Die breite Bevölkerung unterhalten

1933 gegründet, darf das Aoba dieses Jahr sein 90-Jahre-Jubiläum feiern. Im Zentrum steht das Jahreskonzert vom 14. und 15. Januar – mit zwei Nostalgie-Formationen.

Das Akkordeon Orchester Bezirk Affoltern feiert nächstes Jahr sein 90-jähriges Bestehen. (Bild zvg.)
Das Akkordeon Orchester Bezirk Affoltern feiert nächstes Jahr sein 90-jähriges Bestehen. (Bild zvg.)

Am internationalen Akkordeon-Festival in Innsbruck holte das Aoba 1995 den Pokal für Platz zwei in der zweit­höchsten Kategorie Oberstufe. Fünf ­Jahre später resultierte ein doppelter Festsieg am Eidgenössischen Musikfest in Luzern: Das Orchester wie das Ensemble starteten dort in der Höchststufe und erhielten als einzige das Prädikat «vorzüglich mit Auszeichnung». ­Darüber hinaus erspielte sich das ­Jugendorchester ein «vorzüglich».

Es war die erfolgreichste Phase des 1933 als «Handharmonika-Club Affoltern» gegründeten Vereins. Der damalige Gründungszweck: «Mitglieder beiderlei Geschlechts und aller Altersklassen im Harmonikaspiel fördern.» Darüber hinaus fanden auch «Freundschaft und Geselligkeit» in den Gründungsstatuten Erwähnung. Und Disziplin war gefordert: «Jedes Aktiv- sowie Freimitglied ist verpflichtet, die angesetzten Proben ­regelmässig und pünktlich zu besuchen, die Anordnung zu befolgen und nach besten Kräften (...) mitzuhelfen.» Es folgt eine Auflistung der akzeptierten Entschuldigungsgründe für Absenzen.

Steigender Anspruch an Präzision

Zwölf Jahre lang leitete Initiant Fritz Bär das Orchester, ehe 1945 Werner Keller seine Nachfolge antrat. Er sollte für nicht weniger als 35 Jahre bleiben. In dieser Zeit spezialisierte sich der «Handharmonika-Club» auf einfache, volkstümliche Unterhaltungsmusik. Mit dem Dirigentenwechsel zu René Karlen – einem Künstler am Akkordeon und Verfechter konzertanter Musik – erlebte der Verein 1981 dann einen Kulturschock. Der Verein sei damals vor der Auflösung gestanden, erinnern sich Edith und René Homberger aus Hedingen, die schon seit 59 respektive 56 Jahren dabei sind.

So war es ab 1984 an Ruedi Marty, die Handharmoniker in die Zukunft zu führen. Ein Signal dafür war 1988 die Umbenennung zum «Akkordeon ­Orchester Bezirk Affoltern», kurz Aoba. Immer mehr sei in dieser Phase der ­Anspruch an Präzision gestiegen, ­blicken Edith und René Homberger ­zurück. Marty brachte in seiner Funktion als Musiklehrer neue Leute dazu, die in zwei Aufbaustufen an das grosse Orchester herangeführt wurden. Das ­ermöglichte es der Topformation, sich mit Höchstschwierigkeiten auseinanderzusetzen – was zu den eingangs erwähnten Erfolgen führte. Es war eine Zeit, in der die Akkordeonszene noch gedieh, der Nachwuchs an Musikschulen ausgebildet wurde und die Dorfjugend mehrheitlich auch im Dorf aktiv war.

Verschiedene Generationen ansprechen

Vor sieben Jahren hat René Glauser den Dirigentenstab übernommen. Eigentlich habe er sich den Traum von einem Höchststufe-Orchester erfüllen wollen, sagt er. Den Abschluss der erfolgreichen Phase mit Marty nahmen allerdings auch einige starke Spielerinnen und Spieler zum Anlass, dem Verein den ­Rücken zu kehren. «Zum Teil waren das schmerzhafte Abgänge», hält Aoba-­Präsident Urs Schneebeli fest.

