Dem Familienzentrum droht das Aus

Der Verein muss aus der bisherigen Liegenschaft raus – bezahlbarer Ersatz ist nicht in Sicht

Hoffen auf Rettung in letzter Minute: Michelle Furter, Leiterin des Familienzentrums Bezirk Affoltern (links), und Annapaula Kuster, Bereichsleiterin Anlässe und Service, im Spielzimmer der Kinderhüeti an der Zürichstrasse 136. (Bild Livia Häberling)

Hoffen auf Rettung in letzter Minute: Michelle Furter, Leiterin des Familienzentrums Bezirk Affoltern (links), und Annapaula Kuster, Bereichsleiterin Anlässe und Service, im Spielzimmer der Kinderhüeti an der Zürichstrasse 136. (Bild Livia Häberling)

Maschwanden sucht weiterhin eine Lösung für seine Zukunft. (Archivbild dst)

Maschwanden sucht weiterhin eine Lösung für seine Zukunft. (Archivbild dst)

Nein, sagen Michelle Furter und Annapaula Kuster, als ausformuliert zur ­Sprache kommt, was zuvor unausgesprochen im Raum hing. Es sei nicht übertrieben, davon zu reden, dass das Familienzentrum vor dem Aus stehe. «Es stimmt», sagen die beiden, «wir wissen momentan nicht, ob und wie es weitergeht.»

Grund für die finsteren Zukunftsaussichten des Vereins ist die Immobiliensituation. Während mehr als 20 Jahren war das Familienzentrum des Bezirks Affoltern im ehemaligen Gerichtsgebäude neben dem Kronenplatz einquartiert und profitierte von den ermässigten Konditionen ihrer Vermieterin – der Stadt Affoltern. Doch dann gab diese im vergangenen März bekannt, dass sie die Liegenschaft ab Sommer 2025 selber benötigt. Grund ist die Strategie der Stadt im Umgang mit den volatilen (und zuletzt wieder steigenden) Schülerzahlen: Diese sieht vor, eigene Liegenschaften umzunutzen, statt auf «teure Provisorien» zu setzen.

Inzwischen rückt der Auszugstermin in grossen Schritten näher, es verbleiben noch etwas mehr als sechs Monate. Ein neuer Standort ist allerdings nicht in Sicht, wie Michelle Furter, Leiterin des Familienzentrums, im Gespräch bestätigt. «Wir haben noch kein neues Objekt gefunden.»

Die Stadt Affoltern hatte dem Familienzentrum zwar eine alternative ­Liegenschaft zur Miete angeboten. Zu konkreten Verhandlungen kam es hinterher allerdings nicht, der Kontakt versandete, und als das Familienzentrum schliesslich doch auf das Angebot eintreten wollte, war es nicht mehr gültig, weil die Stadt die Liegenschaft anderweitig benötigte.

Michelle Furter zeigt für den Entscheid Verständnis. Sie sagt: «Wir sind einer von vielen Vereinen, die Stadt schuldet uns keine Lösung.» Ein Problem sind die Folgen allerdings trotzdem: Alle anderen Objekte, die das ­Familienzentrum bisher besichtigt hat, erwiesen sich als unrealistische Lösungen: Entweder waren sie nicht rechtzeitig bezugsbereit oder die Mietkosten waren für das Familienzentrum jenseits des Realistischen. «Es wäre deshalb schön, wenn wir gemeinsam mit der Stadt eine Lösung finden könnten.»

Wichtige Einnahmen fallen weg

Das Familienzentrum hat seit Längerem mit einer angespannten Finanzlage zu kämpfen. Grund dafür ist ein Systemwechsel: Während Jahren war der Verein (ehemals «Mütterzentrum») zu einem erheblichen Teil vom Amt für Jugend und Berufsberatung unterstützt worden. Dann änderte der Kanton seine Praxis: Seit 2019 fliessen die Zuschüsse nicht mehr direkt an die Erbringer, sondern an die Gemeinden. Seither muss das Familienzentrum seine Subventionen mit jeder Gemeinde einzeln aushandeln. Diese wiederum erhalten dann bis maximal zwei Drittel des gesprochenen Geldes vom Kanton zurück. Zwar gelang es dem Familienzentrum, zwölf der vierzehn Gemeinden für Unterstützungsbeiträge zu gewinnen. Eine Leistungsvereinbarung, die dem Verein einen fixen Pauschalbetrag zusichert, gibt es allerdings nur mit Affoltern und Aeugst (pro Einwohnerin und Jahr erhält das Familienzentrum 1.25 Franken).

