Triumph mit Ankündigung
Urs Huber ist seiner Favoritenrolle gerecht geworden. Doch was bedeutet es für einen Hobbybiker, 141 km und 4000 Höhenmeter offroad um den Schweizer Nationalpark zu fahren? Christian Purat aus Obfelden hats am Samstag erstmals rennmässig ausprobiert.
Mit einem trockenen Antritt in der Steigung nach Lavin konnte sich Urs Huber rund 25 km vor dem Ziel von seinem letzten Begleiter Marco Rabagliati absetzen und fuhr eine knappe Stunde später zum fünften Mal als Sieger des Nationalpark Bike-Marathon in Scuol über die Ziellinie. Rabagliati wurde aber nicht Zweiter. Die beiden Teamkollegen Markus Kaufmann und Marc Stutzmann machten im Finale gemeinsame Sache und konnten den Italiener noch ein- und überholen. Der Deutsche Kaufmann wurde Zweiter, der Berner Stutzmann Dritter – und Rabagliati Vierter, hauchdünn vor dem Zürcher Oberländer Konny Looser.
«Meine Taktik ist genau so aufgegangen, wie ich mir das vorgenommen hatte», freute sich Huber im Ziel. Er habe denselben Trick angewandt, mit dem er 2013 den damaligen Marathon-Weltmeister Christoph Sauser düpiert hatte. Diesmal sei es noch ein bisschen undankbarer gelaufen. Dank Rabagliati, der bergab ein enormes Tempo vorgelegt habe, sei die Flucht erst möglich geworden, erklärte der Mettmenstetter. 5:48:39 Stunden hatte der 36-Jährige trotz frostiger Temperaturen für die Monsterdistanz um den Schweizer Nationalpark gebraucht. Im Durchschnitt war es mit 24,27 km/h unterwegs.
Ein Novize auf der Monsterdistanz
Zwei Wochen vor seinem ersten Start am Nationalpark Bike-Marathon ist Christian Purat die Strecke um den Schweizer Nationalpark erstmals abgefahren. Geführt von einer guten Bike-Kollegin, die schon neun Mal am Rennen teilgenommen hatte. Wie die Jungfrau zum Kind war der Obfelder zu seinem Startplatz gekommen. Besagte Kollegin hatte ihn als Geschenk zum 55. Geburtstag überraschend zum Rennen angemeldet. «Die Distanz war respekteinflössend. Ich wollte das Rennen deshalb sachte angehen», nahm sich Purat vor. Am Vortag hatte er sich noch bei Hans Schneebeli, dem Betreuer Urs Hubers, erkundigt, welche Bekleidung bei den vorhergesagten kühlen Temperaturen wohl am besten sei.
Am Renntag lief es Purat dann sehr gut. «Schon in der ersten Steigung von Scuol ins Val S-charl fand ich rasch einen guten Rhythmus und fühlte, dass es ein guter Tag werden könnte.» Der Obfelder erhöhte sein Tempo und löste sich von seiner Kollegin. Von nun an fuhr er sein eigenes Rennen. «Ich konnte es trotz der Strapazen sogar geniessen. Die Fahrt durchs Val Mora war landschaftlich unbeschreiblich schön.» So richtig hart sei es bei Rennhälfte nach Livigno geworden. «Bis der Chaschauna beginnt, steigt der Weg über längere Zeit recht mühsam da unregelmässig an. Irgendwann sieht man dann die anderen Teilnehmer, wie sie zu Fuss den Berg hochkraxeln. Man wird sich bewusst, dass man da selber hoch muss.»
Zu Fuss auf das Dach der Tour
Die 700 Höhenmeter bis zur Passhöhe habe er dann von A bis Z zu Fuss zurückgelegt. «Das war insofern nicht so schlimm, weil ich damit gerechnet hatte.» Oben angekommen, habe der eigentliche Spass begonnen: Die 20 km lange Abfahrt nach S-chanf. «Auf den letzten 25 km überwogen die Glücksgefühle. Ich erlebte einen Flow. In der Steigung nach Guarda konnte ich sogar noch Energie freisetzen und zahlreiche Mitstreiter überholen, was mich noch zusätzlich beflügelte.»
Als 258. erreichte er schliesslich das Ziel in Scuol nach 9 Stunden 16 Minuten und 21 Sekunden deutlich schneller als erwartet. «Ich hatte eigentlich mit einer Zeit von zehn Stunden gerechnet. Deshalb bin ich sehr zufrieden.» Mit der Rennatmosphäre ist der Wettkampfgeist des früheren Telemark-Spitzenskifahrers wieder erwacht. Er sagt: «Wenn man das Rennen selber gefahren ist, kann man abschätzen, welch enorme Leistung Fahrer wie Urs Huber erbringen.»
Purat bezeichnet sich selber als ambitionierten Hobbybiker, der «Freizeittouren auf hohem Niveau» fährt. Augenzwinkernd fügt der Familienvater an, er kümmere sich nicht um die Anzahl Höhenmeter, sondern fahre sie lieber.