Statt weiterer Höhenflüge war also erst mal Aufbauarbeit gefragt, um ­zumindest die Oberstufe zu halten. Dazu gehört eine dringend nötige ­Verjüngung – im Vorstand ebenso wie im Orchester. Das Altersspektrum ist im Verein seit jeher breit. Aktuell reicht es von 18 bis 75 Jahren, wobei die unteren Generationen untervertreten sind und der Nachwuchs zuletzt weitgehend ­fehlte. Das muss sich ändern, wenn der Verein eine Zukunft haben will. Dazu passt das Bekenntnis zu Musik, die ­verschiedene Generationen anspricht.

Kommendes Jahr begeht das Aoba nun also sein 90-Jahre-Jubiläum. Im Zentrum steht dabei das Jahreskonzert vom 14. und 15. Januar. Nicht zuletzt braucht der Verein diese Einnahmequelle, um sein Überleben sichern zu können. «Der Betrieb kostet viel Geld», sagt Dirigent Glauser. «Und auf die Unterstützung von Behörde und Verwaltung können wir nicht zählen», fügt Schneebeli an. So kostet die Nutzung des Kasinosaals den Verein alles in allem 2500 Franken.

Mit Bon Jovi und Lady Gaga

Beim Programm des Jubiläumskonzerts habe er den Fokus auf Stücke gelegt, die ins Ohr gehen, so René Glauser. Was das eine oder andere schwere Wettkampfstück nicht ausschliesst. «Hörbar» soll die Musik sein, erklärt der Dirigent, «Unterhaltung für die breite Bevölkerung, nicht nur für Ländler-Begeisterte». So gehört auch eine Melodie von Lady Gaga zum Konzertprogramm oder ein Bon-Jovi-Medley mit den bekannten ­Themen von «It’s my Life» und «Run­away». «Zum Glück sind heute zu sehr vielen Stücken Arrangements verfügbar», sagt René Glauser, «auch Sachen, welche die Jungen gut finden». Schliesslich sei es wichtig, dass das Üben Freude bereite und die Musik beim Publikum gut ­ankomme. Nebst dem Aoba-Orchester wird am 14. und 15. Januar auch das Ensemble der Musikschule Knonauer Amt zu hören sein. Weiter dürfen sich die Konzertbesucherinnen und -besucher auf zwei Nostalgie-Formationen – «die Aagfrässne» und «die Gmüetliche» – unter der Leitung von Ehrendirigent Ruedi Marty freuen.

Nach einem intensiven 2022 wolle man es im Jubiläumsjahr ansonsten ­etwas ruhiger nehmen, so Urs ­Schneebeli: «2024 ist dann wieder ein Eidgenössisches, an dem wir – Stand heute – teilnehmen werden; ja, teilnehmen müssen! Wenn wir schon Leute haben, die das organisieren, soll man das auch unterstützen.» Und wo soll der Verein in zehn Jahren, zu seinem 100. Geburtstag, stehen? «Es wäre schön, wenn es uns dann noch gibt», so ­Schneebeli. «Das Vereinsleben hat sich schon verändert», bedauert er. «Die Jungen wollen sich nicht mehr committen», ergänzt René Homberger.

Ziel: das Publikum begeistern

Vom grundsätzlichen Nachwuchs­problem vieler Vereine ist die Akkordeonszene noch stärker betroffen. ­Vereine verschwinden, Verbände ­werden zusammengelegt oder ganz aufgelöst. Im Gegensatz zu den Jodlern etwa, die in den letzten Jahren im Sog des Schwingsports mitschwammen und mittlerweile für die Vereinigung von Tradition und Trend stehen, ist bei den «Handörgelern» noch kein Umschwung in Sicht. «Wir hatten schon 1982/83 das Gefühl, es geht nicht mehr weiter», ­relativiert René Homberger. «Wenn ­jeder sein ­Engagement bringt, können wir etwas erreichen», zeigt René Glauser Optimismus: «Nicht mehr auf dem ­Niveau der 1990er-Jahre, aber wir ­können die Leute auch mit einfacheren Stücken begeistern und einen guten ­Eindruck hinterlassen.»

90 Jahre Aoba, Jubiläums-Jahreskonzert am 14. und 15. Januar, Samstag 20 Uhr, Sonntag 14 Uhr, Kasinosaal Affoltern. Kollekte. Weitere Infos unter www.aoba.ch.

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