Die anderen zehn Gemeinden sprachen bisher Beiträge, die wiederkehrend sind oder jährlich neu beantragt werden müssen.

Das Familienzentrum generiert neben den Subventionen und den Mitgliederbeiträgen auch eigene Einnahmen aus dem Tagesgeschäft. Am bisherigen Standort war im selben Gebäude ein Hort eingemietet. Dieser steuerte nicht nur einen Drittel der Mietkosten bei, sondern bezog beim Familienzentrum das Mittagessen für die Kinder, was regelmässige Einnahmen generierte und Synergien für das Café Lollipop ergab, das ansonsten nicht primär auf einen kostendeckenden Betrieb ausgerichtet ist, da es als niederschwelliger Treffpunkt für Familien konzipiert ist. Auch Veranstaltungen wie etwa Kinder­konzerte oder die Spielgruppe können kostendeckend geführt werden. Die erwähnten Einnahmen aus dem Hort fallen nun jedoch weg, weil dieser im bestehenden Gebäude bleibt. «Das macht es für uns noch wichtiger, die Mietkosten am neuen Standort möglichst tief zu halten», sagt Michelle Furter.

210 Familien aus dem ganzen Bezirk Affoltern sind Mitglied beim Familienzentrum. Rund 50 Personen besuchen den Standort in Affoltern pro Tag – sei es für Elternbildungskurse, für einen Austausch oder ein Mittagessen im Café Lollipop oder für die Spielgruppe. 28 Mitarbeitende – vorwiegend Frauen – arbeiten mittler­weile dort, die meisten in Kleinstpensen auf Stundenlohnbasis. «Wir sind im Lauf der Jahre gewachsen, weil das Haus den Raum dazu bot», sagt Michelle Furter. Nun deuten die Zeichen wieder in die andere Richtung: Ähnlich komfortable Platzverhältnisse wird sich das Familienzentrum aufgrund seiner angespannten Finanzsituation vermutlich nicht mehr leisten können. «Wir sind auch bereit, uns zu verkleinern», sagt Furter, «Hauptsache, das Familienzentrum lebt weiter».

Um jeden Tipp froh

Bis anhin haben die operative Leitung und der Vorstand verschiedene Liegenschaften besichtigt. Eine passende gefunden haben sie noch nicht. Man sei in vielerlei Hinsicht anpassungsfähig, sagt Michelle Furter: «Ob es eine Wohnung ist oder ein Haus, spielt keine Rolle. Auch wenn noch kleinere Renovationen nötig sind, legen wir gemeinsam mit unseren Mitgliedern gerne Hand an.» Wichtig sei, dass der Standort gut erreichbar und zentral gelegen sei – idealerweise in Affoltern, aber auch eine andere Gemeinde wäre allenfalls denkbar. «Ein besonderer Luxus wäre, wenn auch ein Garten vorhanden wäre, damit wir weiterhin eine Spielgruppe anbieten können und die Kinder auch ins Freie können.»

Michelle Furter und Annapaula Kuster sind um jedes Angebot froh. Denn solange der neue Standort nicht gefunden ist, bleibt auch in der Schwebe, welche Angebote das Familienzentrum in Zukunft überhaupt noch erbringen kann. «Einige Geldgeber möchten einen Businessplan sehen, doch solange wir nicht wissen, wie viel Platz uns am neuen Standort zur Verfügung steht, können wir die Angebote nicht mit Gewissheit planen», erklärt Michelle Furter. «Es ist ein Teufelskreis.»

Trotz der angespannten Immobiliensituation hoffen die beiden, dass sie noch einen entscheidenden Tipp für eine Liegenschaft erhalten. «Wir hoffen auf ein Wunder», sagen sie, «und wir kämpfen bis zur letzten Minute für unser Familienzentrum.»

Wer einen Tipp zu einer Liegenschaft hat, darf sich gerne bei Michelle Furter melden: michelle.furter@familienzentrum-bezirk-affoltern.ch, 044 760 12 77

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