Söldner und Militärorganisation
Das Knonauer Amt zur Zeit der Hellebarden (2/3)

Über die Militärorganisation im Gebiet des heutigen Knonauer Amts ist vor der Übernahme der wesentlichen Herrschaftsrechte durch die Stadt Zürich zu Beginn des 15. Jahrhunderts wenig bekannt. Als Hörige konnten die Männer von ihren Grundherren, meist Klöstern oder von den Inhabern der Vogteirechte für den Militärdienst aufgeboten werden, doch davon ist nichts schriftlich bezeugt.
Flucht vor feudalen Zwängen
Der Solddienst bot ab dem 13. Jahrhundert eine Möglichkeit, den feudalen Zwängen zu entfliehen. Der Traum war wohl meist, als freier, reicher Mann zurückzukehren. In der Realität blieben die Söldner eher tot oder verwundet auf dem Schlachtfeld liegen, kehrten allenfalls arm und versehrt nach Hause zurück, meist wohl unwillkommen, da ihre Arbeitskraft nicht mehr für ihren Lebensunterhalt ausreichte. Es lag dann an ihren Angehörigen, sie bis zu ihrem Tod auszuhalten.
Kommunale Militärorganisation
Die Militärorganisation der Stadt Zürich baute in der Stadt auf den Handwerkerzünften auf, in der Landschaft auf den örtlichen Militärorganisationen. So autoritär auch die Herrschaft der Stadt über die Landschaft bis zur liberalen Umwälzung 1830 war, die Gefolgschaft der Gemeinden bei militärischen Auseinandersetzungen war von erheblicher Bedeutung für die Herren aus Zürich. Dass sie nicht selbstverständlich war, zeigte sich beispielsweise, als sich die Gemeinden der Landvogtei Knonau 1798 weigerten, Truppen zur Unterstützung der Stadt Bern gegen die aufständischen Waadtländer Untertanen zu entsenden.
Heikel war auch der Einsatz von Truppen innerhalb der Zürcher Herrschaft, etwa gegen die Steuerrevolte der Herrschaften Knonau und Wädenswil 1646, bei der Besetzung der Gemeinde Stäfa 1795 oder im Bockenkrieg 1804. Hier setzte die Stadt vorzugsweise loyale Truppen aus dem Zürcher Oberland oder dem Weinland ein, denn die Kontakte der Regionen von der Reuss bis zum Pfannenstiel waren so eng, dass die Stadt eine Verbrüderung der Truppen riskiert hätte, hätte sie Soldaten aus einer dieser Vogteien in einer anderen eingesetzt.
Kriege zwischen Zürich und Schwyz
Anders sah es aus bei den häufigen Kriegen zwischen Zürich und Schwyz. Die Bevölkerung wusste seit dem Alten Zürichkrieg (1439–1450), dass im Fall einer Niederlage Plünderungen, Vergewaltigungen und Brandschatzungen drohten. Besiegte man hingegen die Innerschweizer Truppen, konnte dies lukrativ sein, denn Söldner waren es gewohnt, Geld und Wertgegenstände auf sich zu tragen, damit sie nicht in ihrer Abwesenheit aus dem Lager entwendet wurden. Am Ende von Schlachten wurden daher zuerst die toten Krieger geplündert, bevor sich die Überlebenden auf Raubzüge in der Umgebung machten. Gerade Einheiten aus der näheren Umgebung einer Schlacht dürften entsprechend motiviert gewesen sein, ihre Angehörigen und Güter so gut als möglich zu verteidigen.
Die Wettswiler Schützen
Die kommunalen Militärorganisationen werden oft erst im 19. Jahrhundert dokumentiert. Eine Ausnahme ist Wettswil. Erstmals ist das Schützenhaus 1541 dokumentiert. Eine wichtige Einnahmequelle für die Schützen war die Schützenstube, die ihnen erlaubte, ein Schützengut zu äufnen, das erstmals 1558 erwähnt wurde und dem Unterhalt des Schützenhauses diente. 1675 fand ein überregionales Schützenfest in Wettswil statt. Das Schützengut war so gut dotiert, dass es 1782 den Bau des ersten Wettswiler Schulhauses erlaubte, des Türmlihauses, das noch heute ein Wahrzeichen der Gemeinde darstellt. Anschliessend sind bis zur Bildung des Bundesstaates Schweiz 1848 keine Schiessanlässe dokumentiert. Im Rahmen der Gründung der Schweizer Armee wurden ab 1850 obligatorisch in jeder Gemeinde jährliche Schiessen durchgeführt.
Die Uerzliker Feldschützen
Einen interessanten Einblick in die frühneuzeitliche Militärorganisation gibt der Feldschützenverein Uerzlikon-Hauptikon, der erst seit 1931 Feldschützenverein Kappel heisst. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die kommunale Militärorganisation offensichtlich innerhalb der dörflichen Organisation erfolgte, die in erster Linie der Regelung des gemeinsamen Ackerbaus diente und später Zivilgemeinde genannt wurde, nicht innerhalb der Kirchgemeinde, auf deren Grundlage 1798 die politischen Gemeinden geschaffen wurden. Da Hauptikon zu klein war für eine eigene Militärorganisation, wurde der Weiler organisatorisch zum Dorf Uerzlikon geschlagen. Schriftlich dokumentiert ist der Feldschützenverein Uerzlikon-Hauptikon erst seit 1886, doch besteht kein Zweifel, dass dessen Ursprünge weit in die Frühe Neuzeit zurückreichen.
Die kommunalen Militärorganisationen und, mit ihnen zusammenhängend, die Schützenvereine stellten einen wichtigen Teil der kommunalen Organisation dar. Obwohl die Stadt Zürich ihren Untertanengebieten an sich keine politischen Rechte gewährte, war sie doch von diesen abhängig, um ihre Wehrhaftigkeit zu erhalten. Das Anheuern von Innerschweizer Söldnern wäre nur schon deshalb undenkbar gewesen für die Zwinglistadt, weil Schwyz vom 14. Jahrhundert bis zum Sonderbundskrieg 1847 der häufigste Feind der Stadt Zürich war.