Mit Zigarettenasche fahrlässig eine Feuersbrunst verursacht?

Hat eine junge Frau in Affoltern wegen auf den Boden fallender Asche einer Zigarette fahrlässig eine Feuersbrunst verursacht? Die Staatsanwaltschaft fordert eine bedingte Geldstrafe, der Verteidiger einen Freispruch, weil nach seiner Ansicht die Beweise fehlen. Das Urteil des Bezirksgerichts steht noch aus.

Von Werner Schneiter

Die 26-jährige Frau italienischer Herkunft, die an diversen Orten als Raumpflegerin tätig ist und nun die Maturität für Erwachsene absolvieren will, hat im Haus ihrer Familie in Affoltern in ihrem Zimmer am Mittwoch, 19. Januar 2011, zwei bis drei Zigaretten geraucht. Laut Anklageschrift löste sich dabei ungewollt und unbemerkt glühende Asche von einer Zigarette. 20 Minuten, nachdem sie das Zimmer verlassen hatte, brach ein Brand aus, der den Raum zerstörte und in anderen Zimmern Russschäden verursachte. Auch Möbel und Kleider wurden zerstört. Die Staatsanwaltschaft beziffert die Kosten zulasten der Gebäudeversicherung und der Feuerwehr auf rund 70 000 Franken. Und sie wirft der Frau vor, mit ihrem fahrlässigen Verhalten andere Mitglieder der Familie gefährdet zu haben.


Die Zigarette im Deckel des Päcklis ausgedrückt
Die Staatsanwältin fordert eine bedingte Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu 50 Franken unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren sowie eine Busse von 400 Franken – wegen fahrlässiger Verursachung einer Feuersbrunst, wie es in der Anklage heisst.
Vor Bezirksgericht betonte die Frau, sie habe keine genauen Erinnerungen mehr an diesen Spätnachmittag, räumte aber ein, in ihrem Zimmer drei bis vier Zigaretten geraucht zu haben. Und sie hat den Zigarettenstummel jeweils im Deckel des Päcklis ausgedrückt und dieses auf dem Nachttisch deponiert. Gewöhnlich verwende sie einen Aschenbecher, habe aber diesen zum erwähnten Zeitpunkt beim Leeren in der unteren Etage liegengelassen, weil sie sich in eine Lektüre vertieft habe. «Ich habe diesen Aschenbecher einfach vergessen», sagte sie auf Nachfrage von Richter Peter Frey und tat sich schwer mit plausiblen Erklärungen. Sie sprach – für Aus-senstehende schwer verständlich – von Schulstress und Bewusstseinserweiterung. «Der Psychologe versteht, was ich meine», sagte sie. Am Anfang habe sie sich schuldig gefühlt, aber sie glaube nun fest, dass sie den Brand nicht verursacht haben könne – umso mehr, als der Brandermittler nur mit Behauptungen operiere, aber nichts beweisen könne.
Dieser kam zum Schluss, dass kein technischer Defekt vorliegt und der Brand nur durch ein Missgeschick oder durch fahrlässiges Handeln einer Person verursacht worden ist.


Verteidiger: «Es könnte auch jemand anders gewesen sein»
Der Verteidiger forderte einen Freispruch für seine Mandantin. Er bezeichnete sie zwar als potenzielle Verursacherin, aber es fehlten die Beweise. Es sei nicht klar, wer sich zuletzt in diesem Zimmer aufgehalten habe. Die Frau habe das Haus 20 Minuten vor Brandausbruch verlassen. «Es könnte auch jemand anders gewesen sein, schliesslich wohnen sechs Personen in dieser Liegenschaft, die allesamt Zugang haben zu diesem Zimmer», betonte er. Es sei ausserdem nicht nachgewiesen, dass glühende Asche im Kontext zum Brand stehe. Die Frau sei stets darauf bedacht gewesen, dass in ihrem Boden keine Asche auf den Boden falle.
Der Brandermittler, der nur einen dreiwöchigen Kurs absolviert habe, könne keinerlei Beweise liefern, sondern nur Indizien, die für eine Verurteilung nicht ausreichten. Der Verteidiger sprach von einem «Konstrukt der Staatsanwaltschaft zum groben Nachteil der nicht vorbestraften Beschuldigten». Zudem habe das Feuer die übrigen Bewohner nicht gefährdet; diese hätten die Feuerwehr umgehend alarmiert. Und er wies auch darauf hin, dass potenzielle Privatkläger (Familie) auf eine Klage verzichten.
Das Urteil wurde am Verhandlungstag nicht eröffnet; es folgt in den nächsten Tagen.

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