Die Akte «Umzug» ist geschlossen

Das Notariat, Grundbuch- und Konkursamt in Affoltern ist neu an der Sagistrasse zu finden

Notar Andreas Mohni (vorne) und ein Teil seines Teams im neuen Kundenbereich an der Sagistrasse. Weil der Weg zur Post nun etwas weiter ist, dürfen die Lernenden die Strecke in Zukunft mit dem E-Trottinett zurücklegen. (Bild Livia Häberling)

«Gibts nicht mehr», würde wohl manches Unternehmen entgegnen, wenn es nach seinem physischen Archiv gefragt würde. Alles längst digitalisiert. Beim Notariat, Grundbuch- und Konkursamt Affoltern sind die Dinge im wahrsten Sinn des Worts anders ge­lagert: Würden sämtliche Originaldokumente, die dort über die Jahrzehnte angelegt worden sind, aneinandergereiht, ergäbe sich daraus eine 350 Meter lange Aktenschlange. Willkommen in einer Welt, in der bedrucktes Papier noch als harte Währung gilt!

Anfang Woche nun wurden all diese Unterlagen in einen Zügelwagen geräumt und in die Nähe von Möbel Pfister an die Sagistrasse 8b gefahren. Seit heute Freitag befindet sich dort der neue Standort des Notariats, Grundbuch- und Konkursamts Affoltern.

Umgesehen habe man sich seit Längerem, sagt Notar Andreas Mohni beim Besuch vor Ort. Sein Team zählt mittlerweile mehr als 20 Personen, was die Platzverhältnisse in den vergangenen Jahren stetig enger werden liess: «Unser einziges Sitzungszimmer war teilweise über Tage hinweg ausgebucht. Es kam vor, dass wir einzelne Arbeitsplätze in den Gängen einrichten mussten.»

Die Kundschaft wird fordernder

Seit das Notariat, Grundbuch- und Konkursamt im Jahr 1956 in die Liegenschaft am Bahnhofplatz 8 eingezogen war, hat es seine Büroflächen zweimal vergrössert: Zunächst gelang es, die Räume der angrenzenden Zahnarztpraxis zu übernehmen, später sorgte ein Anbau für zusätzlichen Platz. Diese Stück-für-Stück-Erweiterung wird auf einem Rundgang augenfällig. Die Räume sind verwinkelt, teils etwas eng. Sie offenbaren sich als Zone der stillen Schafferinnen und Schaffer. Man könnte eine Büroklammer aufprallen hören, wäre der Boden nicht aus Teppich.

Diese Stille in den Büros sei unüblich, wird Andreas Mohni später sagen. Dass es in diesen Räumen laut werden kann, lässt auch die Glasscheibe an der Empfangstheke vermuten. Andreas Mohni bestätigt, dass es dort gelegentlich zu Zwischenfällen komme. Unter all den verständnisvollen, freundlichen Kunden sind es Einzelfälle. In diesen aber reicht die Palette von Ausfälligkeiten bis hin zu Drohungen. Zu Verzweiflungstätern, etwa solchen, die nicht über den Konkurs hinwegkommen und in den Mitarbeitenden den willkommenen Sündenbock finden, gesellt sich seit der Pandemie eine Gruppe von Staatskritikern. Ihnen zu erklären, dass auch auf dem Notariat, Grundbuch- und Konkursamt für alle Menschen dieselben Gesetze angewendet werden, könne herausfordernd sein, sagt Mohni. Doch mit den allermeisten Kundinnen komme eine angenehme Zusammenarbeit zustande. «Wir verstehen uns als Dienstleister und beraten gerne, damit am Schluss eine gute und dauerhafte ­Lösung entsteht», betont er.

Bis zur digitalen Akte dauerts noch

Es hat verschiedene Gründe, dass sich der Mitarbeitendenbestand in den vergangenen Jahren vergrössert hat. Einerseits ist die Arbeitslast durch das ­Bevölkerungswachstum angestiegen, gleichzeitig habe die Komplexität der Geschäfte zugenommen, sagt Andreas Mohni: Zu seiner Lehrzeit habe ein Kaufvertrag für ein Haus in der Regel noch zwei Seiten umfasst, «das können Sie heute vergessen. Mittlerweile sind acht bis zwölf Seiten keine Ausnahme mehr, sondern die Regel.» Mehr Zeit kosten auch die zahlreichen Gesetzesänderungen, die in immer kürzeren Abständen erfolgen, wie Mohni sagt: «Die Gesetzbücher, die wir unseren Auszubildenden bei Lehrbeginn zur Verfügung stellen, sind heute an der Abschlussprüfung schon nicht mehr verwendbar, weil sie veraltet sind. Manchmal ist das bereits nach dem ersten Lehrjahr der Fall.»

Apropos Lernende: Auch im Ausbildungsbereich gelingt dem Notariat, Grundbuch- und Konkursamt durch den Umzug ein Sprung nach vorne. «Aufgrund der knappen Platzverhältnisse hatten wir bis anhin pro Lehrjahr nur eine Lehrstelle zu vergeben», sagt Mohni. Ab Sommer sind es zwei. Die Nachwuchsförderung liegt ihm am Herzen, denn wie andernorts herrscht auf Notariaten ein Mangel an Fachkräften. So fehlt in Affoltern aktuell auch ein Inhaber oder eine Inhaberin des Notarpatents.

Und wie sieht es mit der Digitalisierung der Akten aus – bricht diesbezüglich auch auf den Notariaten, Grundbuch- und Konkursämtern im Kanton Zürich in absehbarer Zeit ein anderes Zeitalter an? «Das Grundbuch selbst ist seit vergangenem Jahr digital», sagt ­Andreas Mohni, «wann es mit den Akten so weit ist, lässt sich schwer ab­schätzen». Das Papierarchiv möge etwas aus der Zeit gefallen wirken, doch das Wissen darum, dass zumindest ein Teil dieser Dokumente mit der Absicht geschrieben wurde, Generationen zu überdauern, gebe ihnen gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit eine andere Wertigkeit, findet Mohni.

Notariat, Grundbuch- und Konkursamt Affoltern, Sagistrasse 8b (2. OG), Affoltern; Öffnungszeiten: Montag bis Freitag, 8 bis 11.30 und 14 bis 17 Uhr

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