Sechs Jahre wusste sie gar nichts von ihrem Kater

Was Heidi Fitzner vor wenigen Monaten am Telefon erfuhr, kann sie selbst kaum glauben

Heidi Fitzner und ihr Mogli wieder vereint in ihrem neuen Zuhause. (Bild zvg)

Mit diesem Anruf hätte Heidi Fitzner nie gerechnet. Sechs Jahre nach dem Verschwinden ihres Katers Mogli klingelt das Telefon. Es ist das Tierspital Zürich. Die Stimme am Hörer sagt, dass Mogli auf der Intensivstation liegt. Damals, 2018, zwei Wochen vor ihrem Umzug weg von Islisberg, war der Kater von Heidi Fitzner spurlos verschwunden. Schnell meldete sie das gechippte Tier bei der Schweizerischen Tiermeldezentrale als vermisst. Sechs Jahre lang hat sie nichts gehört. Heute wohnt der elfjährige Kater wieder bei ihr.

Aus einem Swimmingpool gefischt

«Es ist einfach unglaublich, noch ein halbes Jahr vor diesem Anruf dachte ich an ihn», sagt Heidi Fitzner, die unterdessen bei Sempach im Kanton Luzern wohnt. Bei ihr war der Versuch, das Tier über die Tiermeldezentrale zu finden, erfolglos. Nun aber, sechs Jahre nach dem Vorfall, erhielt die Katzenbesitzerin diesen unerwarteten Anruf vom Tierspital, die ihren Kater aufgrund des Chips identifizieren konnte. «Zuerst dachte ich, dass die sich verwählt hätten», sagt Heidi Fitzner. Um aber sicherzugehen, ging sie trotzdem ins Tierspital und fand dort ihren jahrelang verschollenen Mogli. Der Kater war in Bonstetten, drei Kilometer entfernt von seinem alten Zuhause in Islisberg, in einem Schwimmbad einer Familie gefunden und in medizinische Behandlung gebracht worden. Das Spital diagnostizierte beim Tier Lungenprobleme, Asthma, Würmer und eine Arthrose in den Hinterbeinen. Am Essen muss es dem Kater aber nicht gefehlt haben. Heidi Fitzner erzählt dazu: «Ich vermute, dass er die ganze Zeit von einer fremden Familie gefüttert wurde. Als er zurück nach Hause wollte, musste er feststellen, dass das Haus, in dem wir wohnten, unterdessen abgerissen worden war.»

Für die Besitzerin bleibt das Verhalten dieser Familie, die ihn gefüttert haben muss, unverständlich. «Wenn einem eine Katze zuläuft, sollte man sie nicht füttern. Fast jede Katze hat ein Zuhause und eine Familie, die sie vermisst», meint Heidi Fitzner. Als Mogli zurück bei Heidi Fitzner war, bemerkte sie rasch, dass der Kater nicht frass, was sie ihm fütterte. Ein paar Telefonate in der Umgebung, in der das Tier gefunden wurde, führte Heidi Fitzner zu den Leuten, die Mogli all die Jahre gefüttert hatten. Zwischenzeitlich kam die Frage auf, ob das Tier wieder zurück nach Bonstetten gehen würde. «Da der Kater sechs Jahre bei ihnen lebte, war dies für mich zuerst eine Option.» Da aber die ganzen Jahre nie die gesamte Verantwortung übernommen wurde und Mogli wieder schnell ein Teil der alten Familie wurde, war diese Option schnell gestrichen.

Damit war der Fall für die Besitzerin klar: «Der Kater bleibt bei mir!» Die Kosten im mittleren vierstelligen Bereich der Behandlung wie auch des Notfalls bleiben auf der rechtmässigen Besitzerin des Tieres sitzen. Jahrelang hatte Mogli keinen Tierarzt gesehen.

