«Komische Menschen auf Perron Gleis 1»

Online wird heute fast alles bewertet. Auch im Knonauer Amt geben Internetnutzer ihre ­Einschätzungen und Kommentare nicht nur zu Ausflugszielen und touristischen Sehenswürdigkeiten ab, sondern äussern auch ihre mitunter kurios anmutenden Ansichten zu so profanen Orten wie Parkplätzen, Bahnhöfen oder Strassen.

Auf die Idee muss man erst mal kommen: Um den Türlersee lässt sich herumspazieren. (Archivbild Romeo Nagele)

Auf die Idee muss man erst mal kommen: Um den Türlersee lässt sich herumspazieren. (Archivbild Romeo Nagele)

Auf dem Bahnhof Affoltern halten sich laut Google-Rezension schon mal komische Personen auf. (Bild Stefan Schneiter)

Auf dem Bahnhof Affoltern halten sich laut Google-Rezension schon mal komische Personen auf. (Bild Stefan Schneiter)

Online-Bewertungen sind im Trend. Im Internet kann jede und jeder zu allem seine Meinung öffentlich kundtun. Wer im Netz nach Bewertungen über Orte in der Region sucht, findet zu allem Erdenklichem Einträge. Auf Plattformen wie Google oder Tripadvisor geben Nutzerinnen und Nutzer persönliche Einschätzungen ab und bewerten diese mit 1 bis 5 Sternen. Bei Sehenswürdigkeiten oder landschaftlich attraktiven Orten dominieren meist kurze, knappe und positive bis begeisterte Einträge. Zum Türlersee etwa heisst es dann «Traumhaft!» oder «Wahnsinnig» oder ganz kurz und schlicht «Wow», verbunden mit einer 5-Sterne-Bewertung. X-fach ist von «schönem» oder «idyllischem» See die Rede. Viele geben nutzungsbezogene, wenn auch wenig überraschende Tipps – «für kleine Spaziergänge rundherum» oder «zum Schwimmen», «zum Baden und relaxen». Könnte ja sein, dass jemand nicht selbst auf solche Ideen kommt. Ganz selten finden sich negative Einträge. Diese fallen dann aber umso geharnischter aus. Etwa den, auch zum Türlersee: «Ist das eine Beamten Willkür? was soll das einfach alles einzäunen und verboten machen das ist die neue generation von Bervormundung. Immer mit dem Argument Naturschutz fischschutz wasserschutz. die Behörden vom Sauamt sollen doch mal zuerst nachdenken, aber das ist in der heutigen Politik nicht mehr gefragt. Dafür kriegt ihr nur 1 Stern was haben die Menschen von einem eingezäunten see wo man nix darf ausser schauen.» Ebenfalls nur 1 Stern erhält der Türlersee von einem Netznutzer, der enttäuscht notiert: «Nicht so tol, Wasser nicht so wyld».

«Strenge Kapelle»

Auch das Kloster Kappel kommt meist sehr gut weg. Die «sehr schöne, super gelegene Anlage» wird auf Trip Advisor gelobt, der «ruhige Ort der Besinnung» geschätzt. Ein Geschäftsreisender hingegen fand die Unterkunft suboptimal: «Wie man sich ein Kloster vorstellt. In jeder Hinsicht. Spartanisch. Zimmereinrichtung: Praktisch. Reduziert. Das Allernötigste.» Leicht frustriert verliess eine Besucherin das Kloster, die in diesem Sommer eine Ausstellung über Glocken besucht hatte. «Diese Ausstellung, die Kirche und der Klostergarten waren sehr interessant und wunderschön. Leider haben wir dann aber vergebens, um 15.00, auf das Läuten der Glocken gewartet. Schade.» Ein französischsprachiger Besucher vermeldet «Historiquement important, Zwingly y est resté pour de bon», was Google mit «Historisch bedeutsam blieb Zwingli für immer dort» übersetzt. Ein anderer vermeldet «Una austera capella vicino Zug», von Google als «eine strenge Kapelle bei Zug» übersetzt, was der grossen Klosteranlage weder von der Bedeutung noch von der geografischen Verortung her gerecht wird.

