Köstlichkeiten und Turbulenzen

Das Premierenpublikum wurde verwöhnt, kulinarisch von Lernenden der Hotelfachschule Belvoirpark und kulturell vom Ensemble des Theatervereins. Miranda Goedhart hat eine weitere Komödie geschrieben – diesmal mit Schiff.

Boten vollen Bühneneinsatz an der Premiere in Bonstetten: die singende Schiffsmannschaft...

Boten vollen Bühneneinsatz an der Premiere in Bonstetten: die singende Schiffsmannschaft...

...und die Luxusdamen Bünzli. (Bilder Denise Bohnert)

...und die Luxusdamen Bünzli. (Bilder Denise Bohnert)

Die Bonstetter sind bekannt dafür, gerne grosse Feste zu feiern, diesen Samstag haben sich über 270 Personen den Abend für «Am falschen Ufer» reserviert. Die Premiere der diesjährigen Produktion des Theatervereins ist restlos ausverkauft – keine Mühen wurden gescheut, um der Kulturlandschaft Säuliamt einen stilvollen Anlass hinzuzufügen. Ein Leuchtturm schwenkt sein Licht durch den Gemeindesaal, Seemöven überfliegen die langen Tische, an denen die Premierengäste schwedische Köstlichkeiten geniessen. Lernende der Hotelfachschule Belvoirpark, alle im Matrosenkostüm, bieten einen gepflegten Service, jeder Platz ist besetzt.Stoffpirat.ch – dahinter steht Tanja Moll, engagiertes Mitglied im Theaterverein Bonstetten – hat die maritime Tischdeko kreiert. Das Schiff liegt im Hafen, dort auf der Bühne ist noch kein Leben auszumachen.

Spannung trotz Erfahrung

Obwohl der Kahn eher schitter aussieht und an allen Ecken und Enden Rost angesetzt hat und auch der Name Nordsee-Express keinen Ausflug aus dem klirrend kalten Januar in wärmere Gefilde verspricht, freut sich das Publikum auf eine Fahrt kreuz und quer durch Irrungen und Wirrungen, Geheimnisse und Notlügen, Verbrechen und andere Kleinigkeiten. Der Theaterverein Bonstetten setzt mit Vorliebe auf weibliche Regie, Rita Tomasini und Irmgard Schmid waren vier- beziehungsweise zweimal im Einsatz, Miranda Goedhart, bereits zum zweiten Mal auch Autorin, fungiert 2017 zum fünften Mal als Regisseurin. Eben noch flanierte sie durch die Reihen und begrüsste da und dort Bekannte und Prominente – nun sitzt sie gespannt auf ihrem Stuhl. Ein einzigartiger Moment. Für die Regie bedeutet die Premiere den Höhepunkt und zugleich das Ende ihrer Arbeit: Traditionellerweise wird nun das Stück an die Spielenden übergeben: Von jetzt an sind sie es, die das Schiff steuern.

Schlager und Sprachwitz

Die zwei Damen (Erika Umiker und Nadia Goedhart), die den Saal betreten, Shopping Queens, aufgetakelt und in Highheels, zeigen sich in leicht überdrehter Manier wenig begeistert von dieser Szenerie. Ihre Erwartungen spielen sich im Fünf-Sterne-Bereich ab, sie sind eingestellt auf durchgehende Wellness, Mani- und Pediküren, Coiff- und andere Allüren, besonders jene mit dem Kapitän zu dinieren. Und nach dem Tussenauftritt erfolgt bereits die erste live Gesangseinlage: «Min Schatz am Zürisee» ist einer aus einer Reihe von Schlagern, die das Stück musikalisch auflockern. Auch der Kapitän (Kurt Good) scheint etwas angerostet zu sein, sein junger Steuermann (Dominique Fisch) wird von dessen Mutter per Handy ferngesteuert und als Otto Bünzli (Roger Seiler), Ehemann und Vater der anspruchsvollen Damen – er nennt sie Oberstkommandant und Vize –, mit Gepolter und viel Gepäck auftritt und seiner besseren Hälfte telefonisch ein gänzlich anderes Bild der Lustfahrt vermittelt, ahnt man, dass hier wohl nicht nur die «Nordsee-Express» in Schieflage geraten wird. Anstrengend ist es für den seit Monaten Arbeitslosen, den Schein zu wahren und er holt sich Verstärkung durch das Publikum beim Singen des Bankerblues: «My Boni are over the ocean…» Noch hat er einiges zu tun, um sein Überleben zu organisieren, mit viel Fantasie die Realität zu biegen und zu brechen und nachdem er sich erstmal mit einem sexy Tänzchen in Hawaihemd und Shorts stürzt, überzeugt der Unermüdliche Mannschaft und Schiffsküchenteam (Sibylle Birrer und Kaspar Locher), sich mediterran zu geben, was in einer mit romanischen Endungen versetzten Sprache manch köstliche Pointe liefert.

Zügig und leidenschaftlich gespielt

Gespickt ist das Stück mit Sprachwitzen und träfen Sprüchen rund um die Gürtellinie, Männer- und Frauenklischees, da kennt die Autorin keine Hemmungen: Kleine Schlüpfrigkeiten sowie Missverständnisse bringen das Publikum immer wieder zum Lachen. Die Schauspieler und Schauspielerinnen verkörpern ihre komödiengerecht stark überzeichneten Figuren und textreichen Rollen mit Verve, was ihnen auch immer wieder Zwischenapplaus einbringt. Nach der Pause, in der das reiche Kuchenbuffet nochmals zum Zuge kommt und Tombola-Lose verkauft werden (der Hauptpreis, ein Kugelgrill, findet seinen glücklichen Gewinner), nimmt das Stück mit den Inselbewohnern Piet (Jürg Zbinden) und Dirk (Stefan Bürgi) eine über-raschende Wende, nach der – im Prinzip – dann doch alles beim Alten bleibt. Ein vergnüglicher Abend geht kurz vor Mitternacht zu Ende. Noch fünf Vorstellungen bieten dem Ensemble weitere Gelegenheit seine Spielfreude auszuleben und dem Publikum Amusement zu bieten nach dem Motto: «Das isch so toll, da chum ich fascht Tollwuet über.»

«Am falschen Ufer» von Miranda Goedhart, am 3., 4., 9. und 10. Februar, jeweils 20 Uhr; Derniere Samstag, 11. Februar, 19 Uhr, im Gemeindesaal Bonstetten. Karten an allen Poststellen, unter www.theater-bonstetten.ch oder www.ticketino.ch. Türöffnung, Getränke und Snacks 90 Minuten vorher.

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