Der Maler und sein Haus in Affoltern

Das Ortsmuseum konnte nach eigener Wahl Dokumente, Bilder und Objekte aus dem Haus Bethania, wo der Maler Conrad Steinmann (1866 – 1933) ab 1899 mit seiner Familie wohnte, übernehmen. Die kulturhistorisch wertvollen Schätze sind jetzt im Ortsmuseum in Zwillikon zu sehen.

Ursula Grob hat den Nachlass des Malers Conrad Steinmann aufgearbeitet, einen Film produziert und die aktuelle Ausstellung kuratiert. (Bild Regula Zellweger)
Ursula Grob hat den Nachlass des Malers Conrad Steinmann aufgearbeitet, einen Film produziert und die aktuelle Ausstellung kuratiert. (Bild Regula Zellweger)

Häuser von Malern üben oft eine Faszination aus und erzählen aus dem Leben und von der Persönlichkeit ihrer Besitzer. Sie widerspiegeln auch die Zeit und geben viel vom Alltagsleben preis. So auch das Haus des Malers und Fotografen Conrad Steinmann in Affoltern, das er mit seiner Frau und den vier Kindern bewohnte. Das Haus blieb seit 1899 im Besitz der Familie. Die Nachkommen des Malers wünschten, dass der Nachlass gesamthaft archiviert und dokumentiert wird. Ursula Grob, Leiterin des Ortsmuseums, nahm das Angebot mit grossem Interesse an.

Ein Haus voller Geschichte

Tochter Vroni Steinmann lebte als Stickerin bis fast zum Lebensende im Jahr 2003 im Hause ihrer Familie. Regula Meissner-Baur verbrachte 20 Jahre lang jeweils den Sommer im Haus ihrer ­Tante Vroni, bis 2021. Die vielgereiste Frau gab dem Haus einen musealen Charakter. Bereits anlässlich einer Ausstellung 2016 zu den Ansichtskarten von Conrad Steinmann suchte sie den Kontakt mit Ursula Grob vom Ortsmuseum. Und nun soll das Haus mit dem wild-­romantischen Garten abgebrochen ­werden.

Ursula Grob durfte das Haus sichten, vertrauensvoll wurde ihr ein Schlüssel ausgehändigt. Für sie waren die Sichtungen eine berührende Reise in die Alltagsgeschichte einer Familie im 20. Jahrhundert in Affoltern. Sie durfte Bilder und Dokumente für das Ortsmuseum auslesen. Die Stimmung im Haus fing die Boostr GmbH aus Zwillikon unter der Mitarbeit von Ursula Grob filmisch ein. Die Museumsleiterin sprach die Film-Texte. Der Film kann im Museum angeschaut werden und hilft, die Exponate lebendig werden zu lassen

Maler-Biografie

Conrad Steinmann kam als jüngster Sohn eines Sekundarlehrers gleichen Namens, in Neftenbach zur Welt. Die Familie bewirtschaftete einen kleinen Bauernhof. Viel später wurde auch der Garten des Hauses Bethania für den Anbau von Gemüse und Obst genutzt.

Der kleine Conrad zeigte früh sein Talent für das Zeichnen und Malen. Er durfte sich bei namhaften Künstlern aus- und weiterbilden. Geprägt hat ihn Léon Gérôme von der Ecole des Beaux-Arts in Paris. Dieser war ein heftiger Gegner des Impressionismus. Nach dem Paris-Aufenthalt kehrte Steinmann nach Neftenbach zurück. Es zog ihn zum Malen in die Natur. Doch vom Malen allein kann man selten leben. Er liess sich zum Fotografen ausbilden – damals mit Glasplatten-Technik. Seine Existenz sicherte er mit der Übernahme von grafischen Arbeiten, Urkunden, Porträtmalerei und mit dem Fotoatelier.

1897 heiratete er und zwei Jahre später zog das Paar mit ihren zwei Kleinkindern ins Haus Bethania, wo zwei weitere Kinder zur Welt kamen. Ab 1909 konnte er seine Werke immer wieder ausstellen. Ab 1818 malte er bei längeren Aufenthalten an verschiedenen Orten in der Schweiz. Nach kurzer Krankheit verstarb Johann Conrad Steinmann 1933 in Affoltern.

Ausstellung im Ortsmuseum

Bereits beim Museumseingang empfängt eine Staffelei mit einem Bild und Malutensilien von Conrad Steinmann die Besucher. Empfehlenswert ist, sich gleich zu Beginn den rund 20-minütigen Film anzuschauen.

Dann nimmt man sich möglichst viel Zeit, um Bilder, Fotografien, Postkarten und grafischen Arbeiten aus dem Nachlass zu betrachten. Bei den Postkarten erkennt man Orte wieder, nicht nur Affoltern, sondern auch andere Orte in der Schweiz. Wunderschön sind einige Winterbilder. Peinlich genau geführte Kassenbücher und Listen zu Aufträgen und Bilderverkäufen erzählen viel über die praktische Seite des Künstlerlebens. Die Bilder zeigen, dass sich Steinmann wenig vom Zeitgeist beeinflussen liess und sich selbst, seinem Lehrer Léon Gérôme und dem klassisch-figürlichen Malen treu blieb.

Die Nachkommen des Malers besuchten die Vernissage am 6. Mai und waren begeistert. Sie sind Ursula Grob und dem Ortsmuseum dankbar, dass der Nachlass der Familie Steinmann in sicheren Händen bleibt, professionell konserviert und respektvoll präsentiert wird. Die Ausstellung fokussiert auf den Maler, widerspiegelt aber auch das Alltagsleben im Knonauer Amt. Ursula Grob hat mit viel Herzblut und Fachkenntnissen die Ausstellung kuratiert. Die Exponate haben noch viel mehr zu erzählen: Geplant für das nächste Jahr ist eine Ausstellung zum Leben der Familie.

Ausstellung Conrad Steinmann, Ortsmuseum Affoltern, Gemeindeplatz, Ottenbacherstrasse 79, Zwillikon. Bis 6. August jedes erste Wochenende im Monat, samstags, 10 bis 16 Uhr und sonntags, 12 bis 16 Uhr, Führungen auch ausserhalb der Öffnungszeiten. Infos und Kontakt: www.museum-affoltern.ch.

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