Die Freiherren von Schnabelburg
Aus der Geschichte von Kappel, Uerzlikon und Hauptikon: Teil 1/3

Im Frühmittelalter, wohl im 8. Jahrhundert, wurden im Gebiet der heutigen Gemeinde Kappel die Siedlungen Uerzlikon, Hauptikon und Tagebrechtswil gegründet. Tagebrechtswil ist nur urkundlich belegt, nicht aber mit archäologischen Funden. Möglicherweise befand sich das Dorf an der Stelle des später gegründeten Weilers Scheuren, der nach den Reformationskriegen meist Näfenhaus oder Näfenhäuser genannt wurde.
Anlässlich der Kirchenorganisation, die der fränkische König Karl der Grosse um 800, als er sich zum Kaiser krönen liess, durchsetzte, wurden die Dörfer der Kirchgemeinde Baar zugeteilt. Zu unbestimmter Zeit wurde in der Nähe des späteren Lierenhofs die Filialkapelle St. Markus gebaut. Dass sich die Dörfer und Höfe im Raum Kappel an Baar orientierten, ist kein Zufall. Vermutlich wurde das Gebiet in allen Besiedlungsphasen vom Zugersee her zuerst auf Streifzügen zur Jagd begangen, bevor Waldstücke für Ackerbau und Viehzucht gerodet und Häuser gebaut wurden.
Das Bevölkerungswachstum in der Innerschweiz schuf für die Bevölkerung der Weiler nördlich des Zugersees ab dem Hochmittelalter ein langfristiges Problem: Aus Horden hungernder Jugendlicher entwickelten sich Söldnertruppen, die wesentlich zielgerichteter zu Plünderungszügen aufbrachen als ihre schlecht organisierten Vorgänger. Die Freiherren von Eschenbach, die das ganze Gebiet zwischen Zugersee, Reuss und Albis in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts unter ihre Kontrolle bringen konnten, erkannten die Lage und bauten ein Verteidigungssystem der Grenzen auf, das sich nicht darum scherte, dass die Bevölkerung der Weiler über diese Grenze hinaus kirchenpflichtig war.
Vorerst «nur» ein Holzgebäude
Die Anfänge der hochadligen Freiherren im 12. Jahrhundert liegen nur schon deshalb im Dunkeln, weil dieser Stand damals noch keine dynastischen Namen trug. Dies war den Grafen und Herzogen vorbehalten. Freiherren wurden in den Urkunden mit ihrem Vornamen und ihrer Burg als Beiname erwähnt. Erstmals tritt ein Freiherr von Schnabelburg 1185 anlässlich der Stiftung des Klosters Kappel auf. Sein Name lässt vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt die Schnabelburg bereits gebaut war. Das Kapital für den Klosterbau musste aber zuerst geäufnet werden, unter anderem mithilfe der neu gegründeten Fronhöfe Lierenhof und Leematt, weshalb vorerst Holzgebäude reichen mussten, bis der erste Bau aus Stein zwischen 1250 und 1300 errichtet wurde.
Stadt beim Rachefeldzug zerstört
Gemäss der Legende entdeckte Walter von Eschenbach-Schnabelburg von seiner Burg aus den Lichtschein der Kapelle Sankt Markus, was ihn bewog, hier ein Kloster zu bauen. Es gab aber auch durchaus weltliche Gründe, die dafür sprachen: Zwischen der Schnabelburg und der befestigten Stadt Maschwanden war ein weiterer Stützpunkt zur Sicherung des Herrschaftsgebiets erwünscht. Da um 1200 keine anderen Adelshäuser Ansprüche auf das Gebiet äusserten, konnte das Kloster mittels Rodungen seine Besitzungen ausdehnen, ohne Konflikte zu riskieren. Für die Bevölkerung der Umgebung des Klosters war die Klärung der Machtverhältnisse vorteilhaft, denn von nun an mussten plündernde Söldnertruppen in diesem Raum mit Gegenwehr rechnen. Doch dieser Schutz war nicht von langer Dauer.
Die Freiherren mit Sitz auf der Schnabelburg konnten der generellen Krise der Freiherren im 13. Jahrhundert nicht entgehen. Sie verschuldeten sich bei den Grafen von Habsburg, beteiligten sich möglicherweise aus diesem Grund am Mord am Habsburger König Albrecht 1308, worauf sie der Reichsacht verfielen. Der letzte Vertreter des Adelsclans, Walter IV. von Eschenbach, soll als Schäfer im Schwarzwald gestorben sein. Die Stadt Maschwanden wurde beim Rachefeldzug zerstört, die Schnabelburg für knapp ein Jahrhundert von Habsburg übernommen, während das Kloster den Herrschaftswechsel einigermassen unbeschadet überstand.
In dieser kleinen Artikelserie stellt Bernhard Schneider einige Begebenheiten aus der Geschichte der Gemeinde Kappel vor. Das Buch «4000 Jahre Kappel am Albis im Überblick – Kappel, Uerzlikon, Hauptikon» ist für 40 Franken erhältlich auf der Gemeindeverwaltung Kappel und in der Buchhandlung Scheidegger in Affoltern