Glutnester finden und dem Feuer Brennmaterial entziehen
Seit bald zwei Wochen brennt oberhalb von Bitsch der Wald. Übers Wochenende werden zwei Feuerwehrleute aus Affoltern die Löscharbeiten unterstützen.
Seit bald zwei Wochen hält er die Schweiz in Atem, der Waldbrand oberhalb von Bitsch im Oberwallis. Über 200 Personen mussten zeitweise ihre Häuser verlassen. Und auch in Griechenland loderte es in den letzten Tagen hier und da in der Landschaft. Mit besonderem Interesse verfolgt in Affoltern Luana Maggetti das Geschehen. Sie ist Offizierin der Stützpunktfeuerwehr Affoltern – und kommandiert einen von fünf Waldbrand-Stützpunkten im Kanton Zürich. Morgen Samstag schickt der Kanton Zürich nun eine Zehnerdelegation, der auch zwei Affoltemer angehören werden, nach Bitsch, um die Einsatzkräfte vor Ort übers Wochenende bis Montag zu entlasten.
Rund vier Jahre ist es her, dass die kantonale Gebäudeversicherung GVZ den Anstoss gab, spezialisierte Gruppen für die Bekämpfung von Waldbränden ins Leben zu rufen. Im Ernstfall können sie von den Ortsfeuerwehren, welche in erster Priorität zuständig sind, zur Unterstützung aufgeboten werden. Die Truppe von Luana Maggetti, bestehend aus 26 Feuerwehrleuten aus Affoltern, Aeugst und Ottenbach, deckt den ganzen Südwesten des Kantons ab, also alles diesseits des Zürichsees, inklusive Limmattal und der Stadt Zürich.
Erfahrung von Graubünden und Wallis nutzen
Beim Aufbau der Waldbrand-Stützpunkte setzte man auf die Expertise der Kantone Graubünden und Wallis. Dort sei die Waldbrand-Thematik wie im Tessin schon länger im Bewusstsein gewesen, so Maggetti. Entsprechend besuchte eine Spurgruppe 2019 Thusis, um sich ein Bild zu machen. Für die Mannschaft des Waldbrand-Stützpunkts folgten ab Sommer 2020 erste Kurse in Andelfingen. Im April letzten Jahres wurde in Unterengstringen dann die Zusammenarbeit mit dem Militär und deren Helikopter geübt. Dabei habe man wertvolle Erfahrungen gesammelt, so Luana Maggetti: «Die Waldbrand-Thematik ist für uns noch relativ neu und mit einem Heli arbeiten wir auch nicht jeden Tag.»
Im Ernstfall würde der Affoltemer Waldbrand-Stützpunkt mit zehn Leuten ausrücken. Zwei finden im Universallöschfahrzeug (ULF) Platz, die restlichen in einem Personentransporter, der zugleich Zugfahrzeug für den Anhänger mit dem Waldbrand-Equipment ist. Zu solch einem Ernstfalleinsatz ausserhalb von Affoltern ist es allerdings noch nicht gekommen. Praktische Erfahrungen konnte die Gruppe dennoch bereits sammeln. Letztes Jahr bei einem kleinen Wald-Flurbrand auf Affoltemer Stadtgebiet und dieses Jahr bei einem Feld-Stoppelbrand.
Dies sind denn auch die häufigsten Formen von Geländebränden im Mittelland. Baumkronenfeuer, wie sie im Wallis, im Tessin oder auch im Mittelmeerraum auftreten, sind hier selten. Gemeinsam ist allen drei Formen die Herausforderung der Topografie. Die Einsatzkräfte sind mit Stolperfallen konfrontiert, arbeiten am Hang sowie in teils unwegsamem und unübersichtlichem Gebiet.
Lange und anstrengende Einsätze
Im Gegensatz zu den üblichen Feuerwehreinsätzen, die in wenigen Stunden erledigt sind, kann es bei einem Waldbrand auch länger gehen. Und die Arbeit ist hart: Mit Hacken und Spezialwerkzeug gilt es, Glutnester zu finden und dem Feuer Brennmaterial zu entziehen. Für Haltelinien zur Eindämmung der betroffenen Fläche werden nach Möglichkeit bestehende Gewässer oder Strassenbauten genutzt. Ansonsten gilt es, Streifen systematisch zu benetzen und von allem zu befreien, was brennen könnte. Dabei reicht es nicht, an der Oberfläche zu bleiben: «Das Feuer frisst sich in die Wurzeln und kann weiterwandern, sodass man es von Auge nicht sieht», führt die Waldbrand-Spezialistin aus.
Entsprechend kommt auch technisches Equipment zum Einsatz, etwa Wärmebildkameras, die bildlich aufzeigen, wo die Temperaturen noch ausserordentlich hoch sind, oder Drohnen, die bei Bedarf von Partnerorganisationen angefordert werden können. Das wichtigste Werkzeug bringt der Waldbrand-Stützpunkt allerdings in einem modular aufgebauten Anhänger selbst an den Einsatzort. Dazu gehören nebst herkömmlichen Schaufeln der «Gorgui», der die vier am häufigsten verwendeten Rech- und Hack-Werkzeuge vereint, die Wiedehopf-Hacke für das Graben in durchwurzeltem Boden und der Gertel zum Abschlagen von Zweigen und Ästen, aber auch der Schlauchrucksack sowie der 20-Liter-Löschrucksack mit Pump-Spritze. Dies alles ist in mehrfacher Ausführung zu zwei je 170 kg schweren Modulen zusammengepackt, die sich bei Bedarf auch vom Heli an den Bestimmungsort transportieren lassen.
Luana Maggetti bereut es nicht, sich für den Posten als Chefin der Affoltemer Waldbrand-Gruppe beworben und den Zuschlag erhalten zu haben: «Das Thema ist spannend – und es wird immer aktueller.» So könne es nicht nur im Sommer zu Waldbränden kommen, sondern durchaus auch in einem trockenen Winter. «Wir hoffen, dass es uns nicht braucht, aber falls doch, sind wir bereit.»