Ein Parkplatz zum Parkieren

Manche Rezensionen – wie die Kommentare bei Google genannt werden – bieten eher geringen Erkenntniswert. Etwa, wenn einer zum Albispass nicht mehr einfällt als: «Geteerte Strasse und Verkehrszeichen». Ein Motorfahrer, der wohl gerne flott unterwegs ist, rät dafür: «Mit dem Motorrad nicht empfehlbar. Alles voller rutschiger Teerstreifen.»

Über den Sinn von Bewertungen im Internet können in der Tat Zweifel aufkommen. Etwa, wenn man zum Parkplatz Juventus im Zentrum von Hedingen auf Google liest: «Ein Parkplatz halt, wo man, wie erstaunlich, sein Fahrzeug parkieren kann. Nähe zum Bahnhof gegeben, alles ebenerdig.» Aha. Spannend. Zum Parkplatz Kronenplatz in Affoltern kommentiert jemand: «Viel Platz».

Bewertet werden auch Bahnhöfe. Zum Bahnhof Affoltern vermerkt eine Person auf Google: «Sehr positiv ist, das der Bahnhof bedient ist. Teilweise komische Menschen auf dem Perron Gleis 1. Securitrans sollte öfters vorbei schauen». Eine andere Bewertung lautet kurz: «War super», ohne dass zu erfahren ist, was der Mann, der diese «Rezension» abgegeben hat, genau damit meint. Oder was hilft Aussenstehenden der Eintrag: «Wow ein Bahnhof»? Klar wird dafür, dass es einer Person auf dem Bahnhof Bonstetten-Wettswil gar nicht gefällt, wenn er oder sie festhält: «Was soll das? Das (ist) kein Bahnhof, sondern ein bemalter Karton! Die Frechheit der Büezer (Gölä) und Bolschewisten (Marc Sway) wieder einmal.»

«Aber es zwickt oft»

Auch profane Einkaufsläden werden kommentiert. Am Volg-Laden in Hedingen übt jemand Kritik: «Das Personal kommt nicht vom Dorf» und gibt dem Laden gerade noch 1 von 5 Sternen. 5 von 5 Sternen erhält derselbe Laden aber von einem, der festgestellt hat: «Hat die besten Knoblibrote». Mit einer Wortspielerei gibt ein Nutzer seinen Kommentar zum kürzlich eröffneten Obi-Markt in Affoltern ab: «OBI...ektiv betrachtet ein weiterer Grund, warum sich am Samstag so viele Heimwerker und Hobbybastler in Affoltern a.A. aufhalten. Interessantes, z.T. eigenständiges Warensortiment – von billig über preiswert nach überteuert, alles ist da. Nicht nur für Migros-Kinder mit Cumulus in der DNA ...»

Aber auch Sportanlagen kriegen ihre Kommentare ab. Das Jumpin in Mettmenstetten stösst fast durchwegs auf Begeisterung: «Eine von wenigen Anlagen auf der Welt. Top Adresse», heisst es da, sowie «Mega stimmung, geiles angebot». Der Sportplatz Moos in Wettswil kommt bei einer Nutzerin gut an – allerdings mit einer Einschränkung: «Sehr schöner Fussballplatz, auf dem auch viele Fussball-Camps stattfinden. Der Kunstrasenplatz ist okay, aber halt wie bei all diesen Plätzen zwickt es oft wenn man jemanden berührt.»

Und selbst Gemeindeverwaltungen werden bewertet. Für einige der Gemeinden im Bezirk Affoltern setzt es zuweilen mal Kritik ab, wegen mangelndem Service. Noch öfter aber wird gelobt. Bei der Gemeinde Stallikon tönt es schon fast begeistert: «Tolle Gemeinde, bestens organisiert, ein schöner Ort mit vielen Wanderwegen und einem gut organisiertem Entsorgungsteam. Ich hatte gestern auf dem Werkhof etwas zu entsorgen, dort wird man Fachmännisch und nett geleitet und sogar noch bei einer fälschlichen Abrechnung das Restgeld zum Auto getragen bekommt. Top Service.» Dafür gibts die Bestnote ab: 5 Sterne.

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