Nur zwei Linien decken die Kosten
Neue Zahlen zeigen den Kostendeckungsgrad des öffentlichen Verkehrs im Säuliamt
Im Jahr 2023 waren im Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) 655 Millionen Fahrgäste unterwegs. Wie der Geschäftsbericht schreibt, waren das 10,9 Prozent mehr als noch 2022. Das grösste Wachstum habe man bei den Regional- und Ortsbussen verzeichnet.
Weiter schreibt der ZVV, dass der öffentliche Verkehr im Kanton Zürich mehr kostet, als mit dem Ticketverkauf eingenommen wird. «Damit die Ticketpreise fair und bezahlbar sind, werden sie zu einem Teil durch die öffentliche Hand subventioniert», ist dort zu lesen. Damit wird auch sichergestellt, dass weniger rentable Strecken auch weiterhin vom öffentlichen Verkehr erschlossen bleiben. Die Unterdeckung betrug 383 Millionen Franken, welche vom Kanton Zürich und den Gemeinden getragen werden.
Rentable Linien im Säuliamt
Interessant ist dabei, welche Linien kostendeckend betrieben werden können und welche nicht. Vor Kurzem hat der ZVV die Kostendeckungsgrade der einzelnen Linien veröffentlicht. Auf Anfrage liegen dem «Anzeiger» nun die genauen Zahlen für den Bezirk Affoltern vor. Nur gerade zwei Linien können hier kostendeckend betrieben werden. Auf den Linien 200 und 210, von den Bahnhöfen Affoltern bzw. Bonstetten-Wettswil nach Zürich Enge muss der ZVV kein Geld drauflegen. Die 200er-Linie erzielt einen Kostendeckungsgrad von 137,6 Prozent, der 210er immerhin noch 109,9 Prozent. Alle anderen Postauto-Linien im Bezirk haben einen Deckungsgrad von weniger als 100 Prozent. Einen Wert von unter 40 Prozent erreichen die Linien 214 (Affoltern–Ottenbach), 232 (Mettmenstetten–Rifferswil) und 230 (Maschwanden–Mettmenstetten).
Bei den S-Bahn-Linien im Säuliamt wird die S5 von Zug nach Pfäffikon SZ gut zu einem Drittel kostenmässig abgedeckt. Die S14 (Affoltern–Hinwil) erreicht nur einen Kostendeckungsgrad von 38,1 Prozent.
So viel zahlen die Gemeinden
Das eingangs erwähnte Defizit von 383 Millionen wird je zur Hälfte vom Kanton und den Gemeinden getragen. Die Höhe der Beiträge richtet sich nach Umfang des ÖV-Angebotes und der finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden. Der Bezirk Affoltern bezahlte im Jahr 2023 über 3,51 Millionen Franken an die Kosten. Spitzenreiter dabei ist die Stadt Affoltern mit 673000 Franken. Wettswil und Bonstetten zahlen mit 473000 und 355000 Franken die nächsttieferen Gemeindebeiträge an den ZVV.
Rechnet man die Beiträge mit den Einwohnerzahlen von 2023 auf die einzelnen Bewohnerinnen und Bewohner um, kommt man auf andere Spitzenreiter. In Wettswil zahlten die Bürgerinnen und Bürger je 90 Franken, gefolgt von Stallikon mit 83 Franken und Aeugst mit 77 Franken. Am günstigsten, aber wohl auch mit dem schwächsten ÖV-Angebot der Region, kommen die Einwohnenden in Maschwanden davon. Sie bezahlen 29 Franken pro Jahr. Noch unter 50 Franken sind auch die Gemeinden Kappel, Hausen und Obfelden. Und auch die Stadt Affoltern erhält mit 54 Franken pro Einwohnenden ein grosses ÖV-Angebot.
Ticketpreise steigen für 2026
Wie der ZVV Anfang April bekannt gab, schlägt er eine Tariferhöhung von 2,1 Prozent vor. Die letzte Tarifanpassung im ZVV habe im Dezember 2023 stattgefunden und fiel im nationalen Vergleich mit 3,4 Prozent unterdurchschnittlich aus. Davor seien die Preise während sieben Jahren trotz Ausbau des Fahrplanangebots nicht erhöht worden. Die Gemeinden, Verkehrsunternehmen und regionale Verkehrskonferenzen können nun bis Ende Mai dazu Stellung nehmen.
Neben der Preiserhöhung will der ZVV auch die Rabatte auf Multikarten senken. Auf nationaler Ebene gäbe es diese schon seit Jahren nicht mehr. Per 14. Dezember 2025 soll auch das Albis-24h-Ticket abgeschafft werden. Dieses sei vor 35 Jahren als Ablösung eines damals bestehenden Rundfahrtbilletts eingeführt worden und vergünstigte Fahrten rund um den Albis. «Dank dieser beiden gezielten Massnahmen müssen die übrigen Preise im Durchschnitt lediglich um 1,6 Prozent angehoben werden», schreibt der Verkehrsverbund.
Finanzielle Steuerung durch Kanton
Der ZVV werde politisch durch die vom Kantonsparlament verabschiedete ZVV-Strategie gelenkt. In der aktuellen Ausgabe für die Jahre 2025–2029 legte der Kantonsrat als Finanzierungsziel fest, dass der Kostendeckungsgrad über 60 Prozent gehalten werden soll.