mit dem Trainings- und Wettkampfplan des Lehrlings in Einklang zu bringen: «Cedric muss alles rascher lernen, da er seltener als andere am Arbeitsplatz ist. Praxis in Radreparaturen eignet er sich während seiner sportlichen Aktivitäten an. Wenn er hier ist, habe ich in ihm einen Berater für Kundinnen und Kunden mit sportlichen Ambitionen, während unser Werkstattchef als E-Bike-Fahrer in diesem Segment seine eigene Erfahrung ausspielen kann.» Cedric Graf ergänzt: «Wenn meine Leistung am Arbeitsplatz und in der Schule stimmt, darf ich trainieren und Rennen fahren. Dies ist die Voraussetzung.»

Schwimmen zum Ausgleich

Cedric Graf sieht seine sportliche Karriere als Strassen- und Bahnradfahrer, nicht als Triathlet: «Ich bin weder ein begabter Schwimmer noch ein begeisterter Läufer.» Dennoch wird Kurt Müller künftig auch Schwimmtrainings einplanen: «Schwimmen ist eine ideale Ergänzung für alle Sportarten, denn es belastet den Körper vergleichsweise wenig und eignet sich daher beispielsweise auch fürs Aufbautraining nach Verletzungen.»

Mit Ausnahme des Trainingslagers der Nationalmannschaft plant Coach Kurt Müller Cedrics Trainings während des ganzen Jahres. Vor den Wettkämpfen wird im Nationalteam nicht mehr entscheidend trainiert, sondern vor allem die Strecke besichtigt und die Taktik festgelegt.

Dies ist denn auch ein grundlegender Unterschied zum Triathlon. Kurt Müller legt im Radtraining daher unterschiedliche Akzente. An Radrennen ist der starke Antritt von entscheidender Bedeutung, im Triathlon, insbesondere über längere Distanzen, die Fähigkeit, eine möglichst gleichmässige Leistung während Stunden zu erbringen. Cedric trainiert daher schwerpunktmässig eine möglichst hohe Sauerstoffaufnahme und den Laktatabbau, das heisst, eine rasche Regeneration während des Rennens etwa nach einem Fluchtversuch.

Teamtaktik im Radrennen

Im Radteam werden Rollen zugewiesen. Kürzlich kam Cedric bei einem Rennen mit der Nationalmannschaft nicht ins Ziel, weil dies nicht seine Aufgabe war. Er musste als Helfer jeweils den Spurt für den Teamleader anziehen, bis er abgelöst wurde. Dann durfte er die Beine hängen lassen. Im Triathlon ist gegenseitige Hilfe nicht einmal erlaubt, entsprechend ist auch keine Teamtaktik erforderlich. Dem Team kommt hier vor allem die Rolle zu, sich gegenseitig mental zu unterstützen. In der Nachwuchsnationalmannschaft ist daher das Lernen verschiedener Rollen im Team von grosser Bedeutung für den weiteren Verlauf der Karriere. Die meisten werden von einem Pro-Team als Helfer eingestellt, nur eine Minderheit entwickelt sich zum Teamleader. Ziel für Cedric sind die grossen, eintägigen Klassiker: «Ich bin viel stärker im Spurt als in langen Aufstiegen. Etappenrennen sind deshalb weniger meine Sache.» Kurt Müller sieht dies anders: «Mit 17 ist die Entwicklung noch offen. Wir werden sehen, wie sich Cedric weiterentwickelt.»

Ausbildung Sport im Einklang

Wenn Cedrics Geschwister beim Wettkampfsport bleiben, werden sie sich demnächst ähnliche Fragen stellen. Jan (U17) ist am Überlegen, wie er Ausbildung und Sport in Einklang bringt. Sein RRC-Amt-Kollege Dennis Flückiger wird bereits jetzt von Kurt Müller trainiert. Für Nils (U15) ist die Weichenstellung für die Berufslaufbahn noch etwas weiter weg. Bei Aline (U13) zeigt sich ein grosses Potenzial nur schon darin, dass sie auch bei den Knaben ihres Alters vorne mithält. Kurt Müller meint, in absehbarer Zeit könne sie in gewissen Trainings durchaus auch mal den Windschatten von Cedric halten.

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