Im lamarotte droht ein Defizit

Die finanzielle Lage im Kulturkeller in Affoltern ist angespannt

Sie wollen das vielfältige Kulturangebot aufrechterhalten: lamarotte-Geschäftsführerin Isabelle Schaetti und Vermieter André Ruchti. (Bild Werner Schneiter)

Der 2001 gegründete Kulturkeller lamarotte in Affoltern ist zur markanten Institution gewachsen, der über die ­Bezirksgrenzen hinaus Bedeutung zukommt – auch dank einem vielfältigen Angebot mit jährlich rund 90 Veranstaltungen, die Jazz, Kabarett, Klassik, Theater, Diskussionen zu Zeitfragen und anderes beinhalten.

Möglich machen das rund 50 Freiwillige, die an der Bar, der Kasse, hinter den Kochtöpfen oder am Computer unentgeltlich ihre Arbeitskraft und ihr Wissen zur Verfügung stellen. Für den Verein mit seinen rund 600 Mitgliedern stellte die Pandemie eine grosse Herausforderung dar, dazu auch die dringend gewordene Frage, auf welche Weise – trotz anhaltendem Erfolg – ein jüngeres Publikum angesprochen werden kann.

Unter dieser Prämisse wurde ein Transformationsprojekt gestartet. Zum damit angepeilten Strukturwandel zählte die Trennung von operativem und strategischem Geschäft – mit einem neuen Vorstand. Dabei stiess der Kulturkeller auf offene Ohren: Die Fachstelle für Kultur des Kantons Zürich gewährte dem Kulturkeller lamarotte einen einmaligen Beitrag von rund 160 000 Franken. «Mit diesem Geld war es uns möglich, eine auf Kultur spezialisierte Kommunikations- und Werbeagentur zu verpflichten», sagt lamarotte-Geschäftsleiterin Isabelle Schaetti. Mit verschiedenen Massnahmen – unter anderem Programme in neuem Design, Tools, Newsletter, Plakatvorlagen und der Auftritt in sozialen Medien – wurde das Ziel eines «frischeren Auftritts» angepeilt. «Das wäre aus eigener Kraft nicht möglich gewesen», betont die Geschäftsleiterin und fügt erfreut bei: «Der erste Schritt, damit mehr Aufmerksamkeit zu erzielen, ist uns ziemlich schnell gelungen. Auch die Rückmeldungen von jüngeren Personen bestätigen das.»

Jährlich 90 Veranstaltungen sind nicht mehr zu stemmen

Diese Offensive hat aber auch eine Kehrseite: Ist das Transformationsprojekt mit dem «Zustupf» durch den Kanton abgeschlossen und professionelle Strukturen implementiert, generiert das künftig Zusatzkosten, für die dann allein der Kulturkeller aufkommen muss. Das kurzfristige Problem: Wie finanziert sich das von September 2024 bis Ende Januar 2025 laufende Programm, für das die Auftretenden bereits gebucht sind? Das Defizit für dieses Jahr beläuft sich auf knapp 40 000 Franken.

Den Verantwortlichen ist klar, dass 90 Veranstaltungen pro Jahr nicht mehr zu stemmen sind. «Ab Februar 2025 müssen wir hier bremsen», hält die Geschäftsleiterin fest – auch unter dem Hinweis auf die Kapazität im Kulturkeller, die mit 50 Plätzen klein ist. Die Gagen sind immer höher als die Ticketeinnahmen. Pro Veranstaltung kann das Defizit von 200 bis über 1000 Franken betragen. Eine neue, vielversprechende Zusammenarbeit ist mit dem Pianohaus Schoekle im Entstehen, wo die Kapazität mit rund 150 Plätzen wesentlich höher ist als im lamarotte. Coachingplus, im selben Gebäude beheimatet, stellt ihre Räumlichkeiten für den Barbetrieb vor und nach dem Konzert zur Verfügung.

Einzelne Grossveranstaltungen vermögen das aktuell drohende Defizit ­natürlich nicht zu decken, weitere Massnahmen sind gefragt: So zählt das lamarotte auf den neu ins Leben gerufenen Jazzclub, bei dem Musikerinnen und Musiker einen freiwilligen Jahresbeitrag von 50 Franken leisten. Verstärkt wirbt der Kulturkeller um neue Einzel-, Paar und Firmenmitglieder, dazu kommt der jährliche Verkauf von selbst gezogenen Sonnenblumen. Willkommen sind auch Wetteinsätze im Rahmen des Entenrennens vom 8. Juni, der zur Tradition gewordenen Familienveranstaltung zum Saisonabschluss (Näheres unter www.lamarotte.ch). «Alle diese Massnahmen werden über 10 000 Franken einbringen», so Isabelle Schaetti. Darüber hinaus haben einzelne Musikerinnen und Musiker bereits für ein Benefizkonzert im lamarotte zugesagt …

Mehr Support von den Bezirksgemeinden erhofft

Bei einem Jahresbudget von 450000 Franken steuern die meisten Bezirksgemeinden insgesamt 10000 Franken bei, davon trägt die Stadt Affoltern 6500 Franken. Die Fachstelle Kultur des Kantons unterstützt den Kulturkeller mit jährlich 60000 Franken. Seit über 20 Jahren schafft es der Verein dank hoher Eigenleistung, finanziell über die Runden zu kommen, hadert aber mit dem Umstand, dass er «zwischen Stuhl und Bank fällt», weil Kulturförderung Sache der Gemeinden ist. «Da sich unsere Angebote an den gesamten Bezirk richten, fühlt sich keine Gemeinde für das lamarotte verantwortlich. Alle verweisen jeweils darauf, dass sie ihre eigenen Vereine, Kulturkommissionen und Kulturvereine unterstützen müssen», führt Isabelle Schaetti aus. Sie hofft, dass die Gemeinden erkennen, dass lamarotte ohne sie kaum überleben kann, denn die Bevölkerung schätzt ein wohnortnahes, vielfältiges regionales Kultur­angebot.

Unterstützungsmöglichkeiten - Sonnenblumen­verkauf: Samstag, 18. Mai, 16 Uhr bis 18 Uhr, im und um den Kulturkeller lamarotte, 10 Franken pro pflanzfertiger Topf. Wetteinsätze Entenrennen: Samstag, 8. Juni, ab 15 Uhr beim BOA-Brüggli oder über www.lamarotte.ch

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