Der Chip ist ein deutlicher Vorteil

Das Verschwinden einer Katze wie Mogli scheint kein Einzelfall zu sein. Die Schweizerische Tiermeldezentrale weist jährlich rund 30000 Meldungen (nicht nur Katzen) auf. Bereits im März dieses Jahres waren es 5000 vermisste Katzen. Auch Myriam Wiederkehr, Tierärztin im Säuliamt, sagt, dass Katzen nicht selten verschwinden. «Wir kriegen immer wieder Mails von Personen, die ihre Katzen vermissen und ein Flugblatt in unserer Praxis aufhängen wollen», meint sie. Die junge Tierärztin bestätigt ausserdem, dass die Schweizerische Tiermeldezen­trale die richtige Anlaufstelle sei, wenn man seine Katze suche. Nicht nur für Suchende ist es eine sinnvolle Lösung, sich dort zu erkundigen, denn auch Fundmeldungen können auf der Datenbank aufgenommen werden. «Man kann, wenn eine Katze auffällig oft nach Essen bettelt oder verwahrlost aussieht, auch zuerst mal Fundflyer in der Nachbarschaft aufhängen. Familien, die ihr Haustier suchen, achten gerne auf solche Hilfen», gibt die Tierärztin noch als Tipp mit.

Für sie ist zudem klar, dass das Chippen einer Katze nur Vorteile hat. Myriam Wiederkehr erzählt: «Selbst eine Hauskatze kann mal ausbüxen und vermisst werden, diese findet in der Regel weniger schnell nach Hause.» Öfter als dass die Katze von selbst verschwindet, kommt es jedoch vor, dass man eine Katze nach einem Unfall vermisst. Erst durch den Chip im Körper des Tieres können Tierärztinnen und Tierärzte die Katze identifizieren, die Betroffenen ausfindig machen und über das Schicksal der Katze aufklären. Heutzutage kann man im Eigenheim zudem Katzentürchen einbauen, die mithilfe des Chips nur für das eigene Haustier funktionieren.

Für Mogli und Heidi Fitzner hat sich der Alltag zusammen unterdessen eingependelt. Der Kater sei noch genau der gleiche wie vor sechs Jahren. «Er war schon immer mein Lieblingskater», schwärmt die Besitzerin. Sechs Jahre frei zu leben, ging trotzdem nicht spurlos an Mogli vorbei. Er ist sehr ängstlich und leidet an einem Trauma. «An viele Geräusche in der Wohnung muss er sich noch gewöhnen. Wahrscheinlich hat er sich lange in einer ruhigeren Gegend aufgehalten», vermutet Heidi Fitzner. Raus will er im Moment ebenfalls noch nicht. Ob er zukünftig wieder Freigänger wird, ist aufgrund seiner Geschichte und seines gesundheitlichen Zustands noch offen.

Der juristische Aspekt

Laut der Website www.tierimrecht.org der Stiftung «Für das Tier im Recht» mit Sitz in Zürich ist das Füttern fremder Tiere weder durch das Tierschutzrecht noch durch das Strafgesetzbuch generell verboten. Solange Nachbars­katzen nur gelegentlich und selbstverständlich nur mit unschädlichem Futter gefüttert werden, hat der «Täter» keine gesetzlichen Konsequenzen zu befürchten. Füttert er fremde Heimtiere aber regelmässig oder gar systematisch, kann dies durchaus rechtliche Folgen haben. Wenn die eigene Katze nur noch sporadisch oder ­während längerer Zeit überhaupt nicht mehr nach Hause kommt, bedeutet das nicht nur einen wesentlichen ­Eingriff in die Gefühlswelt und Privatsphäre des Katzenhalters, sondern auch in seine Stellung alsEigentümer, wozu das Recht gehört, möglichst viel Zeit mit dem Tier zu verbringen. Durch das Weglocken ­einer Katze wird der Eigentümer daher geschädigt. Falls ein klärendes Gespräch mit dem Nachbarn zu keinem Ergebnis führt, kann der Rechtsweg beschritten und die Fremdfütterung verboten werden. Weil eine Katze zum Eigentum des Tierhalters gehört, kann sie zudem vom Nachbarn herausverlangt werden. In gravierenden Fällen können ausserdem die Straftatbestände der sogenannten Sachentziehung und der unrechtmässigen Aneignung zur Anwendung gelangen, für die ein Nachbar zumindest theoretisch sogar zu einer Freiheits- oder Geldstrafe verurteilt werden kann.

Quelle: www.tierimrecht.org

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